Die schändlichen Beneš-Dekrete
Englischer Originaltext, ohne Kommentierung und Querverweise

Von Dr. Charles Wojatsek
2004

Vorwort
Dr. Charles Wojatsek ist Gründungsmitglied der in Vancouver ansässigen NGO Menschenrechte für Minoritäten in Zentraleuropa, die im Jahre 2002 eine Studie über die Beneš-Dekrete herausgegeben hat. Jener Aufsatz
Untersuchung der slowakischen und tschechischen Diskriminierungsdekrete, Gesetze, Gerichtsentscheidungen und Protokolle der Nachkriegszeit 1945-2002
erwies sich als die beste Synthese, die sich besonders auf die Slowakei bezieht.

Dr. Charles Wojatsek erhielt 2004 die höchste Auszeichnung des Weltbundes der Ungarn, die silberne Medaille „Unterstützung der Ungarischen Nation“.

Dieser Aufsatz Die schändlichen Beneš-Dekrete wurde vom Weltbund der Ungarn als offizielles Dokument anerkannt. Deshalb empfehle ich ihn den Lesern als eins unserer eigenen Dokumente.

Miklós Patrubány
Präsident
Weltbund der Ungarn

Die schändlichen Beneš-Dekrete

Der Ausdruck „Beneš-Dekrete“ ist eine Sammelbezeichnung für 143 Dekrete, die Edward Beneš ab 1940 in seinem politischen Exil in London während des Zweiten Weltkrieges unterzeichnete, und beinhaltet auch, nachdem er im April 1945 nach Prag zurückgekehrt war, Gesetze, die seit 1945 durch das tschechoslowakische Parlament in Prag und den slowakischen Nationalrat (Provinzial-Gesetzgebung) in Preßburg verabschiedet wurden, die Dekrete der tschechoslowakischen Regierung und verschiedener Ministerien in Prag, die Dekrete des Gremiums slowakischer Bevollmächtigter. Hunderte von Seiten von Ausführungsverordnungen wurden ebenfalls bekanntgemacht. Das allumfassende Ziel war die Zerstörung der ungarischen und deutschen Minderheiten in der wiederhergestellten tschechoslowakischen Republik nach dem Zweiten Weltkrieg.

Das Ziel der Regierung war es, die Bürger ungarischer und deutscher Abstammung ihrer tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft zu berauben, sie aus dem politischen Leben und der öffentlichen Verwaltung auszuschließen, ihre Vereinigungen, Schulen, unabhängigen kirchlichen Organisationen abzuschaffen, ihre persönliche Freiheit einzuschränken, sie von öffentlicher und privater Beschäftigung auszuschließen, ihr bewegliches und unbewegliches Eigentum zu konfiszieren einschließlich Aktien und Bankeinlagen. Die slowakische Pronvinzialgesetzgebung in Preßburg duplizierte die antiungarischen und antideutschen Dekrete und Gesetze, die in Prag erlassen wurden.

Im Jahre 1918 war die neu gegründete Tschechoslowakische Republik, ein Vielvölkerstaat mit 43 % Tschechen, vollkommen aus der österreich-ungarischen Doppelmonarchie herausgelöst worden durch eine unilaterale Entscheidung der siegreichen Entente-Kräfte – ohne die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung. Die Regierung der neu gegründeten Tschechoslowakischen Republik sagte zu, die Rechte der nationalen Minderheiten unter dem Schutz und der Überwachung des Völkerbundes in Genf zu garantieren. Diese Verpflichtung wurde jedoch während des zwanzigjährigen Bestehens der ersten Tschechoslowakischen Republik niemals erfüllt. Die Prager Regierung widerrief die erworbenen Rechte auf Heimat und behandelte Millionen von Menschen deutscher und ungarischer Abstammung als Fremde im Land ihrer Vorfahren, enteignete entschädigungslos Land deutscher und ungarischer Eigentümer, um es unter tschechische und slowakische Siedler zu verteilen.

Selbst die regierenden slowakischen Partner der neuen Republik waren unzufrieden mit der tschechischen Dominanz der Partnerschaft und stellten 1938 Kontakte her zu den 3,5 Millionen starken Sudetendeutschen, den Ungarn, den Minderheiten der Polen und Ruthenen zur Formierung eines autonomen Blocks gegen die Tschechen. Die Radikalisierung der innenpolitischen Situation in der Tschechoslowakei beunruhigte die britische und die französische Regierung – „Gründerväter“ des Staates – und führte zu der Empfehlung, einen britischen Vermittler zu ernennen, um auf dem Verhandlungswege das Minderheitenproblem zu lösen. Dies führte, auf Ersuchen der Tschechoslowakischen Regierung, zur Einberufung der Münchner-Viermächte-Konferenz unter Teilnahme Großbritanniens, Frankreichs, Italien und Deutschlands am 29. September 1938, die eine neue Grenze zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei zog, indem sie die sudetendeutschen Gebiete Deutschland zusprach. Diese Ereignisse zwangen Präsident Edward Beneš (1935-1938) dazu, am 5. Oktober 1938 von seinem Amt zurückzutreten.

Die Staatsoberhäupter der in München anwesenden Regierungen erklärten, daß sie sich wiederum träfen, sollten die Probleme der ungarischen und der polnischen Minderheit in der Tschechoslowakei nicht innerhalb von drei Monaten geregelt sein.

Auf Ersuchen der vier Mächte begann die ungarische Regierung Verhandlungen mit der Prager Regierung über das Schicksal der ungarischen Minderheit in der Tschechoslowakei. Nach der bilateralen Verhandlungssackgasse in der Stadt Komorn bat die Prager Regierung um einen internationalen Schiedsspruch Deutschlands und Italiens. Der Schiedsspruch der zwei Mächte am 2. November 1938 in Wien führte dazu, daß ein Gebietsstreifen entlang der tschechoslowakisch-ungarischen Grenze in der südlichen Slowakei von der Rest-Tschechoslowakei nach Ungarn zurückkehrte.

Am 15. März 1939 ereigneten sich weitere Folgen von München, als Hitler die deutsche Besetzung zweier Provinzen der Rest-Tschechoslowakei, Böhmen und Mähren, befahl, welche bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges als „deutsches Protektorat“ unter deutscher Herrschaft blieben. Mit der Unterstützung Hitlers erklärte die Provinz Slowakei am 14. März 1939 ihre Unabhängigkeit als souveräner Staat. Die erste Slowakische Republik (1939-1945) wurde dann ein treuer Satelitenstaat des Deutschen Reiches. Die kaum sechs Monate alte erste Slowakei schloß sich drei Tage nach Beginn des deutschen Angriffs auf Polen der deutschen Armee an und blieb bis Ende des Krieges ein Alliierter Deutschlands.

Bezüglich des schnellen Bündnisses mit Deutschland muß aus Gründen der Objektivität bemerkt werden, daß das entfernt liegende Bulgarien am 1. März 1941 die deutschen Kriegsbemühungen unterstütze; Rumänien tat am 21. Juni 1941, am Abend des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion, dasselbe. Andererseits wurde Ungarn, ein unmittelbarer Nachbar des Großdeutschen Reiches, nur widerwillig am 27. Juni 1941 ein Alliierter Deutschlands, vier Tage nach der angeblichen Bombardierung der nordungarischen Stadt Kaschau. Aufgrund seiner geographischen Nähe zu Deutschland war Ungarn das letzte Land, das von den sich zurückziehenden deutschen Besatzungskräften geräumt wurde, was dazu führte, daß seine Feinde Ungarn irrtümlicherweise anklagten, der letzte Kriegsalliierte Deutschlands zu sein. Als Konsequenz hieraus wurde die ungarische Nation 1947 durch die Pariser Friedenskonferenz schwer bestraft, während die erste Slowakische Republik, ein Marionettenstaat der Nazis und der erste Alliierte Deutschlands während des Krieges, ungestraft als Provinz der wiederhergestellten zweiten Tschechoslowakischen Republik (1945-1992) weiterlebte.

In seinem selbst gewählten Exil in Großbritannien errichtete Ex-Präsident Edward Beneš sofort nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 ein tschechoslowakisches Nationalkomitee, das von der britischen und der französischen Regierung anerkannt wurde. Als Frankreich 1940 unter deutsche Besatzung fiel, erkannten die Briten die Gruppe von Beneš als provisorische tschechoslowakische Exilregierung an – mit Beneš als Präsidenten. Diese Exilregierung stand auf den Gehaltslisten der britischen Regierung für den Rest der Kriegsjahre.

Der teuflische Beneš-Plan der Vertreibung der deutschen und ungarischen Bevölkerung aus ihrer Heimat auf früherem tschechoslowakischen Staatsgebiet wurde mit dem russischen Vordringen nach Zentraleuropa an der Ostfront langsam Wirklichkeit. In einem schriftlichen Übereinkommen versicherte Stalin Beneš am 8. Mai 1944, daß eine Zivilverwaltung in den durch sowjetische Truppen besetzten Gebieten auf eine tschechoslowakische Regierung übertragen werden würde.

Als die Rote Armee sich den Grenzen der ehemaligen Tschechoslowakei näherte, entschieden die tschechischen und slowakischen Exilpolitiker in London gemeinsam mit Beneš, gegen den Rat der britischen Regierung nach Moskau zu reisen. Zu seiner großen Überraschung mußte Beneš erfahren, daß die Moskauer tschechischen und slowakischen Kommunisten als Schlüsselmitglieder und Geschäftsträger in der neuerrichteten tschechoslowakischen Regierung akzeptiert werden sollten.

Von Moskau aus folgten die tschechischen und slowakischen Exil-Politiker der vorrückenden, deutschen Verände nach Westen verfolgenden Sowjetarmee und erreichten das Gebiet der ehemaligen ersten Tschechoslowakischen Republik. Am 5. April 1945 verkündete Beneš in der nordöstlich liegenden Stadt Kaschau das Programm der ernannten tschechoslowakischen Regierung, welches Teile barbarischer Unterdrückung und unmenschlicher Verfolgung von Nicht-Tschechen, Nicht-Slowaken und nicht-verbündeter Bevölkerung der wiedererrichteten tschechoslowakischen Republik enthielt. Während seines Londoner Exils gab sich Edvard Beneš vorübergehende Vollmacht, um gesetzgebende Gewalt bereits im Februar 1945 auszuüben, vor seinem Erscheinen auf tschechoslowakischem Gebiet.

Nach der Verkündung des Kaschauer Programms wurde die ungarische und deutsche Bevölkerung Dekreten zahlreicher Formen der Verfolgung unterworfen einschließlich: Vertreibungen, Deportationen, Internierungen, Volksgerichtsverfahren, Aberkennung der Staatsbürgerschaft, Eigentumsentzug, Verurteilung zu Arbeitslager, unfreiwillige Änderungen der Nationalität (sogenannte Re-Slowakisierung) und Ernennung von Verwaltungsdirektoren für in deutschem oder ungarischem Besitz befindliche Geschäfte und Gehöfte. Durch die Dekrete wurden die ca. 3,5 Millionen Sudetendeutschen brutal aus ihren Wohnungen vertrieben. Beneš sah das gleiche Schicksal auch für die Ungarn vor. Jedoch wies die Potsdamer Konferenz zu Ende des Zweiten Weltkrieges den Beneš-Plan zur Vertreibung der ungarischen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei zurück.

Ende des Krieges flüchtete der faschistische Präsident, Jozef Tiso, und einige Mitglieder der slowakischen Regierung nach Österreich, wo einige von ihnen durch die vorrückende amerikanische Armee gefangen genommen wurden. Präsident Tiso und die gefangenen Minister wurden als Gefangene nach Preßburg zurückgebracht und in der neuen Tschechoslowakei vor Gericht gestellt. Das Volksgericht führte die Prozesse, und Jozef Tiso wurde als Kriegsverbrecher zum Tode durch den Strang verurteilt. Mit Hilfe Moskaus entgingen die Slowaken zu einem gewissen Grade dem Zorn von Beneš. Trotz der Proteste von Beneš erhielt die Slowakei eine Provinzregierung neben der Zentralregierung in Prag. Sie bestand bis zur Teilung der Republik am 1. Januar 1993.

Unter der Maske legaler Rechtmäßigkeit führten nichtgewählte und selbsternannte Regierungsamtsinhaber Willkürmaßnahmen und Verhaftungsaktionen durch, was zur gnadenlosen Verfolgung unschuldiger Menschen führte. Zwischen 1945 und 1948 wurde eine endlose Liste diskriminierender anti-ungarischer und anti-deutscher Präsidialdekrete, Gesetzesverordnungen und Satzungen erlassen durch den Präsidenten der Republik; das in Prag ansässige tschechoslowakische Parlament, die tschechoslowakische Regierung, der slowakische Nationalrat (Provinzial-Gesetzgebung) in Preßburg und durch das Gremium slowakischer Bevollmächtigter (Provinzial-Regierung). Eine Liste 89 anti-deutscher und anti-ungarischer Dekrete, Gesetze, Protokolle und Gerichtsentscheidungen in englischer Übersetzung ist auf dieser Webseite zu finden:
http://www.hungary.com/corvinus
(Section: History, Czecho/Slovak-Hungarian Affairs, or
http://modena.intergate.ca/personal/huffist
(Section: Hirek, Kozlemenyek)

Die Gültigkeit jener Dekrete, Gesetze und Protokolle wurde erneuert und verlängert durch die Gesetze Nr. 229/1991 und Nr. 330/1991, um Ungarn in der Slowakei auszuschließen von der Rückgabe von Landbesitz an die ehemaligen Eigentümer und ihre rechtlichen Erben. Diese Bestimmungen erneuern die rechtliche Kontinuität der Beneš-Dekrete und bestätigen die Einziehung ungarischen [Privat-]Eigentums zugunsten des [tschechoslowakischen] Staates.

Die Slowaken, 1938 willige Partner des Zusammenbruchs der Tschechoslowakischen Republik und alleine verantwortlich für das Verschwinden der zweiten Tschechoslowakei Ende 1992, schlossen sich den Tschechen in der Verfolgung der ungarischen Minderheit 1945 an. Armee-Einheiten der ersten Slowakischen Republik (1939-1945), die als Bündnispartner Deutschlands die Sowjetunion bekämpften, wurden plötzlich zu Ende des Zweiten Weltkrieges Soldaten der neuen tschechoslowakischen Armee und trugen die tschechoslowakische Trikolore an ihren slowakischen Uniformen. Das Ministerium zur Nationalen Verteidigung der ersten Slowakischen Republik veröffentlichte 1942 ein Buch: „Od Tatier po Kavkaz“ (Von der Tatra zum Kaukasus), einen illustrierten Abriß slowakischer Armeegefechte gegen die Sowjetunion. Im Mai 1945 wurden dieselben slowakischen Armee-Einheiten tschechoslowakische Soldaten und wurden zur Einquartierung in ungarische Gemeinden verwendet und auch zur Vertreibung der schutzlosen Bevölkerung nach Ungarn hinein. Schätzungsweise 10.000 Ungarn flüchteten nach Ungarn, um der tschechischen und slowakischen Verfolgung zu entkommen. Weiteren 39.000 wurde befohlen, die Tschechoslowakei zu verlassen. Das Präsidial-Dekret Nr. 33/1945 vom 2. August 1945 erklärte unter dem Konzept der „Kollektivschuld“, daß alle tschechoslowakischen Bürger deutscher und ungarischer Abstammung ihre tschechoslowakische Staatsbürgerschaft am Tag seiner Rechtswirksamkeit verlieren. Das Präsidial-Dekret Nr. 88/1945 vom 17. Oktober 1945 bestimmte ungarische Männer zwischen 16 und 55 Jahren und Frauen zwischen 18 und 55 Jahren zur Sklavenarbeit auf den verlassenen Lände-reien der aus Böhmen und Mähren vertriebenen deutschen Bevölkerung, und ihr Eigentum wurde zugunsten des Staates enteignet. Dekret 104/1945 des Slowakischen Nationalrates befaßte sich ebenfalls mit dem enteigneten ungarischen Eigentum und dessen beschleunigter, entschädigungsloser Verteilung an Slowaken. Ziel war es sicherzustellen, daß das enteignete Eigentum einschließlich des bewirtschafteten Landes, der Wälder, des Viehbestands, der landwirtschaftlichen Betriebe und der landwirtschaftlichen Gerätschaften auf jene übertragen würde, die als politisch vertrauenswürdig angesehen wurden. Enteignungskommissionen waren in 4.538 solcher Fälle zwischen 1945 und 1948 verwickelt.

Unter Überwachung von Armeekräften und Polizei wurden ganze Familien deportiert einschließlich Frauen, Kindern, Kranken und Alten. Laut einer slowakischen Quelle wurden 73.000 Ungarn in Zwangsarbeitslager in die tschechischen Provinzen verbracht. 2004 leben mehr als 19.000 von ihnen in der Tschechischen Republik. Mehr als 545.000 Hektar Land wurde während dieser Säuberungswelle enteignet. 1945-1948 sind die Verluste der Ungarn auf 102 Milliarden US$ geschätzt worden.

Des weiteren initiierte die Prager Regierung mit Sowjetischer Unterstützung Verhandlungen mit dem sowjetisch besetzen Ungarn bezüglich eines Bevölkerungsaustausches. Während 1947 und 1948 wurden, gemäß amtlichen Listen, 76.616 wohlhabende ungarische Bauern, Händler und Geschäftsleute zwangszweise in geschlossenen Güterwagen nach Ungarn verbracht. Zur selben Zeit zogen 60.257 hauptsächlich von Armut betroffene Slowaken freiwillig von Ungarn in die Tschechoslowakei.

Beneš lieferte den Todesstoß zur vollkommenen Zerstörung der ungarischen Minderheit durch sein Erlassen der Dekrete. Am 7. Juni 1946 erließ der slowakische Kommissar des Inneren unter dem Namen der Re-Slowakisierung Dekret Nr. 20.000/1946. Sogenannte Re-Slowakisierungs-Kommissionen wurden überall in der von Ungarn bevölkerten südlichen Slowakei eingerichtet mit dem Zweck, eine erzwungene Akzeptanz der slowakischen Nationalität zu bewerkstelligen. Bis Dezember 1947 wurden 326.679 Ungarn erfaßt und vom Zentralkomitee für Re-Slowakisierung als Slowaken anerkannt. Bedroht und verängstigt legten jene Ungarn ihre Bewerbungen dem Komitee unter Zwang vor in der Hoffnung, ihr Eigentum und/oder Beschäftigung wieder zu erhalten. Das Ergebnis dieser ethnischen Säuberung verursachte den Rückgang der Ungarn in der Slowakei von 1.070.614 im Jahre 1918 auf 520.528 im Jahre 2001 und das sehr schnelle Anwachsen der slowakischen Bevölkerung von 1.700.000 auf 4.430.900 während des gleichen Zeitraums.

Benešs krankhafter Haß und die rücksichtlose Verfolgung seiner politischen Gegner wurde durch einen Staatsstreich der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei am 25. Februar 1948 beendet. Beneš starb vier Monate später unter Hausarrest auf seinem Landsitz in Böhmen. Er hatte die Franzosen zwischen 1918 und 1938 irregeführt, indem er die Verpflichtungen nicht einhielt, die die erste Tschechoslowakische Republik in den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg angenommen hatte. Da er die Russen nicht mehr länger zu täuschen vermochte, hatten diese Beneš [1948] gnadenlos aus seinem Amt entfernt.

Als die Kommunistische Partei im sowjetisch besetzten Ungarn die Regierung übernahm, wurde der tschechisch-slowakisch-ungarische Antagonismus in den „Volksdemokratien“ Moskau peinlich. Mit dem Verschwinden von Beneš von der politischen Bühne erließ die Tschechoslowakische Regierung am 13. April 1948 Dekret Nr. 76/1948 und der Kommissar des Inneren der Slowakei Dekret Nr. 287/1948, die es jenen Deutschen und Ungarn, die noch in der Tschechoslowakei lebten, erlaubte, die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen, die durch Dekret 33/1945 widerrufen worden war. Ein Jahr später konnten Ungarn ihre Kinder wieder auf ungarische Schulen, wie 1945, schicken. Die Provisorische Nationalversammlung der Tschechoslowakischen Republik erklärte am 28. März 1946 per Gesetz Nr. 57/1946, daß alle Präsidial-Dekrete von Beginn an bindende Gesetzeskraft haben.

Die Provisorische Nationalversammlung nahm das Anmestiegesetz Nr. 115/1946 vom 8. Mai 1946 an. Dieses Gesetz gewährt Mördern und Kriminellen Amnestie für Verbrechen, die zwischen 30. September 1938 und 28. Oktober 1945 begangen wurden und deren Ziel es war, den Kampf um Wiedergewinnung der Freiheit für Tschechen und Slowaken zu unterstützen. Dieses Gesetz ist in den Nachfolgestaaten in der Europäischen Union immer noch gültig.

Die Slowakei ging als ein zufällig Begünstigter aus dem Zweiten Weltkrieg hervor. Die Rolle der Slowakei während des Zweiten Weltkrieges sollte Gegenstand einer internationalen Untersuchung sein. Das Kriegsbündnis der ersten Slowakischen Republik mit Deutschland wurde von den Friedensmachern mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges vergeben, wie es die Fiktion einer Tschechoslowakischen Republik verlangte. Die Slowaken versteckten sich hinter dem politischen Deckmantel des Tschechoslowakismus.

Das Parlament der Europäischen Union forderte die tschechische Regierung im April 1999 auf, die Beneš-Dekrete abzuschaffen. Die tschechische Regierung hat ihren Unwillen zur Aufhebung der Dekrete und Gesetze erklärt, obwohl es bekannt ist, daß sie niemals mit den Gesetzen der Europäischen Union in Einklang zu bringen sind. Im selben Monat erklärte der slowakische Außenminister, Eduard Kukan, daß die slowakische Regierung es nicht wünscht, die diskriminierenden Verordnungen nach dem Zweiten Weltkrieg zu behandeln. Sie werden als äußerst sensible Streitfrage angesehen, die nur auf Ersuchen der Europäischen Union diskutiert werde. Die Wiederherstellung der Tschechoslowakei im Jahre 1945 war ein politischer Fehler kolossalen Ausmaßes.

Am 1. Mai 2004 wurden die Tschechische Republik und die Slowakische Republik Mitglieder der EU, und nach den Wahlen des Europäischen Parlaments im Juni 2004 und der Ernennung einer neuen Europäischen Kommission wird es vielleicht den nötigen politischen Willen geben, die Beneš-Dekrete zu behandeln. Die Beneš-Dekrete wurden zum europäischen Problem wie Dekret Nr. 33/1945 in den Volksrepubliken [im Jahre] 1948 ein Problem für Moskau war.

Eine wünschenswerte Lösung kommt vielleicht vom Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Es gibt einen Präzedenzfall auf Entschädigung für enteignetes Eigentum (Zypern gegen die Türkei).
Am 26. Mai 2004 reichten 78 ehemalige Sudetendeutsche, die in Deutschland, Österreich und den USA leben, Klage beim Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ein und fordern Rückerstattung ihres Eigentums, das durch die Beneš-Dekrete enteignet wurde, oder Entschädigung. Der Anwalt der Sudetendeutschen, Thomas Gertner, sagte, es gebe einen Präzedenzfall in einer ähnlichen Sache beim Straßburger Gericht. 1996 mußte die Türkei 900.000 $ an eine zypriotisch-griechische Frau zahlen: Titina Loizidou, die 1974 durch die einmarschierenden türkischen Truppen vertrieben wurde.
Ich möchte gerne hinzufügen, daß Anwälte in der Slowakei heute bereit sind, Beschwerden in Straßburg im Namen ihrer ungarischen Klienten einzureichen, deren Eigentum nach 1945 durch Dekrete, Gesetze, Satzungen, Protokolle und Gerichtsurteile enteignet wurde.

Dr. Charles Wojatsek

Anmerkungen ML 2004-09-26:

A01.
Beneš geht völkerrechtswidrig davon aus, daß alle Einwohner der Sudetendeutschen Länder, welche durch Abtretung am 25. September 1938 (Durchführung entsprechend dem Münchener Abkommen vom 30. September 1938) völkerrechtlich unzweifelhaft Bürger des Deutschen Reiches geworden waren, die Eigenschaft „Deutscher Staatsbürger“ wieder verloren, daß die tschechische Okkupation des Sudetenlandes (1918-10-28 bis 1919-01) neuerlich von diesen Menschen Besitz ergriffen hätten. Dieser unhaltbare Anspruch ist bis heute nicht in ausreichendem Maße geschichtlich, völker- und staatsrechtlich aufgearbeitet worden.
Für die Deutschen Staatsbürger innerhalb des „Protektorates Böhmen und Mähren“ und innerhalb der selbständigen Slowakei gelten andere staatsrechtliche Voraussetzungen.

A02.
Hierzu hätte ich gerne nähere Angaben. Gibt Keesings Archiv der Gegenwart irgendetwas her zu diesem Thema?

A03.
In welcher Form hat die Tschecho-Slowakische Regierung ein solches Ansuchen gestellt? Bei wem?

A04.
Von einem irgendwie gearteten äußeren Zwang kann freilich nicht die Rede sein, es sei denn Benešs Einsicht, daß er mit seiner tschechischen Großmannspolitik gescheitert war.

A05.
Gibt es Belege für eine solche Absichtserklärung?

A06.
Zu den Verhandlungen in Komorn (KAdG3773C) und dem Wiener Schiedsspruch (KAdG 3785G und weitere, Brockhaus).

A07.
Unabhängigkeitserklärung: KAdG3976, KAdG3983B ff

A08.
Diese Beschreibung des Gesetzes ist falsch. Es gewährt nicht Straffreiheit für besondere Umstände, sondern es bezeichnet Mord und Totschlag als rechtmäßige Handlungen. Solches Vorgehen hat in deutschem Rechtsverständnis keinerlei Vorbilder, daher fehlt auch ein treffender Begriff hierfür: „Rechtmäßigstellungsgesetz“ ist ein halbwegs zutreffender Versuch.