Ausgeraubter Transport am 1. Juni 1945
Berichter: Walter Weichert Bericht vom 9. 11. 1947
Bis zum 31. Mai 1945 habe ich mit meiner Frau in Teplitz-Schönau in eigener Wohnung gewohnt. Zu diesem Tag wurden wir vom Csl. Národní výbor, bytový úrad, pododdelení úrad evakuacní, Teplice Sanov, aus dem Gebiet der Tschechoslowakei ausgewiesen. Vorgenannte Dienststelle bestellte mich als Transportleiter für einen Ausgewiesenen-Transport nach Süddeutschland. Dieser Transport bestand aus 8 Männern, 62 Frauen, 5 Kindern und 4 Säuglingen, alles Reichsdeutsche.
Durch das Entgegenkommen des Bahnvorstehers in Teplitz-Schönau wurden dem Transport zwei gedeckte Güterwagen zur Verfügung gestellt, sodaß wir am 31. Mai 1945 – dem festgesetzten Ausweisungstage abends um 6 Uhr – mit dem fahrplanmäßigen Zug in Richtung Komotau, Karlsbad, Eger, die Ausreise antreten konnten. Die Ausgewiesenen hatte ich in die zwei Güterwagen so verteilt, daß in jedem Wagen die gleiche Anzahl Personen fuhren. Ich selbst war als Transportleiter mit einer „Rot-Kreuz-Armbinde“ und russischem Stempel kenntlich gemacht.
Am 1. Juni 1945 morgens gegen 5.45 kamen wir in der Station Neudau an. Die meisten Ausgewiesenen schliefen noch. Ich selbst saß an der offenen Tür des Wagens Nr. 2. Als der Zug noch langsam einfuhr, sah ich zwei in eine Fantasieuniform gekleidete Männer am Bahnsteig stehen. Diese Männer trugen als Bewaffnung Revolver und Reitpeitschen, außerdem hatte der eine noch einen Gummiknüppel am Gürtel hängen. Die beiden Männer kamen den Zug entlang, direkt auf unsere zwei Güterwagen los. Sie sprachen tschechisch und radebrechten deutsche Schimpfworte. Ich versuchte mit ihnen zu verhandeln, bekam aber nur mit der Reitpeitsche einen Schlag übergezogen und wurde beiseite geschoben. Zuerst mußten die Männer die Wagen verlassen. Sie wurden mit den Worten „Ihr deutschen Hunde braucht nicht zu fahren“, mit Fußtritten und Peitschenhieben aus den Wagen geholt. Die beiden Tschechen warfen mit Schimpfworten nur so herum. Die Ausdrücke „Hunde, Schweine, Mistviecher, deutsche Gauner, aufhängen, an die Wand stellen“ usw. waren noch gemäßigt. Dabei hieben sie kreuz und quer auf Frauen und Kinder ein. Die Männer wurden über die Geleise auf die andere Seite des Zuges fortgetrieben. Ich habe auf der weiteren Reise von ihnen nichts mehr gesehen. Daraufhin wurden die Frauen und die Kinder aus den Wagen geworfen. Es wurde dabei auf das Alter der Frauen keine Rücksicht genommen; ebenso nicht darauf, ob die Personen ihr ganzes Gepäck mit aus dem Wagen brachten. Ich habe später festgestellt, daß viel Gepäck im Zuge verblieben war. Ich versuchte noch einmal, unter Hinweis auf die „Rot-Kreuz-Binde“ festzustellen, daß wir vom Národní výbor in Teplitz-Schönau Fahrtgenehmigung hätten, man ließ mich nicht zu Worte kommen. Die beiden Tschechen warfen ohne Rücksichtnahme Gepäck und Kinderwagen mit den Säuglingen aus dem Zug auf den Bahndamm. Dabei wurden Frauen und Kinder mit Fußtritten und Reitpeitschenhieben traktiert. Sie warfen aus dem anfahrenden Zuge einen Kinderwagen mit weiblichem Säugling in einem Doppelsalto. Wie durch ein Wunder blieb der Säugling unverletzt. Als der Zug die Station verlassen hatte, trieben uns die Tschechen auf den Geleisen zurück in Richtung Komotau, immer mit den Reitpeitschen auf uns einschlagend. Wer nicht schnell genug laufen konnte, durfte nicht weiter und mußte zurückbleiben. Ich fand eine Stelle an dem an und für sich steilen Bahndamm, die einen Aufstieg gestattete. Wir kletterten empor und kamen auf eine Straße. Von dort mußten wir zusehen, wie die beiden Tschechen auf die mit Gepäck beladenen wehrlosen Frauen und Kinder rücksichtslos einschlugen. Als ich dann auf der Straße den mir anvertrauten Transport sammelte, mußte ich leider feststellen, daß von dem ganzen Transport nur noch 25 Personen anwesend waren. Wir warteten ungefähr noch eine halbe Stunde, es fand sich niemand mehr ein. Da das Gelände an der Bahn eben war, hätte ich feststellen können, wenn Ängstliche einen anderen Weg genommen hätten. Ich mußte also feststellen, daß diese beiden tschechischen Partisanen die von mir Vermißten zwangsweise zurückbehalten hatten. Festgestellt habe ich ferner, daß eine große Menge Gepäck in die Hände dieser beiden Partisanen geraten war.
Ich setzte dann mit meinem Resttransport im Fußmarsch über Altrohlau nach Johanngeorgenstadt die Reise fort.
Nachstehend angeführte Ausgewiesene können den Vorfall bezeugen: Frau Frieda Weichert, Frau Alice Hoffmann, Frau Elsa Günther.
Weitere Zeugen können von mir nach Rückfrage namhaft gemacht werden

Teplitz-Schönau Bericht Nr. 322 Seite 460:
Grausame Mißhandlung einer Frau
. Berichterin: Julia Käthe Tseng.   Bericht vom 25. 9. 1949
Ich Unterfertigte Julia Käthe Tseng, geb. Patsch, geb. am 19. 4. 1897 in Teplitz-Schönau, wohnhaft in Teplitz-Schönau, Hamburger Straße 459/19, durch die Heirat mit meinem verstorbenen Mann Herrn Tseng Dean Yi chinesische Staatsbürgerin, gebe eidesstattlich folgendes an:
Am 9. Juni 1945 wurde ich nachmittags 15 Uhr durch ein Mitglied des „Národní výbor“ und zwei tschechischen Partisanen verhaftet und es wurde mir angedroht, daß ich wegen Spionage erschossen werden soll. Der eine der Soldaten, ein angeblicher Korporal, untersuchte meine Handtasche, nahm mir daraus allen Schmuck und das Geld, außerdem nahm er mir von der Hand zwei Eheringe sowie die Ohrgehänge und ein Kettchen mit Kreuz vom Halse. Der Mann vom „Národní výbor“ durchsuchte die ganze Wohnung. Der vorgenannte Korporal war dann nach ca. 14 Tagen der Besitzer des Hotels „Rathaus“ am Marktplatz.
Ich wurde sodann mit einem Auto nach Hotel „Sachsen“ in der Bahnhofstraße gebracht. Dortselbst wurde ich in ein Zimmer eingesperrt und nach ca. 3-4 Stunden wurde ich von einem Soldaten in das Polizeigefängnis am Marktplatz gebracht. Dortselbst war bereits Frau Frank mit ihrer Tochter Lisbet aus Teplitz, Goetheplan und ein junges Mädchen aus Auperschin anwesend. Wir mußten eine lange Zeit mit aufgehobenen Händen, mit dem Gesicht gegen die Wand vollkommen still stehen. Jede geringste Bewegung bewirkte, daß wir mit einer Reitpeitsche geprügelt wurden. Uns prügelte ein Soldat, der später die Speditionsfirma Schuster und Nettel übernommen hatte. Geprügelt wurden wir im Gefängnishof, danach mußten wir in den 1. Stock gehen, wobei wir von den Soldaten wieder geprügelt wurden. Dortselbst wurden wir vom Gefängnisaufseher Franta Landr übernommen und in der Zelle inhaftiert. In der Zelle Nr. 7 waren 28 bis 32 Personen, auch in der Zelle 6 waren immer 28 bis 30 Frauen eingesperrt. In dieser Zelle mußte ich 3-4 Tage verbringen, während die anderen Häftlinge auf Arbeit gingen. Am 5. Tag früh wurde ich mit dem Auto nach der Villa Sieh am Goetheplan gebracht, wo ich als ersten Gruß gleich mit Ohrfeigen empfangen wurde von einer Frau, die die Schreibarbeiten besorgte. Nachdem ich in den Heuschuppen und nachher in den Kohlenschuppen eingesperrt wurde, kam es zum Verhör. Ein großer starker Mann in Khaki-Uniform, ein angeblicher Oberst, frug mich, ob ich wisse, warum ich hier bin. Darauf antwortete ich „nein!“ Darauf bekam ich zwei Ohrfeigen links und zwei Ohrfeigen rechts. Sodann mußte ich mich zum Tisch setzen und der Soldat spielte immer mit dem Revolver. Dann nahm er einen länglichen Gegenstand, eine Stahlspirale und schlug mich damit über den Kopf und unter das Kinn, dasselbe tat er auch mit dem Revolver. Er und das Mädchen riefen öfters: „Zatracení Spionska“. Darauf riß mich das Mädchen hoch, drehte mich herum und versetzte mir einen Fußtritt in den Rücken. Dann mußte ich mich zum Tisch setzen und er traktierte mich wieder mit Ohrfeigen. Sodann wurde ich mit dem Auto in das Polizeigefängnis gebracht.
Im Polizeigefängnis war ich bis zum 21. 7. 45, während dieser Zeit habe ich Arbeiten verrichtet.
Am 22. 7. wurden wir am Hofe des Gefängnisses in 3 Kolonnen eingeteilt, eine Gruppe von 90 Personen wurden in das „Internacní Tábor“ in der Hansastraße, ein zweiter Trupp in das Amtsgericht transportiert, der dritte Trupp wurde in das Lager in der Lastenstraße gebracht. Der Rest blieb im Gefängnis zurück. Ich selbst wurde in das Lager in der Hansastraße gebracht. Ich hatte die Nummer 87 auf der Liste. Wir durften uns dort nicht setzen noch anlehnen und mußten zusehen, wie die vorher von 1-86 in der Liste eingetragenen Personen mit Füßen, Gummiknüppeln und Fäusten blutig geschlagen wurden. Unter ihnen waren alte Leute von 70-80 Jahren. Auch jüngere Leute, die ebenfalls so behandelt wurden, waren dabei. Danach mußte ich in die Kanzlei gehen und bekam dort Prügel mit der Peitsche, u. a. einen Schlag über das Gesicht. Danach bekamen wir die Gefangenennummern, ich die Nummer 325. Während meines Aufenthaltes im Lager ging ich zur Arbeit und wurde nicht mehr geprügelt.
Am 27. August 1945 um ½8 Uhr abends kam von der tschechischen Polizei ein gewisser Horst Sonn mit einem anderen Soldaten. Sonn war in Zivil. Es war ein kurzes Verhör, ich wurde gefragt nach Deutschen, die sich bei der Partei und sonst gegen die Tschechen schlecht benommen haben. Hier in dem Raum, wo ein Billard stand, wurde ich von „Prügel-Tondo“, einem Soldaten, mit dem Billardstock geprügelt. Horst Sonn eiferte den Soldaten immer wieder an zu neuen Schlägen. Nachher mußte ich mich an die Wand mit dem Gesicht stellen, es wurde ein Blatt Papier zwischen die Wand und meine Nase gezogen und wenn das Papier ein wenig geklemmt hatte, bekam ich sofort wieder Prügel auf den Rücken, das Gesäß und die Beine. Dies dauerte annähernd drei Stunden. Darauf konnte ich in den Lagerraum gehen. Gegen 10 Uhr kam abermals der „Prügel-Tondo“ und führte mich zum Hauseingang. Dort stand ein Auto. Auf der Erde lagen zertretene Mäuse und ich mußte vom Boden eine Maus aufheben und in den Mund stecken, wobei er mir den Mund zuhielt und auch Schläge ins Gesicht versetzte. Darauf mußte ich auf der Straße vor dem Tor die Maus ausspucken und dann die nächste in gleicher Weise in den Mund stecken und wieder ausspucken, ebenfalls noch ein drittes Mal. Sodann mußte ich in das Auto steigen und wurde zur tschechischen Polizei in die Villa Hahn in der Masarykstraße gefahren.
In der Kanzlei bekam ich durch nahezu 2½ Stunden ununterbrochen Prügel mit Fäusten und mit der Peitsche. War einer des Prügelns bereits müde, trat der nächste in Aktion. Es waren dies der Prügel-Tondo und ein gewisser Wandierek. Angeeifert hatte sie der vorgenannte Sonn.
In der Hahnvilla war ich vom 27. August bis zum 20. September 1945. Dort mußten wir arbeiten und wurden bei jeder Gelegenheit geprügelt.
Von der Hahnvilla kam ich abermals in das Lager in der Hansastraße. Vom 20. September bis zum 2. Oktober 1945 verblieb ich im Lager und versah außerhalb Arbeiten. Vom 2. bis zum 26. Oktober war ich im Krankenhaus bei einer deutschen Ärztin, die sich besondere Mühe für die Gefangenen gegeben hat. Frau Dr. Görg im Krankenhaus hatte sich ebenfalls der Gefangenen sehr angenommen. Darauf kam ich wieder ins Lager Hansastraße. Am 6. November 1945 früh um ½9 Uhr floh ich aus dem Lager und traf meine Mutter, der ich diese Absicht mitgeteilt hatte, als sie mich im Lager besuchte beim Friedhof, wie sie mir einen Mantel und etwas zum Essen mitbrachte. Auf Schleichwegen kamen wir glücklich über die Grenze und trafen am 6. November 1945 in Altenberg ein. Im Polizeigefängnis und im Lager wurden blutig geprügelt:
Frau Hanni Fingerhut und ihre Tochter Margit aus Turn, sowie ihre Schwester; Frau Marek, Angestellte der Stadt; Franz Öser, Angestellter beim Wenzelschacht; Apotheker Zibelius und Frau, Schönau; Kaufmann Wagner aus der Duxer Straße; Kaufmann Pohl mit Frau aus Weißkirchlitz; Frau Absalom aus der Josefinenbar, Edmundstraße; Frau Baumeister Wild aus der Prager Straße; Pfarrer Müller aus Schönau; Dechant Wittenbrink aus Teplitz; Herr Kutschera vom Gaswerk Schönau; Herr Michel und Frau vom Elektrizitätswerk Teplitz; Frau Tomann vom Goetheplan (Mann wurde erschossen); Familie Konditor Meißner aus der Königstraße; Zahnarzt Dr. Hiebsch mit Sohn und Dienstmädchen, Königstraße; Fleischer Illemann und Mutter vom Waldtorplatz; Arwed Grohmann und Frau; Frau Dr. Nikodym

Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Überlebende kommen zu Wort. Bericht 322 Seite 461
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald


Kommunistischer Schriftführer der Zelle 3: „Ich bin von Beruf Lokomotivführer und war bis zum Anschluß des Sudetenlandes 1938 Mitglied der Kommunistischen Partei in Teplitz-Schönau, wo ich wohnte. Ich war Schriftführer der Zelle 3 und wurde nach dem Anschluß verhaftet und war 13 Monate lang eingesperrt. Nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis zog ich nach Kutterschitz, wurde am 13. Dez. 1940 wieder verhaftet und saß zweieinhalb Monate, weil ich mich weiterhin gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen hatte.
Am 9. August 1940 wurde ich laut vorgelegtem Ausschließungsschein des Wehrbezirkskommandos Teplitz-Schönau, Wehrnummer 04/26/16/10, aus der deutschen Wehrmacht ausgeschlossen. Am 26. Juni 1943 wurde ich trotzdem zum Bewährungsbatl. 999 nach Heuberg eingezogen, jedoch am 1. November 1943 wegen unerlaubten Fernbleibens von der Truppe zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach meiner Verurteilung wurde ich einem Bombenentschärfungskommando als Feuerwerker zugeteilt und habe weit über 1000 abgeworfene Blindgänger entschärft. Daraufhin wurde ich der Strafanstalt Bancever in der Nähe von Belgrad am 26. Juni 1944 überstellt. Wegen Fluchtverdachtes kam ich nach Belgrad, von Belgrad nach Herzogenburg in die Waffenfabrik, von dort wurde ich an die Strafanstalt Graz überwiesen.
Am 21. Februar 1945 wurde ich laut vorgelegtem Entlassungsschein der Strafanstalt Graz wegen Bombenangriffen und Überfüllung entlassen. Ich bin dann nach Kutterschitz gefahren und sollte mich beim Volkssturm melden, habe es aber nicht getan.
Als am 8. Mai 1945 die Russen in Kutterschitz einzogen, bildete sich eine tschechische Revolutionsgarde und es begannen die Greueltaten. In Kutterschitz mit rund 600 Einwohnern wurden ohne Verhör und Urteil 14 Personen, u. a. Ingenieur Benke, Obersteiger Pohl, Hirschmann, Mayer, Schäfer erschossen; und zwar direkt am Schacht. Ferner wurden viele zusammengeschlagen, 40 Mann des RAD, lauter junge Burschen von 14 bis 16 Jahren mit MG zusammengeschossen und ohne Rücksicht darauf, ob sie noch lebten, in den Splittergräben bei ihren Baracken verscharrt.
Viele deutsche Frauen in Kutterschitz, Hostomitz, Bilin und in anderen Orten wurden öffentlich vergewaltigt und dann vertrieben. Die Zustände, die dort herrschten, lassen sich nicht beschreiben. Ich habe bei den Tschechen weitergearbeitet, bekam Belege, daß ich mich illegal betätigt habe, und zwar von der antifaschistischen Kommission, Bezirk Bilin, vom 16. 7. 1945, ferner ein Gutachten des Betriebsrates Schacht Patria II in Kutterschitz vom 27. Juni 1945 und von der Polizeibehörde in Bilin vom 28. Juni 1945.
Ich bekam die tschechischen Lebensmittelkarten, konnte mich zunächst frei bewegen und brauchte die Armbinde nicht zu tragen. Ich war Schriftführer der Antifaschistischen Partei in Kutterschitz und bemühte mich um die notleidenden Deutschen. Das erregte das Mißfallen der Tschechen, die alles hassen, was deutsch ist, ohne Rücksicht auf die politische Einstellung der Deutschen.
Es kam so weit, daß ich am 21. Nov. 1945 in Haft genommen und in das Kreisstrafgefängnis nach Brüx eingeliefert wurde. Am 13. Dez. 1945 wurde ich wegen Platzmangel vorläufig entlassen und kam wieder nach Kutterschitz zurück. Am 6. Jänner 1946 kamen zwei Gendarmen in meine Wohnung, ich war zum Glück nicht zu Hause, und wollten mich verhaften. Doch wurde ich rechtzeitig gewarnt und als ich zum Dienst bei meiner Dienststelle erschien, durfte ich nicht anfangen; mir wurde gesagt, daß ich verhaftet werde. Daraufhin floh ich, bar jeder Mittel, aus der Heimat und kam über Sachsen hierher.
Der tschechische Terror gegen alles Deutsche hat derartige Formen angenommen, daß ein weiteres Verbleiben im Sudetenland unmöglich geworden ist. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob es sich um Kommunisten, Antifaschisten oder sonstige Deutsche handelt. Bereits Tausende sind den Foltermethoden der Tschechen in den Lagern erlegen. Ich kann auch noch bestätigen, daß nach dem großen Explosionsunglück in Schönpriesen bei Außig, das durch die unsachgemäße Behandlung seitens der Tschechen entstanden ist, ungezählte Deutsche mißhandelt, erschlagen und eingesperrt wurden. Frauen wurden mit Kinderwagen von der Elbebrücke, die Außig mit Schreckenstein verbindet, in die Elbe geworfen, andere wurden auf Straßen und Wegen erschlagen, von Fahrrädern gerissen und zu Tode getrampelt.
Meine Arbeitskollegen J. und B. aus Schwatz sind seit dieser Zeit spurlos verschwunden.“

Aus: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Überlebende kommen zu Wort.
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald

Siehe auch einen Zeitzeugenbericht von 1945-05-10