Zum Kaunitz-Kolleg in Brünn.

Chatbeitrag Lidove Noviny 2003-11-18

Auf den Informationsseiten der Stadt Brünn findet man die Berichterstattung über das Kaunitz-Kolleg nicht nur einmal. Das Kolleg ist heute eine Gedenkstätte für die Brünner Opfer der Gestapo. So wird es auch in den Beschreibungen bezeichnet.

Das ist wahr. Das Kaunitz Kolleg war der Sitz der Brünner Gestapo, die Stätte, an der die Verhöre der Verhafteten stattfanden und Todesurteile gefällt und vollstreckt wurden

Die tschechische Familie, mit der meine Familie seit vier Generationen befreundet ist, wohnt seit den 30erjahren des vergangenen Jahrhunderts und noch heute in unmittelbarer Nähe des Kollegs. Die alte Dame, eine angesehene Wissenschaftlerin, verfolgt durch die Kommunisten nur deshalb, weil sie es ablehnte, in die (Kommunistische) Partei einzutreten, erzählte mit über die Geschehnisse, die sie als 16-jährige erlebte. Die Todesurteile wurden durch den Strang vollstreckt, die Galgen waren von weitem einsehbar. Manchmal hingen die Leichen einige Tage lang. Zur Abschreckung.

Es war ein erschütternder Bericht. Eine Sechzehnjährige, die täglich auf dem Weg zur Schule an einer Hinrichtungsstätte vorbeigehen muß.

Aber wahr ist auch noch etwas anderes.

Das, allerdings, findet man nicht mehr auf den historischen Seiten des Kaunitz Kollegs oder der Stadt.

Nach Ende des Krieges, in den Jahren 1945/46 diente das Kolleg in gleicher Weise weiter. Eine bewährte Einrichtung. Im Kaunitz-Kolleg wurden diesmal  deutsche Bürger der Stadt interniert. Sicher nicht die Gestapo-Leute, diese waren überwiegend Reichsdeutsche und vermutlich längst weg. Nein: Die ganz normalen Bürger der Stadt Brünn, die das Pech hatten, daß sie Deutsche waren. Teilweise aus den besten Brünner Familien.

1955 fand in der deutschen Stadt Karlsruhe ein Gerichtsprozeß statt gegen einen tschechischen Staatsbürger, einen Brünner namens Jan Kouril. Kouril, zu Besuch in Deutschland bei seiner Freundin, wurde von jemandem erkannt, angezeigt und verhaftet.

Kouril war in den Jahren 1945/46 Aufseher im Kaunitz-Kolleg.

Kouril wurde außergewöhnliche Brutalität im Umgang mit den deutschen Intenierten sowohl während seines Dienstes im Kaunitz-Kolleg als auch nach seiner Versetzung in das Lager Klajdovka nachgewiesen. Er hat, den Zeugenaussagen nach, eine hochschwangere Frau gepackt und seinen Komplicen aufgefordert, ihr auf den Bauch zu springen. Er folterte Jungs im Alter von 12 bis 16 Jahren wegen ihrer Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend. Die Gefangenen mit Zigaretten verbrannt. Geschlagen, gefoltert usw . (Anm.Quelle: BRUNA: Die Deutschen raus, Seite 54)

Unter der Aufsicht und Verantwortung von Kouril starben in Brünn, nach Ende des Krieges, gewaltsam 1800 Brünner Deutsche.

Diese Tatsachenberichte findet man heute in einigen deutschen Publikationen. Auch in den Gerichtsakten von Karlsruhe oder den einschlägigen seinerzeitigen Zeitungsberichten. Zum Teil auch im Internet.

In der offiziellen tschechischen Geschichtsschreibung habe ich diese Fakten bisher nicht gefunden. Auch nicht im Kaunitz-Kolleg.

Hana