HNA Samstag, 1. Juni 2002 Nr. 124 PO4/4
Havel besorgt über Debatte um Sudetendeutsche
BERLIN/PRAG. Der tschechische Präsident Väclav Havel hat sich in der Frage der Vertreibung der Sudetendeutschen von Ministerpräsident Miloš Zeman und dessen Stellvertreter Vladimir Spidla distanziert. In der ARD sagte Havel am Freitag, er sei niemand und sei nie jemand gewesen, der die Abschiebung der Sudetendeutschen nach dem Krieg gutgeheißen habe. Zu Forderungen, die umstrittenen Beneš-Dekrete über die Enteignung und Ausbürgerung der Sudetendeutschen aufzuheben, sagte Havel, er wisse nicht, ob dies sachlich und juristisch möglich sei. „Etwas anderes ist es, eine politische, moralische und menschliche Meinung auszusprechen“, betonte er.
Zeman hatte die Vertreibung unlängst mit den Worten kommentiert; „Sie wollten heim ins Reich, also sind sie gegangen.“ Spidla hatte die Vertreibung als „Quelle des Friedens“ bezeichnet. Diese Äußerungen beunruhigten ihn, sagte Havel. (AP)
===============Radio Prag 2002-06-01=======================
Havel nennt Vertreibung „Bestandteil bitterer jüngerer Geschichte“
In der Diskussion um die Vertreibung der Sudetendeutschen hat Präsident Vaclav Havel jüngste Aussagen von Mitgliedern der Prager Regierung als „beunruhigend“ bezeichnet. An der Verharmlosung des Abschiebens der Sudetendeutschen habe er – so wörtlich – „überhaupt keine Freude“, sagte Havel in einem Interview mit der ARD am Freitagabend im „Bericht aus Berlin“. Sie habe jedoch ihrer Zeit Rechnung getragen und war „Bestandteil der bitteren jüngeren Geschichte.“ Er befürchte nicht, so Havel, daß der für 2004 geplante EU-Beitritt erschwert werden könnte, weil Prager Politiker die Vertreibung umfassend gutgeheißen hätten. Er glaube, daß die „verbalen Ausfälle“ nach den Wahlen am 14. und 15. Juni verstummen werden. Am Rande des Gipfels von 16 Staatsoberhäuptern aus Mitteleuropa in Slowenien kritisierte Havel am Freitag vor Journalisten im einzelnen Premier Milos Zeman für dessen Charakterisierung der Sudetendeutschen als fünfte Kolonne Hitlers.
================Radio Prag 2002-06-05======================================
Der deutsche Bundespräsident Johannes Rau zu Besuch in Prag
Drei Monate nach der viel diskutierten Absage eines Prag-Besuchs von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) haben sich Bundespräsident Johannes Rau und Tschechiens Präsident Vaclav Havel um positive Impulse im deutsch-tschechischen Verhältnis bemüht. Die Staatsoberhäupter betonten am Mittwoch bei einem Arbeitsbesuch von Rau in Prag, daß die bilateralen Beziehungen trotz Kontroversen über die Vertreibung der Sudetendeutschen „ausgezeichnet“ seien. Sie warnten davor, den Versöhnungsprozeß mit starken Worten zu stören.
Havel rief vor dem Hintergrund der Verteidigung der Vertreibung durch tschechische Politiker auf, „eigenes  geschichtliches Benehmen nicht zu einem unantastbaren Heiligtum“  zu machen. Gerade vor dem für 2004 geplanten EU-Beitritt sollte  es für Tschechien keinen Grund geben, „Wahrheit und Freiheit zu  fürchten“. Als Beispiel für gute Zusammenarbeit nannten die  Staatsoberhäupter den auf der Grundlage der  Aussöhnungserklärung gegründeten Zukunftsfonds. In dem Dokument heiße  es außerdem, daß beide Seiten ihre Beziehungen auf die Zukunft  ausrichten wollten, sagte Rau: „Diesen Konsens dürfen wir nicht aus den  Augen verlieren.“
Am Abend eröffneten die beiden Präsidenten eine Ausstellung im Nationalmuseum über verbotene Kunst im „Ostblock“, zuvor hatten sie mit dem symbolischen ersten Spatenstich feierlich den Baubeginn für eine Tschechisch-deutsche Begegnungsschule in Prag freigegeben. In der Einrichtung sollen ab dem Schuljahr 2003/2004 auch tschechische Schüler das deutsche Abitur ablegen können.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Tagesecho.
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Verheugen hat keine Bedenken bezüglich tschechischer Wahlen
Wie auch immer die Abgeordnetenhauswahlen in Tschechien ausgehen werden, EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen erwartet keine Beeinträchtigung des EU-Beitrittsprozesses. Verheugen erklärte am Mittwoch in Brüssel, in Demokratien komme es eben zu Regierungswechseln und dies in den Kandidatenländern häufiger als in den EU-Staaten. Was auch immer die Wahlen in Tschechien bringen würden, das Parlament werde doch immer für eine Fortsetzung des EU-Beitrittsprozesses eintreten, meinte Verheugen.
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Prag äußert Verständnis für Vertreibung – Havel kritisiert
Der stellvertretende tschechische Ministerpräsident Vladimir Spidla hat die Vertreibung der Sudetendeutschen erneut als nachvollziehbare Nachkriegs-Maßnahme der Siegermächte bezeichnet. „Die Abschiebung war eine kaltblütige politische Lösung, zu der diese Leute greifen mussten, und meiner Ansicht nach haben sie dies zurecht getan“, sagte der Sozialdemokrat der Prager Tageszeitung „Hospodarske noviny“ am Mittwoch. Unterdessen äußerte Präsident Vaclav Havel in einem Gespräch mit dem britischen Sender BBC Kritik an der Parlamentsresolution von Ende April, die die umstrittenen Dekrete verteidigt hatte. Der Beschluß habe nur den Gegnern der tschechoslowakischen Nachkriegspolitik neue Munition gegeben, so Havel.
Allerdings sprach sich die Mehrheit der Tschechen in einer  Umfrage, die die Agentur SC&C am Mittwoch in Prag  veröffentlichte, gegen eine Streichung der Dekrete aus. Etwa fünf der 143  Dekrete waren die Grundlage für die Vertreibung der Sudetendeutschen.
====================Radio Prag 2002-06-06===============================================
Neues Buch über tschechisch-deutsche Beziehungen erschienen
Das tschechische Kabinett hat am Mittwoch ein neues, bereits angekündigtes Buch über die tschechisch-deutschen Beziehungen vorgestellt. Das Buch mit dem Titel „Die Geschichte verstehen“ wurde von tschechischen Historikern erarbeitet. Es analysiert das Verhältnis zwischen den beiden Völkern in den Jahren von 1848 bis 1948 und widmet sich auch der umstrittenen Frage der Benes-Dekrete. Wie Kultusminister Pavel Dostal erklärte, soll das Buch den Bürgern die Möglichkeit geben, sich in dieser Problematik besser orientieren zu können, da seiner Meinung nach die Medien zu einseitig darüber informieren würden.
==================Aus dem Forum „Vaterland Böhmen“ 2002-06-09===============================
Eine Umfrage belegt:
Immer weniger Tschechen für EU-Beitritt!
Die jüngste GfK-Umfrage in der Tschechischen Republik hat ergeben, daß die Zahl der EU-Beitritts-Befürworter seit der letzten themengleichen Fragestellung im Januar um 22,4% auf 41% der Bevölkerung zurückgegangen ist.
Hingegen ist die Zahl der Beitrittsgegner um 80% auf 36% der Bevölkerung gestiegen. Der Anteil der Unschlüssigen beträgt 23%.
Diese Entwicklung ist zweifellos zum Großteil auf die durch die Äußerungen des Premierministers hervorgerufene verunsichernde Diskussion um die Benesch-Dekrete und die Angst vor einer eventuellen Zwangsrückgabe des sudetendeutschen Eigentums zurückzuführen.
Daran konnte selbst die Strapazierung verschiedentlich angereister prominenter „Beruhiger“ ebenso wenig ändern wie die energische Resolution des Unterhauses.
Das Unrechtsbewusstsein vielleicht doch zu Unrecht erworbenen Besitztums ist eben doch bedrückend...
Felix Seebauer (Publizist in Prag)
================Radio Prag 2002-06-09===================================
CDU-Abgeordneter appelliert an die Sudetendeutschen
Der CDU-Abgeordnete im Europa-Parlament, Jürgen Schröder, hat am Sonntag die Sudetendeutschen aufgerufen auf ihre Eigentumsansprüche gegenüber Tschechien und möglicherweise auch auf ihre Forderung nach der Aufhebung der Benes-Dekrete zu verzichten. Dies würde die Spannungen zwischen beiden Seiten entlasten und die gegenseitige Aussöhnung erleichtern, sagte Schröder in einem Interview mit der österreichischen Nachrichtenagentur AP. Die Tschechen könnten sich dann – so der CDU-Abgeordnete – für die Vertreibung der deutschen Minderheit aus der Tschechoslowakei entschuldigen.
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Klaus besteht auf Garantien seitens der EU
Der Vorsitzende der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus, könnte eigenen Worten zufolge seine Mitbürger nicht aufrufen, in einem Referendum den geplanten EU-Beitritt Tschechiens zu befürworten, falls Tschechien vorher keine Garantien für die territoriale Integrität und die Unantastbarkeit der bestehenden Vermögenssicherheiten von der EU erhalten würde. Dies sagte Klaus in der sonntäglichen Talkshow „Sieben Tage“ beim privaten TV-Sender Nova. Sein Gesprächspartner, der sozialdemokratische Chef Vladimir Spidla, meinte dazu, daß derartige Garantien eine Schwächung der Position Tschechiens zur Folge hätten. Gleichzeitig schloß Spidla eine Regierungskoalition der beiden Parteien nach den bevorstehenden Wahlen aus.
==============Walter Mogk im Ostpreuißen-Forum:==================
Havel kritisiert erneut die Vertreibung
dpa Prag • Der tschechische Präsident Vaclav Havel hat sich erneut kritisch zu der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg geäußert. Auch wenn man berücksichtigen müsse, was dazu geführt habe, und daß es nicht nur in der Tschechoslowakei zu Vertreibungen gekommen sei, sei dies keine gute Lösung und auch wohl keine historische Notwendigkeit gewesen, sagte Havel der Prager Zeitung „Pravo“ (Sonnabendausgabe). Zudem sei der Glaube, damit ein Problem für immer zu lösen, naiv gewesen, betonte der 65jährige.
Quelle: Nordwest-Zeitung vom 10.6.2002
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Verzicht auf Ansprüche 
DRESDEN • Der deutsche CDU-Europaabgeordnete Jürgen Schröder hat die Sudetendeutschen aufgefordert, auf Eigentumsansprüche in Tschechien zu verzichten. „Dann bin ich mir sicher, daß sich auch die Tschechen ihrerseits für die Vertreibung der deutschen Volksgruppe entschuldigen“, sagte der christdemokratische Politiker gestern. Bei dem Konflikt gehe es nicht um die Frage, ob die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Tschechoslowakei auf der Grundlage der Benes-Dekrete beschlossenen Gesetze abgeschafft werden sollten oder nicht, sagte Schröder, der Mitglied des Außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments und Berichterstatter für den EU-Beitritt der Tschechischen Republik ist.  – Zurückgewiesen – Unterdessen haben die Chefs der beiden stärksten tschechischen Parteien — der Sozialdemokraten (CSSD), Vladimir Spidla, und der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus – gestern erneut ausländische Forderungen bezüglich der Benes-Dekrete und der Sudetendeutschen vehement abgelehnt. In einem Fernsehduell im Kanal „Nova“ eine Woche vor den Parlamentswahlen betonten sie, daß die nach dem Krieg gefällten Entscheidungen unantastbar seien und daß deren Infragestellung gefährlich sei.
Quelle: Neues Volksblatt vom 10.06.2002
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Benes-Dekrete bleiben „unantastbar“
Prag • Die Chefs der beiden stärksten tschechischen Parteien – der Sozialdemokraten, Vladimir Spidla, und der konservativen Bürgerpartei, Václav Klaus – haben am Sonntag erneut ausländische Forderungen bezüglich der Benes-Dekrete vehement abgelehnt. In einem Fernsehduell eine Woche vor den Parlamentswahlen betonten sie, daß die nach dem Krieg gefällten Entscheidungen unantastbar seien und daß deren Infragestellung gefährlich sei.
“Für mich ist die Vergangenheit des Zweiten Weltkrieges eine abgeschlossene Sache. Es kommt nicht in Frage, darüber eine Debatte zu führen. Ich erkläre öffentlich, daß ich nicht einmal nach den Wahlen bereit bin, mit irgend jemandem darüber zu verhandeln“, so Klaus. (APA)
Quelle: Der Standard vom 10.06.2002
==================Radio Prag 2002-06-10===========================================
Regierung legt Buch über deutsch-tschechische Beziehungen vor
Die tschechische Regierung hat am Montag ihr mit Spannung erwartetes Buch „Geschichte verstehen“ über die deutsch-tschechischen Beziehungen zwischen 1848 und 1948 veröffentlicht. Etwa zwei Drittel der rund 300 Seiten befassen sich mit der Vertreibung der Sudetendeutschen und der vorangegangenen Besetzung des Landes durch Nazi-Deutschland während des Zweiten Weltkriegs.
Das in einer Auflage von 25 200 Exemplaren gedruckte Buch, das in Bibliotheken und Schulen ausliegen und ins Deutsche übersetzt werden soll, war von einem tschechischen Historiker-Team als Reaktion auf den Streit um die Benes-Dekrete zusammengestellt worden. Es habe seitens der Regierung aber keinen Druck gegeben, Ereignisse in einer bestimmten Weise darzustellen, sagte der Historiker Vaclav Kural.
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Prager Intellektuelle demonstrieren gegen Ignoranz bei Behandlung von Verbrechen, die während der Vertreibung begangen wurden
Eine Gruppe Prager Intellektueller hat am Montagabend auf dem zentral gelegenen Wenzelsplatz gegen die Ignoranz demonstriert, mit der „die Verbrechen behandelt werden, die während der Vertreibung ehemaliger tschechoslowakischer Staatsbürger deutscher Nationalität aus Böhmen und Mähren begangen wurden“. Bei der etwa 30-minütigen Kundgebung verbrannte die Gruppe, darunter der Publizist Jiri Penas und der bekannte Schriftsteller Jachym Topol , auch ein Plakat mit der Aufschrift „Benes-Dekrete“. Mehrere Mitglieder der Prager Regierung hatten in den vergangenen Wochen betont, die damalige Vertreibung sei eine richtige Reaktion auf den Kriegsverlauf gewesen. Dagegen sehen Kritiker das Abschieben der deutschen Minderheit als Ausdruck einer Kollektivschuldthese.
(Diese Meldung wurde 2002-06-11 wiederholt)
===================mitgeteilt von Walter Mogk im Ostpreußen-Forum:=======================
“Sanktionen waren ein Heimzahlen für die Niederlage am Weißen Berg“
Tschechien-Österreich. Die gemeinsame Geschichte wird von Historikern unterschiedlich gewertet: Tschechen berufen sich auf die Zensur während des Kommunismus, Österreicher vermuten ein „Heimzahlen“ aus historischen Gründen.
VON GUDULA WALTERSKIRCHEN
FRATRES
. „In Tschechien ist erst seit 1989 eine Forschung ohne Behinderung möglich.“ Jiri Dvorak, Historiker an der südböhmischen Universität Budweis, erläutert die spezielle Problematik seiner Zunft. Während der kommunistischen Herrschaft sei kritische historische Forschung unterdrückt worden, die Forschungsergebnisse aus dieser Zeit daher heute wertlos. „Sie müssen uns Zeit geben“, appelliert Dvorak.
Der Grenzort Fratres, ein wenige Dutzend Einwohner zählendes Dorf im nördlichen Waldviertel, war am Samstag Schauplatz einer Diskussion zwischen jungen österreichischen und tschechischen Historikern über die gemeinsame Geschichte. Die Geschichtsbilder erwiesen sich dabei als sehr unterschiedlich, nicht nur im Hinblick auf die Nationalität des Betrachters, sondern auch bezogen auf den Zeitpunkt. Als Beispiel nennt Dvorak die in der tschechischen Geschichte zentrale Schlacht am Weißen Berg von 1620: Der Aufstand des böhmischen Adels wurde von den Habsburgern niedergeschlagen, ein Teil der Aufständischen hingerichtet. Noch heute nennt man die folgende Periode in Tschechien „Temno“, Zeit der Finsternis. Diese Niederlage sei zuerst als national tschechische, in der Zeit des Kommunismus jedoch zu einer Niederlage einer Klasse, eben des Adels, umgedeutet worden.
Wie diese weit zurückliegenden Ereignisse noch heute wirksam sind, erläutert Niklas Perzi von der Waldviertel Akademie. Für viele Tschechen sei die Niederlage von 1620 ein Motiv dafür gewesen, sich als einziges Land des ehemaligen Ostblocks den Sanktionen der EU-Länder gegen Österreich anzuschließen. „Es war eine Gelegenheit, Österreich diese Demütigung heimzuzahlen“, glaubt Perzi.
Die unterschiedliche Betrachtungsweise zeigt sich am deutlichsten in der jüngeren Vergangenheit, nämlich der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wir müssen in dieser Frage zwischen der wissenschaftlichen Ebene der Historiker und jener des normalen Bürgers unterscheiden“, so Historiker Dvorak. Auf wissenschaftlicher Ebene sei in Tschechien die Bewertung der Vertreibung zur Zeit in Aufarbeitung.
“Erstaunliche Wendung“
Hildegard Schmoller von der Uni Wien ortet in der Frage der Sudetendeutschen vom offiziellen Österreich eine „erstaunliche Kehrtwendung“: Österreich sehe sich heute als Schutzherr für die Rechte der Vertriebenen, während die erste Nachkriegsregierung unter Karl Renner die Vertriebenen am liebsten gleich wieder abgeschoben hätte.
Abseits der Uneinigkeit über die Geschichte dominiert in beiden Ländern aber das Unwissen. „Fragt man tschechische Schüler und Studenten, welche österreichische Persönlichkeiten aus der Gegenwart und Geschichte sie kennen, ist ihr Wissen sehr gering.“ Petra Psotková und Jana Sisaková, Geschichtestudentinnen an der Universität von Ostrau, haben eine repräsentative Umfrage unter jungen Tschechen gemacht. Am ehesten ein Begriff sind den jungen Leuten Arnold Schwarzenegger und Wolfgang Amadeus Mozart. Bei der Frage nach der Beliebtheit sind die Österreicher „eher beliebt“. „Je weiter die Befragten von der Grenze entfernt wohnen, desto beliebter sind die Österreicher.“ Auch wenn die Beliebtheitswerte in den letzten Jahren sanken, rangieren sie immer noch vor den Slowaken – und vor den Deutschen.
Quelle: Die Presse (Wien) vom 11.06.2002
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Vorstoß zu Benes-Dekreten
Schausberger will Beschluß der Landeshauptleute zur Aufhebung
SALZBURG (SN-w.sch).
“Aus menschlichen, moralischen und ethischen Gründen“ sollte Tschechien vor dem EU-Beitritt menschenrechtswidrige Benes-Dekrete aufheben. Darauf drängte Salzburgs Landeshauptmann Franz Schausberger (VP) im SN-Gespräch. Schausberger will in der Landeshauptleute-Konferenz, die morgen, Mittwoch, in Gmunden stattfindet, einen Beschluß der Länderchefs erreichen.
Die Bundesregierung soll ersucht werden, darauf hinzuwirken, „daß die Tschechische Republik noch vor ihrem EU-Beitritt das mit der Vertreibung der Deutschen und Ungarn nach Kriegsende begangene Unrecht einbekennt sowie durch einen formellen Beschluß des tschechischen Parlaments diskriminierende, auf dem Vorwurf der Kollektivschuld beruhende Verbrechen und Gräueltaten gegen Deutsche und Ungarn billigende Rechtsinstrumente aus dem tschechischen Rechtsbestand ex nunc entfernt“. Er gehe davon aus, daß alle Länderchefs dem zustimmen. „Es geht ja nur um fünf, sechs Dekrete von über 140“, die menschenrechtswidrig seien, keineswegs werde die Neugründung der Tschechoslowakei nach dem 2. Weltkrieg in Frage gestellt.
Kollektivschuld und Straffreiheit Knackpunkte
“Mit der Vertreibung der Deutschen und Ungarn aus der Tschechoslowakei mit dem Ende des 2. Weltkriegs wurde Unrecht begangen, das nicht durch die Aufrechnung mit den Untaten aus der Welt geschafft werden kann, die zuvor von Nazi-Deutschland gegenüber dem tschechoslowakischen Volk begangen wurden“, heißt es in Schausbergers Entwurf. Zum einen geht es um die Bestimmungen, die offen von einer Kollektivschuld aller Deutsch- und Ungarischsprachigen ausgehen und diese pauschal als „staatlich unzuverlässige Personen“ deklarieren – mit der Folge des Staatsbürgerschaftsverlustes und der Konfiskation des Eigentums. Zum anderen geht es um das Amnestiegesetz von 1946, das Straffreiheit „unter anderem auch für die nach dem Ende des Krieges gegen Deutsch- und Ungarischsprachige begangenen Verbrechen und Gräueltaten“ vorsieht.
Die Frage von Restitutionen will Schausberger „nicht damit verquicken“. Zur von der FPÖ immer wieder in den Raum gestellten Veto-Drohung meint der LH: „So weit will ich es gar nicht kommen lassen.“ Grundsätzlich schlägt Schausberger die Einsetzung einer internationalen Kommission vor, die sich mit den Benes-Dekreten beschäftigt. Als Koordinationsstelle könnte das Institut für Menschenrechtsfragen in Salzburg dienen.
Quelle: Salzburger Nachrichten vom 11.06.2002
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LH-Konferenz gegen Dekrete
Der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger strebt bei der morgigen Landeshauptleute-Konferenz einen Beschluß an, in dem vom tschechischen Parlament die Aufhebung der Benes-Dekrete gefordert wird. Die Tschechische Republik solle noch vor ihrem EU-Beitritt das mit der Vertreibung der Deutschen und Ungarn nach Kriegsende begangene Unrecht einbekennen sowie durch einen formellen Beschluß diskriminierende, auf dem Vorwurf der Kollektivschuld beruhende und Verbrechen und Gräueltaten gegen Deutsche und Ungarn billigende Rechtsinstrumente aus dem Rechtsbestand entfernen, heißt es in Schausbergers Entwurf. Der Landeschef kann sich auch die Einsetzung einer internationalen Kommission zur Versachlichung der Debatte über die Dekrete vorstellen.
Quelle: Oberösterreichische Nachrichten vom 11.06.2002
===================Radio Prag 2002-06-12====================
Mlynar: Zeman und Klaus in Frage Beneš-Dekrete unverantwortlich
Das Verhalten des tschechischen Premiers Milos Zeman und des Parlamentschefs Vaclav Klaus in der Frage der sog. Benes-Dekrete ist dem Abgeordneten der Koalition, Vladimir Mlynar, zufolge unverantwortlich. In einem Gespräch für die Mittwochausgabe der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ bezeichnet der Koalitionsabgeordnete zudem die Verschlechterung der Beziehungen mit Österreich als den größten Fehler der derzeitigen Regierung in den letzten vier Jahren.
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Schloß Opocno an Adelsfamilie Colloredo-Mansfeld zurück
Das Bezirksgericht in Rychnov nad Kneznou hat am Mittwoch über die Rückgabe des Renaissanceschlosses in Opocno an die Nachfolge der Adelsfamilie Colloredo-Mansfeld beschlossen. Cristina Colloredo-Mansfeld fordert die Rückgabe des Schlosses und der umliegenden Gebäude bereits seit 7 Jahren. Das Schloß wird derzeit vom Denkmalinstitut in Pardubice verwaltet. Der Gerichtsbeschluß ist noch nicht rechtskräftig, das Denkmalinstitut wird wahrscheinlich Berufung einlegen.
==============Radio Prag 2002-06-14======================
Europaparlament: Emotionen um Benes-Dekrete werden sich nach Wahlen beruhigen
Die Debatte über die Benes-Dekrete und deren eventuellen Einfluß auf den EU-Beitritt Tschechiens war in der Tschechischen Republik auch aus dem Grund so emotional, daß sie sich vor den Wahlen abspielte.
Diese Meinung brachten einige Abgeordnete des Europaparlaments zum Ausdruck. Sie wünschen sich einen bedeutend nüchterneren, sachlicheren und ruhigeren Meinungsaustausch nach den Wahlen. Der österreichische Abgeordnete Johannes Swoboda, Vizechef der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, erklärte am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, daß bestimmte Gegenangriffe tschechischer Politiker keinen Nutzen gebracht haben. Es sei jedoch – so Swoboda – klar, wenn ein Nationalist auf einer Seite Argumente vorbringe, meldet sich auch ein Nationalist auf der anderen Seite, insbesondere vor den Wahlen.
==============Radio Prag 2002-06-24=======================
Umfrage zu Beneš-Dekreten
Drei Viertel der Tschechen vertreten die Ansicht, daß die aus den sogenannten Benes-Dekreten herrührenden Verordnungen weiterhin gelten sollten. Dies geht aus einer im Mai vom Prager Zentrum für Meinungsforschung durchgeführten Umfrage hervor. Ein Viertel der Befragten hatte keine Meinung dazu, ob die Benes-Dekrete, auf deren Grundlage die ca. 3 Millionen zählende sudentendeutsche Minderheit nach dem 2.Weltkrieg aus der Tschechoslowakei ausgesiedelt worden war, rechtsgültig bleiben oder abgeschafft werden sollten. Vier Prozent setzten sich für die Aufhebung dieser Rechtsnormen ein. Aus der Umfrage geht ebenfalls hervor, daß etwa zwei Drittel der Tschechen die Vertreibung der Sudetendeutschen für gerechtfertigt halten, 22 Prozent wiederum befürworten die entgegengesetzte Position.
==============Radio Prag 2002-06-25======================
Havel unterzeichnet Gesetz zur Übertragung von Staatsvermögen an Gemeinden und Bürgervereinigungen
Staatsvermögen im Wert von mehreren Milliarden Kronen wird ab Anfang nächsten Jahres an Gemeinden, Kreise und Bürgervereinigungen übergehen. Die Übertragung dieses Vermögens von den in Auflösung begriffenen Bezirksämtern wird durch ein Gesetz ermöglicht, das am Dienstag Präsident Vaclav Havel trotz einiger Vorbehalte unterschrieben hat. Er habe jedoch die Regierung aufgefordert, einige Unklarheiten aus dem Gesetz zu beseitigen, sagte Präsidentensprecher Ladislav Spacek. Vor allem halte er es nicht für günstig, das Vermögen direkt an Bürgervereinigungen zu übertragen, ohne in Betracht zu ziehen, in welchem Maße diese etwa gemeinnützig seien, schrieb Havel in einem Brief an Premier Milos Zeman.
==============Walter Mogk im Ostpreußen-Forum===============
Nichts verloren
bko.
Die Vertreibung der Deutschen aus Polen könne nicht mit der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei gleichgesetzt werden, hat der polnische Ministerpräsident Miller behauptet, nachdem Kanzlerkandidat Stoiber nicht nur die Aufhebung der Beneš-Dekrete, sondern auch die Streichung der Bierut-Dekrete gefordert hatte. Tatsächlich gab es historische Unterschiede; keiner konnte jedoch das Unrecht der Vertreibung in Recht verwandeln. Polen und Tschechen trennt allerdings, wie sie im sechsten Jahrzehnt nach Kriegsende mit dem Thema umgehen. Es waren ein Prager Regierungschef und sein designierter Nachfolger, die sich in einer Weise zur Vertreibung bekannten, die weit über den Kreis der Vertriebenen hinaus Empörung und Unverständnis hervorgerufen hat. Das Echo bekommt nun auch Warschau zu hören, das sich bisher sorgsam heraushielt aus der deutsch-tschechischen Debatte. Auch den Polen, die sich schon länger kritisch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen als die Nachbarn im Süden, muß man freilich verdeutlichen, warum auch ein Innenminister Schily die Aufhebung der Vertreibungsdekrete fordert – nicht weil er mit Stoiber nachträglich den Zweiten Weltkrieg gewinnen wollte, sondern weil der Geist dieser Dekrete im Europa des 21. Jahrhunderts nichts verloren hat.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2002, Nr. 144 / Seite 12
=================Radio Prag 2002-07-02=========================
Bernatice (Kreis Jesenik) ernennt vertriebenen Deutschen zum Ehrenbürger
Ist das Barzdorf, Bezirk Freiwaldau, Gerichtsbezirk Jauernig? ML
Der Magistrat der Stadt Bernatice im schlesischen Kreis Jesenik hat erstmals einem Sudetendeutschen die Ehrenbürgerwürde verliehen. Der im Alter von zwei Jahren aus dem Ort vertriebene Heinz Goebel, der heute in der Partnerstadt Dierdorf in Rheinland-Pfalz als stellvertretender Bürgermeister tätig ist, werde für seinen langjährigen Beitrag zur bilateralen Versöhnung ausgezeichnet, sagte Bürgermeister Mojmir Michalek am Dienstag „Man braucht als tschechischer Ort einigen Mut,  um einem Vertriebenen die Ehrenbürgerwürde  zu verleihen“, sagte Goebel.
Unterdessen sprach sich der tschechische Botschafter in Wien, Jiri Grusa, für eine selbstkritische Sicht der Vertreibung aus. „Die Aussiedlung aufgrund der Benes-Dekrete ist juristisch, aber nicht moralisch abgeschlossen“, sagte der Schriftsteller während einer Veranstaltung in Brno (Brünn). Tschechien müsse den Mut für die Aussage finden, „daß uns etwas nicht gelungen ist und wir uns dafür schämen“, forderte Grusa.
Frage: Was, meint Herr Grusa, sei „uns nicht gelungen“?? ML 2002-07-02
=================Radio Prag 2002-07-03=========================
Tumulte im Prager Senat um Orden für Beneš – Havel muß entscheiden
In einer tumultartigen Sitzung hat der Senat in Prag am Mittwoch mit hauchdünner Mehrheit den ehemaligen tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš als posthumen Empfänger für den tschechischen Masaryk-Orden vorgeschlagen. Die Entscheidung über die Verleihung, die jährlich am tschechischen Nationalfeiertag am 28. Oktober stattfindet, muß Präsident Vaclav Havel fällen. Die Kanzlei des Präsidenten wollte sich am Mittwoch nicht äußern, ob Havel der Verleihung zustimmt. Der Präsident hatte mehrfach am Sinn einer solchen posthumen Auszeichnung gezweifelt. Die Verdienste von Beneš sind vor allem wegen der nach ihm benannten Nachkriegs-Dekrete sehr umstritten.
=================Radio Prag 2002-07-07=========================
Svoboda: Das neue Kabinett wird Frage der Beneš-Dekrete nicht öffnen
Der Vorsitzende der Christdemokraten Cyril Svoboda,  mit dem aller Wahrscheinlichkeit nach für den Außenministerposten in der neuen Regierung gerechnet wird, besteht darauf, daß das neue Kabinett die Frage der sogenannten Beneš-Dekrete nicht öffnen wird. Dies erklärte Svoboda in einer am Sonntag vom privaten tschechischen TV-Sender Nova ausgestrahlten Debatte.
Die Dekrete seien – so Svoboda – Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung. Rechtsverhältnisse, die sich auf die Dekrete stützen, bleiben unverändert und werden auch künftig nicht geändert werden, sagte Svoboda.
=================Radio Prag 2002-07-10========================
Tschechoslowakei erwog 1947 Vertuschung von Massakern an Deutschen
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg haben hohe Funktionäre der Tschechoslowakei versucht, Beweise für Massaker während der Vertreibung der deutschen Minderheit zu vernichten. Die Dokumente aus dem Jahr 1947 seien von dem Prager Historiker Frantisek Hanzlik im Militärmuseum entdeckt worden, berichtete die tschechische Zeitung Mlada fronta Dnes am Mittwoch. Die damalige Regierung habe einen internationalen Imageverlust befürchtet, sollten die unter anderem an Kindern begangenen Exzesse bekannt werden.
=================mitgeteilt von Walter Mogk (Ostpreußen-Forum)===========
Neue Töne aus Tschechien
Premier Vladimir Spidla will untersuchen lassen, ob bei Vertreibung der Sudeten Verbrechen begangen wurden
PRAG dpa
• Der neue tschechische Ministerpräsident Vladimir Spidla hat sich für eine Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgesprochen, falls diese an Sudetendeutschen während der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg begangen wurden. Diese Taten seien nicht durch das Amnestiegesetz von 1946 gedeckt, sagte der Sozialdemokrat gestern.
Sollte es Hinweise auf solche Taten geben, müßten sie untersucht werden, sagte er. Dies sei aber eine juristische und keine politische Entscheidung. Spidla war am Freitag vereidigt worden.
Das umstrittene Amnestiegesetz war am 8. Mai 1946 von der Prager Nationalversammlung erlassen worden. Mit ihm werden grundsätzlich Täter von Strafe freigestellt, die zwischen dem 30. September 1938 und 28. Oktober 1945 solche „Handlungen begangen haben, die einen Beitrag zur Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zum Ziel hatten“.
Quelle: Die Tageszeitung (Berlin) vom 15.07.2002
==============Radio Prag 2002-07-19===========
Zwei Skindheads angeklagt
Die Polizei im nordböhmischen Chomutov (Komotau) hat zwei junge Männer wegen Aufhetzung zum nationalen und Rassenhaß angeklagt. Die beiden haben im Mai 2002 Flugblätter ausgehängt, in denen die Rückgabe des Sudetenlandes an Deutschland verlangt wurde. Wie ein Polizeisprecher am Freitag informierte, sind die Angeklagten Anhänger der Skinheadbewegung.
===============Radio Prag 2002-07-29==============
Kommunistischer Premier Gottwald wollte 1947 Massaker an Deutschen vertuschen
Der ehemalige kommunistische Regierungschef der Tschechoslowakei, Klement Gottwald, hat nach 1947 die Aufklärung eines Massakers an Sudetendeutschen massiv zu behindern versucht. Darüber informierte die Tageszeitung Mladá fronta Dnes in ihrer Montagsausgabe. Gottwald, der von 1948 bis 1953 Staatspräsident war, habe in einem jetzt gefundenen Brief eine behördliche Kommission aufgefordert, den gewaltsamen Tod von mehreren hundert Sudetendeutschen im Juni 1945 in Postoloprty (Postelberg) „aus Staatsinteresse nicht genau zu untersuchen“, sagte ein Polizeisprecher der Zeitung. Auch andere kommunistische Politiker der Nachkriegs-Tschechoslowakei seien bemüht gewesen, Beweise für Exzesse gegenüber der deutschen Minderheit verschwinden zu lassen.
====================Radio Prag 2002-08-25=====================
Außenminister Cyril Svoboda will einen neuen Beginn in den tschechisch-österreichischen Beziehungen
Der tschechische Außenminister Cyril Svoboda glaubt an einen „neuen Beginn“ in den bilateralen Beziehungen zwischen Tschechien und Österreich. Er brachte seine Hoffnung vor dem Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin Benita Ferrero-Waldner zu Austruck, das am Rande des Europäischen Forums in Alpbach am Sonntag stattfand. Die tschechische Seite wolle offensiver als bisher an das Verhältnis mit Österreich herangehen und neue Akzente legen. Die Reduktion der bilateralen Beziehungen auf das Atomkraftwerk Temelin und die Nachkriegsdekrete bezeichnete Svoboda als einen Fehler. Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Europa-Parlament Elmar Brok forderte Tschechien aus Alpbach in einem Gespräch für die Agentur APA auf, eine Geste gegenüber Deutschland und Österreich im Streit um die Beneš-Dekrete zu tun.
====================Radio Prag 2002-08-29=====================
Prag lehnt Zahlung an Vertriebene mit Verweis auf Expertise ab
Tschechien hat Entschädigungsforderungen von Seiten der Sudetendeutschen mit dem Verweis auf eine neue Expertise abgelehnt. Das Dokument des Außenministeriums zeige nach zweijährigen Untersuchungen, daß solche Forderungen nicht isoliert von einer neuen Diskussion über Nachkriegs-Reparationen gesehen werden könnten, berichtete die Prager Tageszeitung „Pravo“ in ihrer Donnerstagausgabe. Bereits während einer Konferenz in Paris im Dezember 1945 sei die Frage einer möglichen Entschädigung der Vertriebenen erörtert worden, zitierte das Blatt aus dem Papier. Die Prager Nachkriegsregierung habe damals mit Einverständnis der Alliierten erwogen, für mögliche Zahlungen an Sudetendeutsche zwei tschechoslowakische Konten bei der Reichsbank zu verwenden. Die rund 73 Milliarden Kronen seien aber später in das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland übergegangen, hieß es.
====================Radio Prag 2002-09-03==================
Dänemark: Beneš-Dekrete sind kein Thema der Beitrittsverhandlungen
Die Nachkriegsdekrete des tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš stellen keinen Bestandteil der Beitrittsgespräche zwischen Tschechien und der EU dar. Ähnlich wie andere Themen, die nicht in die Verhandlungen gehören, müssen diese im Falle des Interesses einiger Länder bilateral und unabhängig vom Beitrittsprozeß behandelt werden. In Wien erklärte dies am Montagabend der dänische Botschafter Torben Mailand Christensen, dessen Land derzeit der EU vorsitzt. Er reagierte damit auf Versuche einiger politischer Kräfte in Österreich, die Aufhebung der Dekrete zur Bedingung des EU-Beitritts Tschechiens zu machen.
====================Radio Prag 2002-11-26=============================
Tschechische Abgeordnete diskutierten in Brüssel über EU-Beitrittsfragen
Landwirtschaftliche Fragen, aber auch fehlende Sitze für die Tschechische Republik im Europa-Parlament nach einem erfolgten EU-Beitritt standen im Vordergrund der Gespräche, die eine Abordnung tschechischer Parlamentarier am Dienstag mit Vertretern des Europa-Parlaments in Brüssel geführt hat. Wie der ODS-Abgeordnete Václav Klaus nach dem Treffen verlautbarte, sei die Debatte über Direktzahlungen der EU an die Landwirte sehr kurzsichtig angelegt, da für die Landwirte die Regelungen bei den einzuhaltenden Produktionsquoten von größerer Bedeutung seien. Neben diesen Punkten kam es auch zu einer stürmischen Debatte über die so genannten Beneš-Dekrete bei der Begegnung der tschechischen mit den europäischen Abgeordneten in Brüssel. Václav Klaus sprach sich dabei gegen die Vorstellung aus, daß ein „leutseliges Wort“ in den parlamentarischen Resolutionen „die neue Fiktion schaffe“, damit die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verbundenen Wunden glätten zu können.