Trutzhain bei Ziegenhain (Schwalmstadt) in Nordhessen.

Zuerst Lager, dann ein Dorf.

Wo heute Trutzhain liegt, befand sich zur Zeit des Zweiten Weltkrieges ein Gefangenenlager. Daran erinnert das „Museum für den Frieden“.

Zu einer Reise in die Vergangenheit lädt das „Museum für den Frieden“ in Trutzhain ein. Die Geschichte des zu Schwalmstadt gehörenden Ortes wird hier mit zahlreichen Fotos, Schriftstücken, und Originalgegenständen aus der Zeit des Zweiten Weltgkrieges nachvollzogen. Die vier Räume, in denen das Museum untergebracht ist, befinden sich in dem Kindergarten – die Vergangenheit und die Zukunft treffen sich.
Das Gefangenenlager, das kein Strafgefangenen-, sondern ien Durchgangslager für Mannschaften und Unteroffiziere war, wurde 1939 auf einer Viehweide errichtet. Zunächst bestanbd es aus Zelten, die mit Stacheldraht umzogen waren. Später baute man Holz- und Betonbaracken. Am 30. März 1945 wurde STALAG IX A von den Amerikanern befreit. An dem Tag befanden sich noch etwa 3700 Westalliierte und 1000 sowjetische Kriegsgefangene im Lager. Nach einer vollständigen Räumungj Ende 1947 siedelten sich 1948 die ersten Flüchtlinge aus den Ostgebieten an. 1951 wurde aus dem Lager ein Dorf: Trutzhain.

Die Exponate des Museums stammen fast alle von ehemaligen Kriegsgefangenen aus Frankeich, die zwischen 1940 und 1945 im Stammlager IX A inhaftiert waren. 1970 nahm die Kyffhäuser-Kameradschaft Kontakt auf zu den „Les ancien du STALAG IX A“ und konnte sie überreden, sich von ihren Erinnerungsstücken zu trennen. Außerdem sammelten der Museumsleiter Horst Munk und Herbert Heidenreich Dokumente, Fotos und Landkarten von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, die im Frühjahr 1948 das ehemalige Lager besiedelten.

Seit 1983
Mit diesen Materialien und Gegenständen eröffnete das Trutzhainer Friedensmuseum am 19. Juni 1983 seine Pforten. Anfangs bestand es nur aus einem Raum. Heute plant man den Umzug in ein größeres Gebäude, weil die kleinen Räume insbesondere für Gruppen nicht viel Platz bieten.
Fotos, Grundrisse von Wachtürmen und Baracken und Zeittafeln zur Entwicklung des Dorfes befinden sich im Museum für den Frieden. Ein weiterer Teil der Ausstellung ist der deutsch-französischen Freundschaft gewidmet. So findet man im ersten Raum zahlreiche Bilder von Freundschaftstreffen der vergangenen 20 Jahre, französische Reiseberichte und Postkarten von dem berühmtesten Kriegsgefangenen: Francois Mitterand.
Über den kleinen Flur, in dem man Bücher und anderes Schriftmaterial zum Thema findet, gelangt man in den nächsten Raum. Dort richten sich die Augen des Besuchers auf diverse Gegenstände aus den Kriegsjahren. Da wäre zunächst einmal die zerbrochene Porzellanschüssel, die ein Gefangener allein mit Hilfe von Draht wieder zusammenfügte. Schließlich wollte er ja nicht, daß die Suppe herausläuft. In ihrer Freizeit stellten die Insassen Spielzeug, Figuren und reich verzierte Kästchen aus Nußbaum, Stroh und Sperrholz her. Sie erhofften sich dadurch eine Verbesserung ihrer Lage, da sie die Gegenstände gegen Zigaretten, zusätzliche Hygieneartikel, Kleidung und Verpflegung eintauschen konnten.
In den nächsten Räumen wird wird neben weiteren persönlichen Erinnerungsstücken auch Munks Heimat Ostpreußen präsentiert. Im gleichen Maße sehenswert ist das alte Uhrwerk aus dem Hauptturm des Gefangenenlagers, das alle 24 Stunden aufgezogen werden mußte.
Das Museum ist jeden Sonntag von 11 bis 13 Uhr geöffnet. Ansonsten kann man es anch Absprache mit Horst Munk unter Nummer 06691-6161 besichtigen. Der Eintritt ist frei, aber „für eine Spende sind wir jederzeit dankbar“ so Munk.
Wer das Friedensmuseum gesehen hat, kann sich auch auf den Weg machen zu der Gedenkstätte auf dem Gemeindefriedhof und zur Kriegsgräberstätte im nahen Kreiswald. Auch der Gang durch den Ort Trutzhain selbst lohnt sich. Dort befinden sich noch zahlreiche Überbleibsel des ehemaligen Lagers. Die ehemaligen Baracken stehen unter Denkmalschutz. (bf)

(Entnommen aus der „Sonntagszeit“ der HNA Nr. 38 Seite 5, 2000-09-17)

Anmerkung:
Am 30. März (Ziegenhain) und 1. April (Fritzlar) 1945 war hier das Schießen und Bomben zu Ende. 14 Tage später erst verließen meine Eltern mit 2 ½ Kindern und einigen Koffern und Säcken die zur Festung erklärte Landeshauptstadt Brünn. Der Schrecken in Brünn tobte nochmals 6 Wochen später -- da lag Hessen schon in tiefer Ruhe!
                                                                                            ML  2000-09-17

Ergänzung 2004-10-03, ebenfalls aus der HNA-„Sonntagszeit“ Nr. 39 Seite SZ-HS1:

Gedenkstätte Trutzhain sucht Zeitzeugen.
Schwalmstadt
Gedenkstätte und Museum Trutzhain suchen nach Augenzeugen, Dokumenten, Fotos oder Familienangehörigen ehemaliger Lagerbewohner des DP-Camps 95-433 Ziegenhain.
In Trutzhain war 1939 das größte Kriegsgefangenenlager auf hessischem Boden errichtet worden. Nach Auflösung durch die US-Streitkräfte wurden in Trutzhain hochrangige Nazis und SS-Angehörige interniert.
Nach Pogromen an Juden in Polen kam es 1947 zu einer Flüchtlingswelle.
Trutzhain wurde zur Notunterkunft und zum Lager umfunktioniert, nach 1948 wurden hier deutsche Ostvertriebene vorübergehend untergebracht.
(THR)
Gedenkstätte Trutzhain, Ruf 06691-710662 (Waltrau Burger). *www.gedenkstaette-trutzhain.de