Prostitution
Kampf gegen den Kindermißbrauch
Prag

Offiziell heißt die Schnellstraße von Prag nach Dresden "E55", doch kennt der tschechische Volksmund treffendere Namen: "Straße der Schande" oder "Längster Strich der Welt". An den Serpentinen vor der Grenze boomt seit 1989 das Geschäft mit dem Sex.
Immer öfter knüpfen Freier aus Sachsen und Bayern hier Kontakt mit minderjährigen Prostituierten. Nach Beginn einer Flugblattaktion in Deutschland will Tschechien dem Schmutzigen Geschäft jetzt mit einem "Nationalen Plan" stärker als bisher einen Riegel vorschieben.
Kinderprostitution und Mißbrauch durch deutsche Täter seien in den Grenzgebieten seit 1996 stark gestiegen, bilanzierte das Bundesinnenministerium. Genaue Statistiken liegen nicht vor, da die Dunkelziffer hoch ist und es selten zur Anzeige kommt. 
Um da zumndest teilweise Abhilfe zu schaffen, gibt es an acht deutsch-tschechischen Übergängen eine Aufklärungsaktion für Reisende: Die Grenzpolizei verteilt Flugblätter mit dem Aufruf, "Verdächtiges" umgehend zu melden.

Kampagne auch Gefahr
Tschechische Experten begrüßen diese Aktion nicht uneingeschränkt. Der Leiter der Polizeidirektion im Grenzkreis Usti nad Labem (Aussig), Oberst Jiri Voralek, sieht im wahllosen Verteilen eine mögliche Gefahr: die Kampagne mache erst viele Sextouristen auf dieses "Angebot" aufmerksam.
Mit dem Regierungsplan will Prag auch dem Eindruck vorbeugen, man tue im Land zu wenig gegen das weltweite Problem. In diesem Sinne kann Oberst Voralek auch der Flugblattaktion etwas abgewinnen: "Egal, welche Schritte man bei Kindesmißbrauch unternimmt – das Wichtigste ist, man tut überhaupt etwas gegen dieses schmutzige Geschäft."
                    Georg Pacurar (dpa) Nach HNA 216 FH S. 43, 2000-09-16