Priloha

k tesnopisecke zprave o 197. schuzi senatu Narodniho shromazdeni republiky Ceskoslovenske v Praze ve ctvrtek dne 23. unora 1933.

Anlage zur stenographischen Aufzeichnung der Nationalversammlung der Tschechoslowakischen Republik in Prag

 am Donnerstag den 23. Februar 1933

1.
Rec sen. dr. Feierfeila (viz tesnopisecka zprava)
Ansprache Senator Dr. Feierfeil (siehe stenographische Aufzeichnung):

Hoher Senat!
Man hört und liest sehr oft, der Senat wäre überflüssig, manche sagen, er wäre bedeutungslos. An dieses Wort muß man gerade bei der Behandlung des Staatsvoranschlags denken. Ist es schon drüben im Abgeordnetenhause der Fall, daß die einmal gedruckte Ziffer des Voranschlages etwas Unabänderliches bedeutet, daß mithin alles Reden bei der Voranschlagsbehandlung nichts anderes bedeutet als so ein Hinausreden zum Fenster, so ist es einfach ganz undenkbar, daß, nachdem dieser Voranschlag die Debatte im Abgeordnetenhause überstanden hat, also in seiner Unveränderlichkeit bereits das Placet der dortigen Majorität erhalten hat, er im Senate eine Änderung erfahren könnte. Es wäre direkt unerhört und unfaßbar, daran auch nur denken zu können. Daraus folgt aber, es ist mit einer gewissen Überwindung verbunden, hier zum Staatsvoranschlage zu reden. Wir haben übrigens schon erklärt, daß wir für dieses Budget keine Verantwortung übernehmen, wir lehnen es in seiner Gänze ab. Ich möchte jetzt nur zu den eben zur Verhandlung stehenden Budgetkapiteln sagen, daß wir sie besonders ablehnen. Wir wollen damit unseren Unwillen aussprechen über die Art und Weise, in der gewisse kulturell und weltanschaulich bedeutsame Sachen im Justiz- und im Schulministerium angekündigt werden. Immer wieder leuchtet aus der Art der Behandlung dieser Fragen mehr oder weniger kulturkämpferischer Geist hervor. Und wir sagen: Jetzt ist in der Cechoslovakei dazu wohl am allerwenigsten Ursache und Anlaß.

Das Wirtschaftselend, in dem wir stehen, das aber anscheinend noch nicht seinen Höhe- oder seinen Tiefpunkt erreicht hat, ist erschütternd. Wir haben heute im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung des Staates schon mehr Arbeitslose, die auf die Hungerunterstützung des Staates und der Privaten angewiesen sind, als Deutschland. Die Verschuldung der Landwirtschaft, eben falls wieder verhältnismäßig genommen, ist größer als die in Deutschland, und doch sagt man dort, es sei bereits unerträglich. Unser deutsches Grenzgebiet ist stellenweise bis zu 70% der Bewohnerschaft ein derartiges Hunger- und Elendsgebiet geworden, daß die Geduld der Leute dort anzustaunen ist, mit der sie die Sachen ertragen. Ich denke da ganz besonders an gewisse Teile des Erzgebirges und des Böhmerwaldes, die mir persönlich bekannt sind. (Zwischenrufe) In anderen Gebieten ist es nicht anders. Unsere Jugend – das ist vielleicht das Allerhärteste – ob die studierende oder die werktätige Jugend, ist zum allergrößten Teile geradezu der Verzweiflung ausgeliefert.

Man sollte nun also meinen, daß alle Kraft und Weisheit der Regierung jetzt dahin gehen müßten, dieses Elend zu lindern, Mittel und Wege, aus der Not herauszukommen, zu finden. Ich will nicht leugnen, daß auch Versuche gemacht werden. Ich anerkenne die gutgemeinte Tätigkeit des Ministers Dr. Czech. Aber alle diese Versuche reichen nicht aus. Das Elend ist gerade in den letzten Wochen nur noch größer geworden. Wir haben den Tiefpunkt noch nicht erreicht. Und trotzdem, in diese Zeit wird so etwas wie Kulturkampf hineingetragen! „Brot und Arbeit!“ rufen Hunderttausende, und die Antwort, wenigstens nach einer Seite hin: Wir bieten euch die Zwangszivilehe, den Sturz des § 144, die Schulen werden weitergeführt werden bis zur vollen Laisierung, unter der Parole „Vereinheitlichung des Unterrichtes“ bis zum völligen Hinauswurf des religiösen Gedankens. Man muß fast auf den Gedanken kommen, als erfolge das alles mit Absicht, als ob man den Ruf der Hunderttausende nach Brot und Arbeit ablenken wolle. Ich weiß, daß man sagt – und auch der Herr Schulminister hat das besonders betont – daß hinter all diesen Sachen nichts Kulturkämpferisches stehe.

Aber was soll man zur Ankündigung der Torlage über die Einführung der Zwangszivilehe sagen? Einem Brautpaar, das sich heute nicht in der Kirche trauen lassen will, steht heute der Weg zur Zivilehe vollständig frei. Wozu ein Zwang gegenüber jenen Massen, die, obzwar ihnen der Weg zur Zivileheschließung bei der Bezirkshauptmannschaft offensteht, dennoch die kirchliche Eheschließung wollen, also Zwang, daß auch diese die Zivileheschließung wünschen sollen? Da kann man auf keine andere Antwort kommen, als daß noch Kulturkampfstimmung in unser soziales Elend hineingetragen werde. Auch in der angekündigten Vorlage auf Lockerung des § 144 ist Kulturkampfstimmung. Abgesehen davon, daß die letzte Volkszählung in unserem sudetendeutschen Lager, aber auch im cechischen Lager in Böhmen sehr zu denken geben sollte, daß dadurch vielleicht ein Zustand hinsichtlich des Volksnachwuchses gesetzlich festgelegt werden könnte, der in seiner Auswirkung die ungehinderte Vergreisung, ja das Sterben der Nationen einleitet.

Kulturkampfstimmung! Ebenso ist es mit dem zur offenen Aussprache gestellten Entwurf des Schulministeriums über die Schulverwaltung und Schulerhaltung. Ich möchte einfügen, ich war etwas angenehm überrascht darüber. Denn bisher sind die einschneidendsten Schulbestimmungen einfach auf dem Verordnungswege erflossen, von Haberman bis jetzt, im Zeitalter der Demokratie. Aber ich kann mir nicht helfen, ich sehe auch in diesem Entwurfe, wenn man alle seine diesbezüglichen Paragraphen durchgeht, kulturkämpferischen Geist aufleuchten, auch wenn gesagt wird, er sei nicht gewollt.

Bevor ich diesen Gedanken weiter ausführe, sei mir eine kleine Abschweifung gestattet. Eine Hauptursache unseres wirtschaftlichen Elends, das ich kurz gestreift habe, ist ganz bestimmt – es haben das schon so viele gesagt – unsere außenpolitische Führung. Da möchte ich auf das so groß und siegreich aufgemachte Ereignis der letzten Tage in unserer Außenpolitik hinweisen. Es mag ja sein, es habe den Zweck, ein bißchen abzulenken von der Schuld der Außenpolitik an unserem wirtschaftlichen Elend. Die Sache wird als ein Sieg derart aufgemacht, daß man darüber den Ruf „Brot und Arbeit“, der hunderttausendfach erschallt, nicht deutlicher vernehme. Ich meine, den durch Außenminister Beneš zustandegebrachten neuen Dreibund. Die Kleine Entente hat sich zum politisch-militärischen Dreibund ausgestaltet, es soll sogar ein einziges Zollgebiet werden. Man denkt dabei sofort an die Entfachung des europäischen Widerstandes gegen den Zollunionsplan Deutschland-Österreich durch Dr. Beneš, ohne daß man darüber etwas weiteres sagen muß. Diese neue Kleine Entente wird von nun an eine europäische Großmacht darstellen.

In wirtschaftlicher Hinsicht wird sich durch diesen neuen Dreibund bei uns nichts bessern, das kann man heute schon sagen. Die zwei Staaten, mit denen die Cechoslovakei den neuen Dreibund eingegangen ist, stellen keine wirtschaftliche Ergänzung für uns dar. Die Cechoslovakei hängt wirtschaftlich in allererster Linie mit Deutschland, Österreich und Ungarn zusammen. Die Statistik über Export und Import oder über den Fremdenverkehr oder über den Besuch unserer Weltbäder und deren wirtschaftliche Auswirkungen und hunderterlei anderes beweist das immer wieder. Daraus würde zwangläufig folgen, daß die Rucksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse im eigenen Lande eine freundschaftliche wirtschaftliche Einstellung zu diesen drei Staaten zur Voraussetzung hat, und eine Voraussetzung für eine freundschaftliche wirtschaftliche Einstellung ist wiederum eine freundschaftliche politische Einstellung. Weil der Minister des Äußern aber der getreueste Gefolgsmann Frankreichs ist und weil bei ihm auch eine persönliche Abneigung gegen diese drei Staaten besteht, ist es bisher nicht dazu gekommen, und es soll auch nicht dazu kommen. Die Außenpolitik des Dr. Beneš war von allem Anfang an unfreundlich gegenüber diesen drei Staaten, gegenüber Österreich oft unfreundlich bis zur Demütigung. Das letze Ereignis in dieser Linie ist die viel aufgebauschte Hirtenberger-Affäre. Das war so eine rechte Ergänzung. Die Note, die Frankreich und England auf die Hetzereien der Cechoslovakei hin nach Österreich gerichtet haben, ist recht bezeichnend. Vielleicht sollte sie gar nicht veröffentlicht werden, scheinbar ist sie aber durch Italien an die Öffentlichkeit gekommen. Sie ist dem Tone nach so beschämend und unerhört für Österreich, daß man sich wundern muß, daß heute noch so eine Note im diplomatischen Verkehr möglich ist. Andererseits ist es beschämend für diese zwei großen Staaten, daß sie durch die Hetze der Cechoslovakei so hineingefallen sind, und sie rücken jetzt auch offenkundig davon ab.

Die Haltung der Cechoslovakei gegenüber Österreich war unfreundlich bis zum Exzeß, sie war aber auch unfreundlich gegenüber Ungarn. Das ist eine zusammenhängende Kette von allem Anfang an. Und gegenüber Deutschland? Ich habe eine Zeitung vor mir, die eine Stelle aus einem Aufsatz in der „Prager Rundschau“ vom Außenminister Dr. Beneš bringt, der ist derart säbelrasselnd gegen Deutschland gehalten, daß man ihn nur mit Empörung lesen kann. Es wird sogar der kommende Kriegsschauplatz genannt, der unser sudetendeutsches Gebiet sein soll. Abgesehen von der konsequenten Unfreundlichkeit gegen Deutschland, die hier auf die Spitze getrieben ist, protestieren wir gegen ein solches Säbelrasseln des Außenministers. Übrigens ist vorderhand noch nicht zu sehen, wie groß diese Großmacht des neuen Dreibundes wirklich sein wird. In den beiden Staaten dort unten ist seit Jahr und Tag ein politisches Chaos. Man wäre versucht, dies etwas weiter auszuführen, aber man soll sich nicht in die Verhältnisse fremder Staaten einmischen, Rumäniens, sowohl wie Jugoslawiens. In letzterem Lande speziell ist eine Stimmung der Kroaten gegen die Serben, die gar nicht mehr weit vom Auseinandergehen ist. Eines freilich kann dies für uns zur Folge haben: Niemand weiß, wie das Verhältnis Italiens zu Jugoslawien noch ausgehen wird; der neue Dreibund hat für uns die Gefahr geschaffen, daß unsere Soldaten aus dem Sudetengebiet dort unten zum Kanonenfutter werden können. Wir warnen schon jetzt davor. Die Wirtschaftsnot hatte vielleicht zwangsweise dazu geführt, so etwas wie eine Revision in der Außenpolitik der drei genannten Staaten vorzunehmen, aber gerade dazu wird es nicht kommen, und nun wurde diese Siegeserscheinung, der neue Dreibund, geschaffen, damit sich vielleicht mancher dadurch täuschen lasse, als würde nicht der tausendfache Ruf nach Brot und Arbeit bestehen.

Um jetzt noch einmal auf die Schulverwaltungs- und Schulgründungsentwürfe zurückzukommen, erscheinen sie mir als ein weiterer bedeutender Schritt von dem religionslosen Staatsschulmonopol zur gänzlichen Laisierung der Schule und mithin als eine Vergewaltigung des Gewissens jener Massen von Staatsbürgern, die die Schule auf Weltanschauung und Religion basieren wollen. Dieses letztere Moment möchte ich besonders unterstreichen, denn wir sind in einem demokratischen Staate. Die seinerzeitigen Habermann-Erlasse und auch das kleine Schulgesetz ließen einen letzten Rest des religiösen Momentes im Schulleben bestehen, allein so, daß Lehrer und Schuler aufgefordert erschienen, sich über dieses Moment hinwegzusetzen. Nun soll ein Schritt weiter geschehen zur Beseitigung dieses letzten Restes. Das kommt darin zum Ausdruck, daß die letzten kirchlichen Vertreter aus der Schulverwaltung im Landesschulrat entfernt werden sollen. Das konfessionelle Schulwesen in der Slowakei soll umgestoßen werden, das Schicksal unserer Privatschulen in unserem Sudetengebiet, die auf dem religiösen Bekenntnis basieren, wird ungewiß. Wir erklären demgegenüber, daß unser Ziel dasselbe bleiben wird, was vor einigen Tagen in Deutschland der Reichsausschuß der deutschnationalen Partei gefordert hat, nicht etwa des Zentrums, das unserer Partei am nächsten steht. Dieser Beschluß lautet wortlich: „Die Schule unseres Volkes kann nur christlich sein; da das Christentum aber nur in einer Konfession verwirklicht werden kann, fordern wir, daß unser Volk die konfessionelle Schule als Regelschule uneingeschränkt wieder erhalte: den Katholiken die katholische Schule, den Protestanten die protestantische Schule!“

Ich möchte sagen, daß das auch von gewissen deutschen Kreisen bei uns zur Kenntnis genommen werden möge. Das wird unsere Idealforderung für immer bleiben. Solange wir aber die Schulen haben müssen, wie sie jetzt sind, solange stellen wir folgende Forderungen auf, und zwar vom Standpunkte der Demokratie: Wir lehnen unbedingt das religiöse Staatsschulmonopol und das Staatsschulmonopol überhaupt ab, sowie jede Entwicklung, die eigentlich auf dieses Endziel hinausgeht. Dieses religionslose Staatsschulmonopol erklären wir als eine Vergewaltigung und als ein Unrecht an den Eltern, an dem Gewissen jener Eltern, die eine religiöse Erziehung für ihre Kinder in den Schulen verlangen, und schließlich und endlich auch vom demokratischen Standpunkte. Die Elternschaft ist der erste berufene Faktor, den Geist zu bestimmen, der in der Schule herrschen soll. Wir erklären weiters dieses Schulmonopol als eine Vergewaltigung der Rechte der Kirche. Ich muß wohl nichts über den Unsinn sagen, als ob die Kirche und ihre Organe die Schule beherrschen wollten. Das ist ein alter Ladenhüter. Aber die Kirche würde die ihr vom Herrn zugewiesene Aufgabe verabsäumen, wenn sie je darauf verzichten würde, Einfluß auf die Jugend und auf die Schule in dem Sinne zu nehmen, daß das Wort eine Erfüllung erhält, das vor zwei Jahrtausenden der größte aller Pädagogen für alle Welt und daher auch für die Cechoslovakei gesagt hat: „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret es ihnen nicht!“

Weiters fordern wir eine Verwirklichung des Grundsatzes, auf den man so stolz ist: Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. für dieses Wort ist seinerzeit gekampft worden, wir nehmen es auch für uns in Anspruch. Übrigens gibt es kein westeuropäisches Kulturland, nicht einmal Frankreich in der Zeit des höchsten Kulturkampfes, welches das religionslose Staatsschulmonopol hatte. Auch in Frankreich ist vollständig Gelegenheit gegeben zur Entwicklung des religiös eingestellten Schulwesens, wir wissen, daß in weiten Gegenden Frankreichs dieses Schulwesen, das die dortigen Katholiken sich freilich privat selber leisten, das religionslose Staatsschulwesen weit übertrifft.

Das zweite, was wir vom demokratischen Standpunkt aus fordern, ist, daß das religiöse Moment in unseren Schulen wenigstens jene Stellung wiedererhalten muß, daß es den Eltern mit religiöser Einstellung ohne Gewissensvergewaltigung möglich wird, ihre Kinder diesen Schulen anzuvertrauen. Es muß jeder kulturkampferische Einschlag in diesen Schulen, in ihrem Betriebe, in ihren Lehrbuchern und in ihrer Verwaltung aufhoren. Bei dieser Gelegenheit gestatte ich mir den Herrn Schulminister auf etwas aufmerksam zu machen. für das deutsche katholisch orientierte Volk bei uns besteht die katholische Schulorganisation, sie hat auch die staatliche vereinsmäßige Anerkennung. Diese Organisation repräsentiert eine Staatsbürgerschaft von mindestens 300.000 Personen. Die Leitung dieser Organisation hat wiederholt eine Eingabe an das Schulministerium gemacht, in der die Minimalforderungen für diesen gewaltigen katholisch orientierten Teil der Bevölkerung zusammengestellt sind, die eigentlich nichts anderes bedeuten, als den Zustand quo ante. Aber die Eingaben sind nicht einmal einer Antwort gewürdigt worden. 300.000 Staatsbürger verdienen es in der Demokratie, daß man auf ihre Wunsche antwortet, wenn schon nicht mit Ja, so wenigstens mit Nein.

Wir verlangen des weiteren, solange wir Schulen haben, wie sie jetzt sind, daß wir für unsere Privatschulen Sicherheit und Förderung erhalten. Wir zwingen niemanden hinein, wir wollen vollständige Freiheit und Demokratie, wir wollen sie auch für uns. Wir fordern, daß solche Schulen dort ungehindert errichtet werden können, wo eine hinlängliche Schüleranzahl vorhanden ist, die darauf Anspruch erhebt. Der Derer'-sche Entwurf gibt dazu eine Analogie. Ein Paragraph besagt über das Schulwesen in der Slowakei: „Wo öffentliche konfessionelle Staatsschulen bestehen, muß eine staatliche nichtkonfessionelle Schule errichtet werden, wenn 30 Kinder die konfessionelle Schule nicht besuchen wollen.“ Das ist immerhin ein Grundsatz. Wir gehen nicht einmal so weit für uns, wir fordern nur, daß unseren konfessionellen Privatschulen in der Entwicklung nicht unnötige Schwierigkeiten gemacht werden. Freilich verlangen wir auch für unsere Konfessionellen Privatschulen mit dem Rechte der Öffentlichkeit – denn wir sind ja Steuerzahler wie alle anderen – eine staatliche Unterstützung im Verhältnis zur Besucherzahl.

Aus dem cechischen Lager hört man über diese beiden Schulentwürfe auch die Äußerung, daß sie uns Deutschen zu sehr entgegenkommen, und tatsächlich wird im cechischen Lager dagegen gearbeitet.

Hoher Senat!
Die Schulselbstverwaltung, daß jedes Kulturvolk seine Schule selbst zu besorgen hat, ist und bleibt unsere unveräußerliche Forderung. Davon lassen wir nicht ab. Das ist aber nicht eine Forderung, deren Erfullung wir uns eventuell erst zu Olimszeiten denken, sondern wir wollen sie schon heute anstreben. Aber die Schulselbstverwaltung ist in diesen Entwurfen gar nicht enthalten. Wenn aber diese Entwurfe auch wieder in die Schublade zurückkommen sollten, so sollen sie doch der Anlaß sein, daß wir aus unserem Parteilager heraus wiederholt die Forderung mit aller Zielmäßigkeit vertreten., daß sich die verschiedenen deutschen Parteien, in die wir nun einmal gespalten sind, in diesem Punkte einander soweit nähern, daß sie gemeinsam an der Erreichung dieses gemeinsamen Zieles arbeiten können.

Man sagt, die Schulselbstverwaltung der Deutschen und Ungarn wäre der Anfang zur Teilung des Staates. Das ist eine Logik, die man nicht einsehen kann. An sich ist der Gedanke sicher keine Illoyalitat gegen den Staat, im Gegenteil, die kulturelle Befriedigung wäre eine Brucke zum Staate. Kein Kulturvolk kann auf das Gut der eigenen Schule verzichten. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Schwierigkeiten, die mir unbegreiflich sind, hinweisen, den deutschen Kindern die deutsche Schule zu ermöglichen. Beispiele im Böhmerwald, im Hultschiner Land usw. sind uns bekannt. Das ist eines modernen Staates ganz unwürdig. Kein Kulturvolk kann auf das Gut der eigenen Schule verzichten, kein Kulturvolk wird aber auch einem anderen Volke dieses Gut mißgönnen. Auch für uns Sudetendeutsche muß und soll ohne Unterschied der Partei das Wort gelten: Wir wollen unsere eigene Schule haben! (Beifall)

2.
Rec sen. Pilze (viz tesnopisecka zprava)
Ansprache Senator Pilz (nach der stenogrphischen Aufzeichnung):

Hoher Senat! Wenn wir uns die deutschen Gebiete ansehen, nicht nur in Nordböhmen, sondern auch in Ost- und Westböhmen, so können wir feststellen, daß das ganze deutsche Gebiet nur noch ein einziger Industriefriedhof ist, daß die einst blühende Industrie vollständig erledigt ist, daß zwei Drittel der Industrie stillstehen und daß zwei Drittel der Arbeiter hungern.

Betrachten wir in erster Linie die Textilindustrie, und zwar in dem deutsch-böhmischen Gebiet. Von 857 Betrieben stehen bis heute 301 Betriebe mit 68.000 Arbeitern gänzlich still, teilweise beschäftigt sind noch 458 Betriebe mit 43.000 Arbeitern, vollbeschäftigt sind nur noch 98 Betriebe mit 22.000 Arbeitern. Von den 857 Betrieben, in denen im Jahre 1927 190.000 Arbeiter beschäftigt waren, sind gegenwärtig noch 98 Betriebe mit 22.000 Arbeitern voll beschäftigt.

Wenn wir die Glasindustrie betrachten, sieht es noch viel schlimmer aus. Die Ausfuhr beträgt jetzt nur noch ½ Milliarde, noch im Jahre 1929 war sie dreimal so groß. Wenn wir nur Steinschönau und Haida betrachten, von wo vor kurzem jährlich um 300 Millionen exportiert wurde, finden wir, daß jetzt nicht einmal ein Sechstel dieser Summe ausgeführt wird. Von den 35.000 Glasarbeitern sind 22.000 arbeitslos, nur noch 13.000 beschäftigt, und diese sind alle Kurzarbeiter. Kein Glasarbeiter hat voll Beschäftigung.

Nun mochte ich einige Ortschaften nennen, wo wir feststellen können, was diese Arbeitslosigkeit bedeutet. In Harrachsdorf im Riesengebirge waren 400 Glasarbeiter. Die Fabrik steht still, alle sind arbeitslos. Eine andere Arbeit gibt es nicht. 250 von diesen 400 sind nach dem Gentee-System organisiert, 150 bezogen die Czech-Karten und von ihnen wurden durch die Gendarmerie noch 75 auf Grund der Erhebungen gestrichen, weil sie angeblich nicht genügend Not leiden. Die Firma Harrach, welche in Prag ihren Sitz hat, hat sich nicht gescheut, während des Stillstandes der Fabrik eine Reihe von Arbeitern delogieren zu lassen. Ich führe die Namen derjenigen Leute an, die schon ein ganzes Jahrzehnt in den Fabrikshäusern gewohnt haben und nun delegiert wurden, es waren dies die Familien Satrapa, Veith, Haba und Gottwald. Ihre Wohnungen, aus denen sie herausgeworfen wurden, stehen noch heute leer.

Harrachsdorf bietet ein besonderes Bild nationaler Unterdrückung. Es hat 1731 Einwohner, von denen sind 1177 Deutsche. Diese besitzen eine zweiklassige Volksschule, früher war sie fünfklassig, während für die 554 Cechen eine zweiklassige Volksschule und eine dreiklassige Bürgerschule besteht, sodaß die Kosten für die cechische Minderheit fünfmal so groß sind, als für die Deutschen, welche doppelt so stark an Zahl sind wie die Cechen.

In Albrechtsdorf betragen die Schulden der Arbeiter 70.000 Kc an die Kleinbauern für Milch und an die Schuster, die Mietschulden sind nicht eingerechnet. In den letzten 3 Jahren wurden in diesem kleinen Gebirgsdorfe über 200 Exekutionen durchgeführt. 10 Familien haben keine Wohnung und müssen mit den Schwiegereltern oder Geschwistern zusammenleben, sodaß in vielen Wohnungen 6 – 7 Personen in einem Zimmer zusammengepfercht sind. In der kleinen Gemeinde gibt es über 700 Arbeitslose, die Gemeinde ist nicht imstande, auch nur einen Heller für die Arbeitslosen zu geben, sie bekommt kein Darlehen bewilligt, weder vom Bezirk, noch von der Regierung.

In Neudorf bei Gablonz sind von 3.000 Einwohnern 2.000 arbeitslos.

In Morchenstern gibt es 1.700 Arbeitslose, die Gemeinde hat viele Millionen Schulden, es ist ein vollständiger Bankerott. Die Gemeinde muß um ein Moratorium ansuchen, weil sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

In diesem Gebiet ist besonders die Heimarbeit zu Hause. Die Heimarbeiter verdienen, wenn sie Arbeit haben, bei 16 Stunden Arbeit 8 Kc pro Tag, das sind 50 Heller pro Stunde. Nun haben wir ein Heimarbeiterschutzgesetz vom Jahre 1921, welches bestimmt, daß der Mindestlohn 120 Kc bei voller Arbeit betragen soll. Statt dessen verdienen die Leute bei 16stündiger Arbeit hochstens 40 bis 50 Kc pro Woche. Wenn wir nun zu Gericht gehen und die Löhne nach dem Heimarbeiterschutzgesetz einklagen wollen, so sagt uns der Richter, daß noch keine Durchführungsverordnung zu dem Gesetz herausgegeben wurde, weshalb er kein Urteil zu fällen brauche. Dabei besteht das Gesetz schon 11 Jahre. In Morchenstern sind 16 städtische Hauser, welche von Arbeitern bewohnt sind, und ihre Mietschuld beträgt bereits über 60.000 Kc. Sie können nicht mehr bezahlen. 3 Häuser gehoren der Sparkassa, in denen 25 Familien mit 82 Personen untergebracht sind; davon sind 23 Wohnungen nur mit einem Zimmer und kosten 32 Kc monatlich, zwei Familien haben je zwei Zimmer und zahlen 50 Kc monatlich. In diesen 23 Zimmern wohnen eine Reihe Familien von 6 bis 7 Personen auf einen Raum von 10 bis 12 Quadratmetern. Jeder Ziegen- und Schweinestall bietet mehr Platz. In diesen Gebäuden besteht nicht einmal Trinkwasser. Die Sparkassa hat es nicht für notwendig befunden, zu ihnen einen Brunnen zu bauen.

In Untermaxdorf sind über 600 Arbeitslose. Dort gehen die Arbeiter bereits zum Teil betteln. Einer Kriegswitwe, welche 100 Prozent erwerbsunfahig ist, hat man die Rente entzogen, angeblich weil sie im Konkubinat lebt. Ich habe bis zur höchsten Instanz nachgewiesen, daß das nicht stimmt; die Gendarmerie hat festgestellt, daß die Frau nicht in Konkubinat lebt, trotzdem hat man ihr bis zum heutigen Tage die Kriegswitwenrente entzogen, so daß die Frau, welche geistig minderwertig ist, betteln gehen muß. Ihr Hausherr geht mit betteln. Soweit ist es im Isergebirge in der Glasindustrie gekommen. In Johannesberg haben wir 800, in Josefsthal 700, in Polaun, wo bis auf eine Glashütte alle anderen stehen, über 2.000 Arbeitslose. Die Leute in den cechischen Gebieten können sich ja keine Vorstellung davon machen, was es bedeutet, wenn es in einem Dorfe über 2.000 Arbeitslose gibt. In Ober-Maidorf gibt es 400 Arbeitslose. Trotz dieses ungeheuren Elends werden jetzt vielen Kleinbauern ihre Häuschen verkauft. Allein in meinem Orte weiß ich von 5, 6 Kleinhäuslern, denen innerhalb dreier Monate ihre Häuser verkauft wurden, weil sie nicht mehr Zinsen und Amortisation aufbringen konnten.

Wenn aber die Arbeiterschaft daran geht, ein Fest oder eine Versammlung zu veranstalten, da ist man gleich mit Verboten, mit Terror und dergleichen bei der Hand. Die Arbeiterklasse Morchensterns wollte am 23. November eine Revolutionsfeier veranstalten, und sie wurde auch bewilligt. Der Regierungsvertreter verwies die anwesenden Kinder aus dem Saale. Als die Kinder nicht sofort hinausgehen konnten – die Genossen hatten die Kinder zusammen in ein separates Zimmer genommen und unterhielten sie dort – als also der Saal nicht gleich von den Kindern geleert war, wollte der Regierungsvertreter die Feier auflösen. Die Arbeiter haben dagegen protestiert, es kam zu einer Kampelei, und der Regierungsvertreter schlug einem Arbeiter ins Gesicht. Der Regierungsvertreter hat natürlich die Sache umgedreht und gesagt, er sei geschlagen worden. Unter den 500 Anwesenden fand sich aber kein einziger Zeuge, der dies bestätigt hatte, alle haben vielmehr gesehen, daß der Regierungsvertreter den Arbeiter ins Gesicht geschlagen hat. Der Regierungsvertreter ist ein bißchen nervöser Mensch. Aber trotz diesem Sachverhalte wurde eine Reihe von Arbeitern verhaftet, und zwar die Arbeiter Grans, Knittel, Hrdina, Bruckner, Konvalinka samt Frau und Marie Kosler. Aber selbst das Kreisgericht in Reichenberg, das ein effektives Klassengericht ist, hat, als einige Tage später die Verhandlung stattfand, die Leute freisprechen müssen, weil sich gar nichts fand, das ihnen zur Last hätte gelegt werden können. Aber trotzdem wurde wegen dieses Vorfalls durch 4 Wochen der Ausnahmszustand über den ganzen Bezirk verhängt. Über 100.000 Einwohner verfügt so ein Bezirkspascha und erklärt ihnen jetzt: Ihr dürft jetzt 4 Wochen lang keine Versammlungen abhalten. (Zwischenrufe) Das ist die Demokratie!

Ein anderes Elendsgebiet ist der Friedländer Bezirk. In Neustadt a. T. sind von 4.000 Einwohner 1.400 Arbeitslose. Die Hälfte von ihnen war früher im Klingerbetrieb beschäftigt, wo nach einer Aussperrung samtliche rote Gewerkschafter ausgeschlossen wurden, nur die christlichen, die Hakenkreuzler, die Union, also die Reformisten, durften anfangen, die eine Minderheit von 400 Arbeitern darstellten. Aber der Industrieverband, der allein 600 Mitglieder zählte, wurde zur Gänze ausgeschlossen. Allerdings haben unterdessen auch einige vom Industrieverband wieder anfangen können. Was haben wir nun da gesehen? Wenn früher im Klingerbetrieb die Arbeiter mehr Lohn haben wollten und, wie vor 2 Jahren, streikten, war die Gendarmerie da und hat die Arbeiter in den Betrieb gejagt. Diesmal haben die Arbeiter wieder gekämpft, sie wollten die Teilung der Arbeit, sie wollten solidarisch zusammenarbeiten drei Tage lang, nicht die eine Hälfte 6 Tage, während die anderen hungern mußten. Weil sie in die Fabrik hineinwollten, wurde die Gendarmerie gerufen und mußte die Arbeiter vom Fabrikshof jagen, wo sie sich versammelt hatten, um Arbeit zu bekommen. Wir sehen also, wozu Gendarmerie da ist. Das eine Mal jagt sie die Arbeiter in die Fabrik, und jetzt, wo die Arbeiter Arbeit haben wollen, muß sie sie hinausjagen, damit die Arbeiter nicht arbeiten können und das Elend vergrößert wird.

Im ostböhmischen Gebiete, im Braunauer Gebiet, von wo der Herr Präsident Kahler her ist, haben wir nicht weniger als 18.000 Arbeitslose. Arbeiter, die noch in den Betrieben sind, verdienen hochstens 50 bis 60 Kc wöchentlich, nur wenige etwas mehr. Mir wurde dort gesagt, daß 50% der dortigen Gewerbetreibenden im Laufe der letzten zwei Jahre exequiert wurden. Ich weiß nicht, wie weit das stimmt, vielleicht weiß es der Herr Prasident Kahler besser. In Hohenelbe und in Trautenau war bis zum vorigen Jahr die Krise noch nicht so stark. Gegenwärtig haben wir auch schon dort Hunderte von Arbeitslosen, und ich möchte Ihnen sagen, wie es dort mit der Czech-Karten-Aktion steht. Ich war unlangst in Hohenelbe in einer Gemeindevertreterversammlung, die nicht etwa von der kommunistischen Partei einberufen worden war, sondern vom Sozialausschuß in Hohenelbe, in dem alle Parteien vertreten sind, die Christlichsozialen, die Landbundler, die Hakenkreuzler usw. Dort wurde festgestellt, daß der ganze Bezirk noch nicht einmal das ihm zustehende Quantum von den sogenannte Czech-Karten erhalten hat, daß im ganzen Bezirk in 4 Wochen nur 3 Karten verteilt wurden, so daß nicht einmal den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen wird, wonach jeder Arbeiter oder Kurzarbeiter mindestens 1 Karte pro Woche bekommen soll. Bis dato also in 4 Wochen nur 3 Karten, das heißt, so ein Arbeitsloser bekommt 7.50 Kc in einer Woche zum Leben.

Im Isergebirge wurde versucht, etwas herauszuschlagen. Das ganze bisherige Bitten und Betteln half nichts. Seit Jahren gehen wir zu den Gemeindeämtern, die ausgepowert sind. Wir gehen zu den Bezirksämtern. Es wird nichts gemacht. Wir sind schon einigemale zu den Ministerien gegangen; dort wurden wir nur vertrostet; es hieß, wir möchten gerne, aber wir haben nichts. Davon kann der Arbeitslose nicht leben. Da hat sich nun die Isergebirgsbevölkerung entschlossen, am 30. Janner aufzumarschieren, um zu beweisen, wie groß die Not ist, und es wurde um eine Demonstration auf breitester Grundlage angesucht. Die Polizei hatte sie auch bewilligt. Im letzten Augenblicke aber wurde die Demonstration mit der Begründung verboten, es könnte zu Reibereien kommen. Hat man früher um eine Demonstrationsbewilligung angesucht, so hat es geheißen, das sei eine kommunistische Mache. Diesmal haben wir nun eine Einheitsfront geschlossen, es haben der Industrieverband, der Zentralverband der Glasarbeiter, der Hakenkreuzlerverband, der Verband der deutschen Arbeiter gezeichnet, und beschlossen, die Demonstration durchzuführen. Es sollten auch Redner aller drei Verbände auftreten. Die Demonstration wurde auch bewilligt, aber im letzten Augenblick wurde gesagt, es sind drei politische Parteien beisammen, die könnten übereinander herfallen, wenn sie demonstrieren. Diesmal haben wir also einmal eine Einheitsfront geschlossen, die Polizei hat aber die Demonstration wiederum verboten. Die Einheitsfront war so weit geschlossen, daß auch schon einige Organisationen der Kleinunternehmer und auch die Kleinbauern ihre Beteiligung zugesagt hatten, und die Gewerbetreibenden sagten zu, ihre Geschafte zu schließen. Wäre uns die Demonstration bewilligt worden, so wären mindestens 25.000 Menschen aufmarschiert. Jetzt ist aber die Presse der Hakenkreuzler mit einem gemein geschriebenen Artikel über uns hergefallen, die Kommunisten wären Schuld an dem Verbot. Dasselbe schrieb auch die sozialdemokratische „Freiheit“. Erst haben sie mitgetan, dann haben sie abgeblasen und jetzt haben sie gehetzt, daß das Ganze eine kommunistische Mache war. Aber die Lawine ist bereits im Rollen. Trotz des Verbots und trotz mehrerer Kompagnien Gendarmerie und Polizei – die Reichenberger Polizei war vollzählig mit ihrem Kommandanten Kostal an der Spitze erschienen – waren 8.000 Arbeiter aufmarschiert. Die ganze Stadt bot das Bild eines wogenden Menschenheeres und es waren auch viele Hakenkreuzler und sozialdemokratische Arbeiter dabei, trotzdem ihre Führer dagegen gehetzt hatten. Beweis dafür, daß auch ein Bürgermeister, ein Hakenkreuzbürgermeister, eingesperrt wurde und 100 Kc Strafe bezahlen mußte, um sich loszukaufen. Es wurden im ganzen 31 Personen verhaftet. Die Frau Marta Schäfer, eine Witwe mit 3 Kindern, wurde auf offener Straße geschlagen und erlitt eine Gehirnerschütterung, so daß sie ins Spital geschafft werden mußte. Es wurden auch Schulkinder auf dem Marktplatze geprügelt, als sie nach der Schule nach Hause fahren wollten. Vom Zentrum bis zur nächsten Haltestelle wurden diese zwölf- bis vierzehnjährigen Kinder von der Gendarmerie geprügelt, erst bei der nächsten Haltestelle konnten sie in die Elektrische einsteigen und nach Hause fahren.

Im Reichenberger Gebiet ist es nicht viel besser als im Elendsgebiet der Glasindustrie. Ich möchte einige Ziffern für die Verschuldung der Arbeiter an Mietzins und Lebensmittel anführen: In Neu-Paulsdorf machen diese Schulden 37.000, in Ratschendorf 50.000, in Voitsbach 34.000, in Berzdorf 82.000, in Maffersdorf, Ratschendorf und Alt-Harzdorf allein 1.175.000 Kc aus. Die Arbeiter kämpfen, sie bilden Aktionausschüsse und versuchen, auf die Straße zu gehen. Jetzt gehen die Behörden daran, überall die Aktionsausschüsse, die einzige Möglichkeit der Arbeiter, um sich zu organisieren, aufzulösen. In Friedland, Deutsch-Gabel, Böhmisch Leipa, Brüx, Tetschen usw. wurden die Aktionsausschüsse bereits aufgelöst. Besonders berühmt machte sich wieder der Leiter der Expositur in Deutsch-Gabel Vyskocil, von dem man schon wiederholt in den Zeitungen gelesen hat, der in seiner Verfolgungswut gegen Arbeiter und Deutsche soweit ging, daß er vor 14 Tagen bei Nacht in ein Haus eingebrochen ist, wo die Frau eines Mannes schlief, den er suchte. Mitten bei Nacht – ich weiß nicht, war die Tür offen oder wußte Vyskocil, wo der Schlüssel zur Tür lag – hat er zusammen mit einem zweiten die Frau überfallen. Wenn sie nicht gute Nerven gehabt hätte, hätte sie sicher einen Nervenchock bekommen. Das ist ein hundertprozentiger Hausfriedensbruch, und wir sind neugierig, ob hier die Behörden einschreiten werden. Vyskocil hat auch auf Kosten der Arbeiter an der Czech-Karten-Aktion 100.000 Kc erspart. Dabei wissen die Arbeiter nicht, wo Sie das Geld für Kartoffeln, Kohle und Brot hernehmen sollen, und dort werden 100.000 Kc dafür erspart.

Was sich im Bezirk Friedland die Behörden unter dem Diktat des Innenministers Cerny erlauben, ist unerhört. In Heinersdorf bei Friedland kam am 8. Feber zu dem jungen landwirtschaftlichen Arbeiter Felix Seliger, der bei dem Landwirt Herbig beschäftigt ist, der Oberwachtmeister Mutinsky und fragte ihn, ob er an einem Zaun, und an einem Brunnen Schaden angerichtet habe. Der junge Bursche sagte, er wisse von nichts. Die Antwort des Gendarmen waren einige Hiebe mit der Faust ins Gesicht des jungen Mannes, der vor Schmerzen aufbrüllte und dessen Gesicht anschwoll. Da sagte der Gendarm: „Du Kerl, wenn du sagst, daß ich dich geschlagen habe, sperre ich dich sofort ein!“ Ich weiß nicht, was aus der Sache geworden ist. Höchstwahrscheinlich wird sie ein gerichtliches Nachspiel haben. Aber wir wissen, wie so etwas ausfällt. Heute kann ein Gendarm oder ein Polizist einem jeden Menschen rücksichtslos die Knochen brechen, ihn beschimpfen und anspucken, und wir wissen, daß ihm heute dafür von der Meissner-Justiz kein Haar gekrümmt wird.

Im Niederland wurden in der vorigen Woche alle Versammlungen verboten, in Warnsdorf, in Rumburg usw. Nur ganz wenige wurden gestattet. Es wurde ein Hungerkongreß in Reichenberg von der ganzen nordböhmischen Arbeiterschaft vorbereitet und es wurden für die Delegierten Sammlungen durchgeführt. Im Niederland ging die Behörde daran, die Arbeiter, die diese Sammlung durchführten, zu verhaften und das Geld zu beschlagnahmen. So wurden in Schönlinde 656 Kc beschlagnahmt, die Hälfte davon waren Gewerkschaftsgelder. Als man zum Kassier kam, war er so überrascht, daß er gar nicht wußte, was man von ihm wolle, und er hat 700 Kc ausgehändigt und jetzt muß er wieder darum kämpfen, daß er die Gewerkschaftsgelder zurückbekommt. In ganz Nordböhmen wurden die Gebietssekretariate der Bauarbeiter aufgelöst. Alle anderen Verbände dürfen sie haben, die Bauarbeiter nicht; weil die Bauarbeiterschaft jetzt daran geht, sich für die kommende Saison ihre Löhne und Verträge zu sichern, deshalb muß Minister Cerny den Kapitalisten zu Hilfe kommen und die Gebietssekretariate verbieten.

Noch einen Fall von Terror. Wenzel Schmidt aus Schönborn bei Rumburg wurde am 1. August bei einer Demonstration mitverhaftet. Er war etwas angeheitert, er hat vielleicht ein Wort fallen lassen oder hat vielleicht auch irgendeine unerlaubte Handbewegung gemacht. Der Mann ist 65 Jahre alt, stand vorige Woche vor dem Kreisgericht in Reichenberg und bekam 5 Monate schweren Kerker mit Faste usw., für einen Mann von 65 Jahren und für diese Tat sicherlich eine sehr harte Strafe.

Wie sich diese unsozialen Verhältnisse auf die Jugend auswirken, möchte ich an einem Beispiel zeigen. Ich habe zur Hand eine Statistik von Schluckenau, der Heimat des Senators Reyzl. Dort wurde bei einer schulärztlichen Untersuchung von 773 Kindern festgestellt, daß 101 Kinder, das sind 13 Prozent, gesund sind, 300 unternährt, das sind 38%, unter Beobachtung stehen 57 als schwerkrank, das sind 9%, und 350 Kinder, das sind 40%, als krank. 203 Kinder leiden an Blutarmut, 132 an der englischen Krankheit, 70 an Wirbelsäulenverkrümmung, 115 sind schwächlich, 152 an verschiedenen Krankheiten, Tuberkulose usw., 672 Kinder sind also krank. Es handelt sich hier nur um Arbeiterkinder, die Kinder der Bourgeoisie leiden natürlich nicht daran.

Wir wissen auch, wie überall die Exekutionen an der Tagesordnung sind. Ich will heute nur den Fall des Baumeisters Anton Kowarik in Wiesenthal erwähnen. Dieser Baumeister hat nur kleine Häuser gebaut, er hatte kein besonderes Kapital, und durch einen Bau, der in Konkurs geriet, kam er um sein Geld, um 40.000 Kc. Er konnte nicht weiter arbeiten, es wurde ihm die letzte Kuh gepfändet, die aber seiner Frau gehörte. Seine Frau hatte für ihren Mann giriert, dem Mann blieb nichts anders übrig, als sich zu erschießen.

Einige kurze Angaben, wie sich die Verwaltungsreform an den Arbeitern auswirkt. Ich habe vor mir ein Verzeichnis, der Verhängung von Strafen nach dem Prügelpatent im Friedländer Bezirk seit 10. Feber, also in kaum zwei Wochen. Im Friedländer Bezirk wurden nach dieser Aufstellung in 20 Gemeinden 349 Arbeiter nach dem Prügelpatent zu 651 Tagen verurteilt. Wir wissen aber auch, was sich die Reichenberger Polizei erlauben kann in der Hochburg des Herrn Senator Kostka. Vor einigen Wochen wurde bei einer Demonstration in Reichenberg eine Frau, die an der Demonstration gar nicht beteiligt war, verhaftet, und ein Polizist versuchte, sie in der Zelle zu vergewaltigen. Die Frau hat sich gewehrt. Die Frau hat uns den Fall erzählt und wir haben ihn in die Presse gegeben. Wenn aber jetzt die Frau die Anzeige erstatten wird, dann ist es klar: was hinter Kerkermauern geschieht, wird von den Klassengerichten nicht geglaubt. Ein Polizist kann sich heute alles erlauben, und selbst wenn er einen mitten auf der Straße anspuckt und tausende Leute haben es gesehen, so ist so was nach der Auffassung der heutigen Klassengerichte erlaubt. (Sen. Kostka: Sie schreiben ja in die Zeitungen lauter Unwahrheiten und da soll in der Bevölkerung Beruhigung eintreten! Ich konnte ja Ihren „Vorwärts“ zitieren!) Herr Senator Kostka, was habe ich Unwahres gesprochen? (Sen. Kostka: In Ihren Zeitungen stehen Unwahrheiten!) Ach so! (Sen. Kostka: Ach so! Da liegt Ihnen nichts daran, daß die schwer bedrückte Bevölkerung durch Ihre Zeitungen aufgehetzt wird!) Glauben Sie, Herr Kostka, wir werden schreiben, die Arbeiter sollen sich schlagen lassen? (Sen. Kostka: Aber Lügen brauchen Sie nicht zu schreiben!) Schauen Sie doch in die „Reichenberger Zeitung“ und in das „Gablonzer Tagblatt“, wie die täglich vor Lügen strotzen! (Sen. Kostka: Ich spreche vom „Vorwärts“!) Sie werden keinen Beweis erbringen können! (Sen. Kostka: Ich habe ja Ihren Leuten schon genug Beweise erbracht!)

In Elbleiten wurde im Juni der Arbeiter Rudolf Hanke verhaftet und dem Kreisgericht in Leitmeritz eingeliefert. Die ganze Zeit wurde ihm nicht mitgeteilt, warum er verhaftet worden ist. Zum Protest gegen seine Verhaftung und seine Behandlung in der Untersuchungshaft ist er in den Hungerstreik getreten und am siebenundzwanzigsten Tage seines Hungerstreiks ist er freigelassen worden. Er hat gesagt, bevor er noch länger in der Untersuchungshaft ist, ohne zu wissen, warum, gehe er lieber zugrunde.

Wir wissen, daß heute das Justizministerium und auch das Innenministerium alle Mittel anwenden, um die Arbeiterklasse ihrer Führer zu berauben. Der kommunistische Kreissekretär Appelt in Komotau wurde eingesperrt wegen Geheimbündelei, die ihm nicht bewiesen werden konnte, in Reichenberg sitzt unser Sekretar schon fünf Monate, man hat ihm noch nicht den Prozeß gemacht, und wir wissen nicht, warum man ihm den Prozeß machen will. Die Genossen Richter, Kejzlar und Beliba wurden wegen Spionage zu neun Monaten verurteilt. Es ist Mode geworden, überall Spionageprozesse zu inszenieren, noch nie ist aber nachgewiesen worden, daß jemand von uns Spionage betrieben hat. Wir Kommunisten haben gar kein Interesse, Spionage zu betreiben. Was wir machen, machen wir vor aller Öffentlichkeit, vor der Arbeiterklasse und der ganzen Menschheit. Auch Kollege Brozek aus Aussig ist in dieser Woche in den Hungerstreik getreten, außerdem die Kollegen Korbl und zwei Reichsdeutsche namens Vosse und Chlownitzki, die seit drei Monaten ohne jede Verhandlung in Untersuchungshaft sitzen und nicht wissen, warum sie eingekerkert worden sind. Wir protestieren von dieser Tribüne aus gegen alle diese Ausschreitungen, gegen diese ungeheure soziale und nationale Unterdrückung, die großtenteils an deutschen Arbeitern verübt wird.

Für den 19. Feber war für das ganze nordböhmische Gebiet von Teplitz bis Braunau ein Hungerkongreß einberufen. Er fand auch statt. Er wurde bewilligt. An diesem Kongreß nahmen 2.300 Delegierte und 200 Gäste teil, es war ein Arbeiterkongreß, wie er in der Cechoslovakei noch nie gewesen ist. Auch da wurde gesagt, daß das eine kommunistische Mache gewesen ist. Wie sie aber aussieht, können Sie daraus entnehmen, daß Landbundler, Hakenkreuzler, Christlichsoziale und auch viele Sozialdemokraten an ihr teilnahmen, alle Gewerkschaften vertreten waren, viele Bürgermeister erschienen waren usw. Es wurden auch alle Behörden von Nord- und Ostböhmen eingeladen, alle Bezirksämter, acht Bezirkshauptmannschaften und hunderte Gemeindeämter. Auch der Minister Dr. Czech wurde eingeladen. Ich weiß nicht, warum er nicht gekommen ist oder warum er nicht einen Beamten geschickt hat. Das Fürsorgeministerium war also nicht vertreten. Es wurde auch an den Stadtrat von Reichenberg das Ersuchen gestellt, einigen Delegierten Unterkunft zu gewähren und Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Es wurde unter Führung Kostkas, des Arbeiterfreundes, abgelehnt, für die Arbeiter wurden weder Unterkünfte noch Lebensmittel zur Verfügung gestellt. Stimmt das vielleicht auch nicht, Herr Senator Kostka? (Zwischenrufe Senator Kostkas) Und wieder wurde gesagt, daß das eine kommunistische Mache ist. Wie sie aussieht, haben wir an der Zusammensetzung des Kongresses gesehen. (Senator Kostka: Sagen Sie, wer war denn der Einberufer?) Jemand muß doch einberufen. Wenn Sie den Kongreß einberufen wollten, so bitte. Sie machen aber lieber Bürgermeistertagungen von Nordböhmen und gehen dann betteln und bekommen dann nichts. (Zwischenrufe Senators Dr. Heller) Der Kongreß vom letzten Sonntag war wirklich ein Krisenkongreß und war tatsächlich auf der Grundlage der Einheitsfront zusammengesetzt. Es mußte ein Parallelkongreß veranstaltet werden, denn in der Turnhalle waren über 1.500 Personen versammelt, für weitere 500 mußte noch ein Parallelkongreß veranstaltet werden. Dieser aber wurde bereits bei der Verlesung des Referates aufgelöst, das in der Turnhalle vorgelesen werden konnte, ohne daß die Versammlung aufgelöst worden wäre. Erst als ein Roter Sportler davon zu sprechen begann, daß die Sokoln vom Staate unterstützt, daß sie gegen Arbeiter eingesetzt werden, den Roten Sportlern werde aber alles verboten, erst bei dieser Feststellung wurde der Kongreß im großen Saale der Turnhalle verboten.

Wenn nun 2.000 Personen auf die Straße strömen, sind naturgemäß Massen da. Die Leute sind zum großten Teile über den Markt gegangen. Die Polizei kam angerückt, und ich war zufällig in der Nähe des Polizeidirektors Zak und des Polizeikommandanten Kostal, als sie den Befehl gaben, gegen die Menge loszuschlagen. Nicht daß man etwa zuvor den Leuten gesagt hätte, sie mögen auseinandergehen. Ohne ein Wort zuvor zu sagen, wurde in die Leute hineingeschlagen und es wurde auch ein Kaufmann verletzt. Ich habe auch gesehen, wie eine Frau, die zufällig daherkam, von Polizisten niedergeschlagen wurde. Eine ganze Reihe von Leuten, die gar nicht zum Kongreß gehörten, wurden gleichfalls niedergeschlagen, und zwar mit einer Brutalität, daß man nicht mehr von Menschen sprechen kann.

Trotzdem der Kongreß aufgelöst wurde, geht die Arbeiterklasse daran, am 2. März einen Hungermarsch zu veranstalten. Sie geht nicht auf die Straße zum Vergnügen oder um sich den Buckel vollschlagen zu lassen, sondern weil sie nicht mehr anders kann. Die Arbeiterschaft hat schon lange genug gebettelt. Wir haben über eine Million Arbeitslose. Die Czech-Karten werden gekürzt, statt daß sie erhöht werden. Es werden keine Mittel bereitgestellt. In der kleinen Gemeinde Obermaxdorf haben wir ein noch schuldenloses Gemeindevermögen und haben – alle Parteien ohne Unterschied – eine Anleihe von 60.000 Kronen aufzunehmen beschlossen. Die Landesbehörde hat sie uns aber nicht bewilligt., trotzdem fast alle Arbeiter der Gemeinde arbeitslos sind. Die höheren Behörden verlangen, daß die Arbeiter krepieren. Das wird man sich auf die Dauer nicht gefallen lassen. Die Arbeitslosen sagen: Statt hinter dem kalten Ofen zu hocken, gehen wir lieber auf die Straße, um von unserem Rechte Gebrauch zu machen. Die Verfassung garantiert uns ja, daß jeder Staatsbürger seine Meinung in Wort und Schrift sagen kann. Wir dürfen aber unsere Meinung nicht sagen, weder in Wort, noch in Schrift. Unsere Presse wird jeden Tag zensuriert. Jede unserer Versammlungen wird aufgelöst.

Und nun zum Schlusse. Wenn wir uns das Budget des Innenministeriums ansehen, sehen wir, daß es mit seinen Mitteln noch manches machen kann. Das Erfordernis beträgt 646 Millionen. Die Ersparnisse durch den Gehaltsabbau betragen 51 Millionen. Die Polizei erfordert 160, die Gendarmerie 261, der Apparat der politischen Beamten 207 Millionen. Alle diese Millionen dienen zur Unterdrückung. Sie sind nicht bestimmt für die Ordnung, sondern um Unordnung zu machen, zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, der kämpfenden Arbeiterklasse.

Im Justizministerium sieht es nicht anders aus. Das Erfordernis beträgt 290 Millionen, die Ersparungen 33 Millionen, für die Klassenrichter sind 260 Millionen bestimmt, für die Gefängnisse 14,5 Millionen, für das Oberste Gericht allein 7,5 Millionen. Also das Oberste Gericht allein bekommt die Hälfte jenes Betrags, der für die Zehntausenden von geknechteten Gefangenen reichen soll.

Seinerzeit wurde der sogenannten Bürgermeisterdeputation, in der auch Herr Bürgermeister Kostka war, 6 Millionen für Nordböhmen versprochen. Wir haben aber bis heute noch nicht einen Heller davon gesehen. (Zwischenrufe) Aber selbst wenn diese 6 Millionen ausbezahlt wurden, so wäre das nur ein Pappenstiel für das grenzenlose Elend in diesem Elendgebiete. (Zwischenrufe) Unser Grundsatz muß sein: Den Reichen nehmen und den Armen geben! Daß das möglich ware, sehen wir aus der Statistik der Millionäre in der Cechoslovakei. Man zählte in der Cechoslovakei 10.767 Millionäre, die meisten in den Handelskammerbezirken Reichenberg und Prag. 3572 haben ein Vermögen von 1 bis 2, 1878 von 2 bis 3, 1590 von 3 bis 5, 1122 von 5 bis 10, 903 über 10 Millionen, das Millionenvermögen von 1702 Millionären konnte nicht ermittelt werden. Bei dieser großen Anzahl von Millionären mußte es schon möglich sein, daß sie auf die Dauer der Krise verpflichtet werden, den Armen zu geben, was sie in den guten Zeiten aus den Knochen der Arbeiter herausgepreßt haben. Das ist nicht zu viel verlangt, und wenn der Arbeiterschaft nicht gegeben wird, was ihr gebührt, so ist sie gezwungen, einen Hungermarsch nach dem andern durchzuführen.

Wir werden die Arbeiterschaft aufgrund der Einheitsfront schulen, auch wenn uns die Sozialdemokraten und die Nationalisten die größten Schwierigkeiten machen. Wir werden sie zusammenschmieden. Wir werden auch den Mittelstand gewinnen; ein Großteil von ihm weiß schon, daß er zu uns gehört. (Der stellvertretende Vorsitzende Klofác übernimmt den Vorsitz) Wir werden über die Köpfe der Führer hinweg mit den Sozialdemokraten, den Hakenkreuzlern, den Christlichsozialen, den kleinen Gewerbetreibenden und den Kleinbauern und mit der werktätigen Intelligenz den Kampf führen, und alle, die arbeiten müssen, werden wir in die Einheitsfront schmieden und wir werden um ihre Interessen kämpfen im Generalstreik und darüber hinaus, bis wir die soziale und nationale Befreiung der ganzen Arbeiterklasse erreicht haben. (Beifall)