Potsdamer Abkommen 1945
2. August 1945
Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin
I.
Am 17. Juli 1945 trafen sich der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Harry S.
Truman, der Vorsitzende des Rates der Volkskommissare der Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken, Generalissimus J. W. Stalin, und der Premierminister Großbritanniens,
Winston S. Churchill, sowie Herr Clement R. Attlee auf der von den drei Mächten
beschickten Berliner Konferenz. Sie wurden begleitet von den Außenministern der drei
Regierungen, W. M. Molotow, Herrn D. F. Byrnes und Herrn A. Eden, den Stabschefs und
anderen Beratern. In der Periode vom 17. bis 25. Juli fanden neun Sitzungen statt. Darauf
wurde die Konferenz für zwei Tage unterbrochen, an denen in England die Wahlergebnisse
verkündet wurden. Am 28. Juli kehrte Herr Attlee in der Eigenschaft als Premierminister
in Begleitung des neuen Außenministers, Herrn E. Bevin, zu der Konferenz zurück. Es
wurden noch vier Sitzungen abgehalten. Während der Konferenz fanden regelmäßige
Begegnungen der Häupter der drei Regierungen, von den Außenministern begleitet, statt.
Die Kommissionen, die in den Beratungen der Außenminister für die vorherige Vorbereitung
der Fragen eingesetzt worden waren, tagten gleichfalls täglich. Die Sitzungen der
Konferenz fanden in Cäcilienhof bei Potsdam statt. Die Konferenz schloß am 2. August
1945. Es wurden wichtige Entscheidungen und Vereinbarungen getroffen. Es fand ein
Meinungsaustausch über eine Reihe anderer Fragen statt. Die Beratung dieser Probleme wird
durch den Rat der Außenminister, der auf dieser Konferenz geschaffen wurde, fortgesetzt.
Präsident Truman, Generalissimus Stalin und Premierminister Attlee verlassen diese
Konferenz, welche das Band zwischen den drei Regierungen fester geknüpft und den Rahmen
ihrer Zusammenarbeit und Verständigung erweitert hat, mit der verstärkten Überzeugung,
daß ihre Regierungen und Völker, zusammen mit anderen Vereinten Nationen, die Schaffung
eines gerechten und dauerhaften Friedens sichern werden.
II.
Die Einrichtung eines Rates der Außenminister Die Konferenz erreichte eine Einigung über
die Errichtung eines Rates der Außenminister, welche die fünf Hauptmächte vertreten,
zur Fortsetzung der notwendigen vorbereitenden Arbeit zur friedlichen Regelung und zur
Beratung anderer Fragen, welche nach Übereinstimmung zwischen den Teilnehmern in dem Rat
der Regierungen von Zeit zu Zeit an den Rat übertragen werden können. Der Text der
Übereinkunft über die Errichtung des Rates der Außenminister lautet:
1.
Es ist ein Rat zu errichten, bestehend aus den Außenministern des Vereinigten
Königreiches, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Chinas, Frankreichs und der
Vereinigten Staaten von Amerika.
2.
(I) Der Rat tagt normalerweise in London, wo der ständige Sitz des Vereinigten
Sekretariats sein wird, das durch den Rat zu schaffen ist. Jeder Außenminister wird durch
einen Stellvertreter von hohem Rang begleitet werden, welcher gegebenenfalls
bevollmächtigt ist, während seiner, des Außenministers, Abwesenheit die Arbeit
weiterzuführen, sowie von einem kleinen Stab technischer Mitarbeiter.
(II) Die erste Sitzung des Rates findet in London nicht später als am 1. September 1945
statt. Die Sitzungen können nach allgemeiner Übereinkunft nach anderen Hauptstädten
einberufen werden; diese Übereinkunft kann von Zeit zu Zeit herbeigeführt werden.
3.
(I) Als eine vordringliche und wichtige Aufgabe des Rates wird ihm aufgetragen,
Friedensverträge für Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland aufzusetzen, um
sie den Vereinten Nationen vorzulegen und Vorschläge zur Regelung der ungelösten
territorialen Fragen, die in Verbindung mit der Beendigung des Krieges in Europa
entstehen, auszuarbeiten. Der Rat wird zur Vorbereitung einer friedlichen Regelung für
Deutschland benutzt werden, damit das entsprechende Dokument durch die für diesen Zweck
geeignete Regierung Deutschlands angenommen werden kann, nachdem eine solche Regierung
gebildet sein wird.
(II) Zwecks Lösung jeder dieser Aufgaben wird der Rat aus Mitgliedern bestehen, welche
diejenigen Regierungen vertreten, die die Bedingungen in der Kapitulation unterschrieben
haben, diktiert an den Feindstaat, den die gegebene Aufgabe betrifft. Bei der Betrachtung
der Fragen der Friedensregelung mit Italien wird Frankreich als Unterschriftleistende der
Kapitulationsbedingungen Italiens betrachtet werden. Andere Mitglieder werden zur
Teilnahme am Rat eingeladen werden, wenn Fragen erörtert werden, die sie direkt
betreffen.
(III) Andere Angelegenheiten werden von Zeit zu Zeit dem Rat übertragen werden nach
Übereinkunft zwischen den Regierungen, die seine Mitglieder sind.
4.
(I) Wenn der Rat eine Frage erörtern wird, an der unmittelbar ein Staat interessiert ist,
der in ihm nicht vertreten ist, so muß dieser Staat eingeladen werden, seine Vertreter
zur Teilnahme an der Beratung und Prüfung dieser Frage zu entsenden.
(II) Der Rat kann seine Arbeitsweise dem Charakter des gestellten, von ihm zu prüfenden
Problems anpassen. In gewissen Fällen kann er die Frage zunächst in seiner
Zusammensetzung vor der Teilnahme anderer interessierter Staaten vorberaten. In anderen
Fällen kann der Rat zu einer offiziellen Konferenz den Staat einberufen, der
hauptsächlich an der Lösung eines besonderen Problems interessiert ist. Der
Entschließung der Konferenz entsprechend, schickte jede der drei Regierungen
gleichlautende Einladungen an die Regierungen von China und Frankreich, diesen Text
anzunehmen und sich ihnen zur Errichtung des Rates anzuschließen. Die Errichtung des
Rates der Außenminister für besondere Ziele, die in diesem Text genannt worden sind,
widerspricht nicht der auf der Krim-Konferenz erzielten Übereinkunft über die Abhaltung
periodischer Beratungen der Außenminister der Vereinigten Staaten, der Union der
Sozialistischen Sowjetrepubliken und des Vereinigten Königreiches. Die Konferenz
überprüfte auch die Situation der europäischen konsultativen Kommission im Sinne der
Übereinkunft über die Errichtung des Rates der Außenminister. Mit Genugtuung wurde
festgestellt, daß die Kommission erfolgreich ihre Hauptaufgaben bewältigt hat, indem sie
die Vorschläge betreffend die bedingungslose Kapitulation, die Besatzungszonen
Deutschlands und Österreichs und das internationale Kontrollsystem in diesen Ländern
vorlegte. Es wurde für richtig befunden, daß die speziellen Fragen, die die gegenseitige
Angleichung der Politik der Alliierten hinsichtlich der Kontrolle über Deutschland und
Österreich betreffen, in Zukunft der Zuständigkeit des Kontrollrats in Berlin und der
Alliierten Kommission in Wien unterliegen sollen. Demgemäß ist man darüber einig
geworden, die Auflösung der Europäischen Konsultativen Kommission zu empfehlen.
III.
Deutschland
Alliierte Armeen führen die Besetzung von ganz Deutschland durch, und das deutsche Volk
fängt an, die furchtbaren Verbrechen zu büßen, die unter der Leitung derer, welche es
zur Zeit ihrer Erfolge offen gebilligt hat und denen es blind gehorcht hat, begangen
wurden. Auf der Konferenz wurde eine Übereinkunft erzielt über die politischen und
wirtschaftlichen Grundsätze der gleichgeschalteten Politik der Alliierten in bezug auf
das besiegte Deutschland in der Periode der alliierten Kontrolle. Das Ziel dieser
Übereinkunft bildet die Durchführung der Krim-Deklaration über Deutschland. Der
deutsche Militarismus und Nazismus werden ausgerottet, und die Alliierten treffen nach
gegenseitiger Vereinbarung in der Gegenwart und in der Zukunft auch andere Maßnahmen, die
notwendig sind, damit Deutschland niemals Mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des
Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann. Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das
deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven. Die Alliierten wollen dem deutschen Volk
die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und
friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen. Wenn die eigenen Anstrengungen des
deutschen Volkes unablässig auf die Erreichung dieses Zieles gerichtet sein werden, wird
es ihm möglich sein, zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen
Völkern der Welt einzunehmen. Der Text dieser Übereinkunft lautet: Politische und
wirtschaftliche Grundsätze, deren man sich bei der Behandlung Deutschlands in der
Anfangsperiode der Kontrolle bedienen muß:
A. Politische Grundsätze
1.
Entsprechend der Übereinkunft über das Kontrollsystem in Deutschland wird die höchste
Regierungsgewalt in Deutschland durch die Oberbefehlshaber der Streitkräfte der
Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs, der Union der
Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Französischen Republik nach den Weisungen ihrer
entsprechenden Regierungen ausgeübt, und zwar von jedem in seiner Besatzungszone, sowie
gemeinsam in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Kontrollrates in den Deutschland als
Ganzes betreffenden Fragen.
2.
Soweit dieses praktisch durchführbar ist, muß die Behandlung der deutschen Bevölkerung
und ganz Deutschland gleich sein.
3.
Die Ziele der Besetzung Deutschlands, durch welche der Kontrollrat sich leiten lassen
soll, sind:
(I) Völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands und die Ausschaltung der
gesamten deutschen Industrie, welche für eine Kriegsproduktion benutzt werden kann oder
deren Überwachung. Zu diesem Zweck:
a) werden alle Land-, See- und Luftstreitkräfte Deutschlands, SS, SA, SD und Gestapo mit
allen ihren Organisationen, Stäben und Ämtern, einschließlich des Generalstabes, des
Offizierkorps, der Reservisten, der Kriegsschulen, der Kriegervereine und aller anderen
militärischen und halbmilitärischen Organisationen zusammen mit ihren Vereinen und
Unterorganisationen, die den Interessen der Erhaltung der militärischen Tradition dienen,
völlig und endgültig aufgelöst, um damit für immer der Wiedergeburt oder
Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Nazismus vorzubeugen;
b) müssen sich alle Waffen, Munition und Kriegsgerät und alle Spezialmittel zu deren
Herstellung in der Gewalt der Alliierten befinden oder vernichtet werden. Der Unterhaltung
und Herstellung aller Flugzeuge und aller Waffen, Ausrüstung und Kriegsgeräte wird
vorgebeugt werden.
(II) Das deutsche Volk muß überzeugt werden, daß es eine totale militärische
Niederlage erlitten hat und daß es sich nicht der Verantwortung entziehen kann für das,
was es selbst dadurch auf sich geladen hat, daß seine eigene mitleidlose Kriegführung
und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und
Elend unvermeidlich gemacht haben.
(III) Die Nationalsozialistische Partei mit ihren angeschlossenen Gliederungen und
Unterorganisationen ist zu vernichten; alle nationalsozialistischen Ämter sind
aufzulösen; es sind Sicherheiten dafür zu schaffen, daß sie in keiner Form wieder
auferstehen können; jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda
ist vorzubeugen.
(IV) Die endgültige Umgestaltung des deutschen politischen Lebens auf demokratischer
Grundlage und eine eventuelle friedliche Mitarbeit Deutschlands am internationalen Leben
sind vorzubereiten.
4.
Alle nazistischen Gesetze, welche die Grundlagen für das Hitlerregime geliefert haben
oder eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, Religion oder politischer Überzeugung
errichteten, müssen abgeschafft werden. Keine solche Diskriminierung, weder eine
rechtliche noch eine administrative oder irgendeiner anderen Art, wird geduldet werden.
5.
Kriegsverbrecher und alle diejenigen, die an der Planung oder Verwirklichung nazistischer
Maßnahmen, die Greuel oder Kriegsverbrechen nach sich zogen oder als Ergebnis hatten,
teilgenommen haben, sind zu verhaften und dem Gericht zu übergeben. Nazistische
Parteiführer, einflußreiche Nazianhänger und die Leiter der nazistischen Ämter und
Organisationen und alle anderen Personen, die für die Besetzung und ihre Ziele
gefährlich sind, sind zu verhaften und zu internieren.
6.
Alle Mitglieder der nazistischen Partei, welche mehr als nominell an ihrer Tätigkeit
teilgenommen haben, und alle anderen Personen, die den alliierten Zielen feindlich
gegenüberstehen, sind aus den öffentlichen oder halböffentlichen Ämtern und von den
verantwortlichen Posten in wichtigen Privatunternehmungen zu entfernen. Diese Personen
müssen durch Personen ersetzt werden, welche nach ihren politischen und moralischen
Eigenschaften fähig erscheinen, an der Entwicklung wahrhaft demokratischer Einrichtungen
in Deutschland mitzuwirken.
7.
Das Erziehungswesen in Deutschland muß so überwacht werden, daß die nazistischen und
militaristischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Entwicklung der
demokratischen Ideen möglich gemacht wird.
8.
Das Gerichtswesen wird entsprechend den Grundsätzen der Demokratie und der Gerechtigkeit
auf der Grundlage der Gesetzlichkeit und der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne
Unterschied der Rasse, der Nationalität und der Religion reorganisiert werden.
9.
Die Verwaltung Deutschland muß in Richtung auf eine Dezentralisation der politischen
Struktur und der Entwicklung einer örtlichen Selbstverantwortung durchgeführt werden. Zu
diesem Zwecke:
(I) Die lokale Selbstverwaltung wird in ganz Deutschland nach demokratischen Grundsätzen,
und zwar durch Wahlausschüsse (Räte), so schnell wie es mit der Wahrung der
militärischen Sicherheit und den Zielen der militärischen Besatzung vereinbar ist,
wiederhergestellt.
(II) In ganz Deutschland sind alle demokratischen politischen Parteien zu erlauben und zu
fördern mit der Einräumung des Rechtes, Versammlungen einzuberufen und öffentliche
Diskussionen durchzuführen.
(III) Der Grundsatz der Wahlvertretung soll in die Gemeinde-, Kreis-, Provinzial- und
Landesverwaltungen, so schnell wie es durch die erfolgreiche Anwendung dieser Grundsätze
in der örtlichen Selbstverwaltung gerechtfertigt werden kann, eingeführt werden.
(IV) Bis auf weiteres wird keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch
werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren
Spitze Staatssekretäre stehen, und zwar auf den Gebieten des Finanzwesens, des
Transportwesens, des Verkehrswesens, des Außenhandels und der Industrie. Diese
Abteilungen werden unter der Leitung des Kontrollrates tätig sein.
10.
Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit zur Erhaltung der militärischen Sicherheit wird
die Freiheit der Rede, der Presse und der Religion gewährt. Die religiösen Einrichtungen
sollen respektiert werden. Die Schaffung Freier Gewerkschaften, gleichfalls unter
Berücksichtigung der Notwendigkeit der Erhaltung der militärischen Sicherheit, wird
gestattet werden. B. Wirtschaftliche Grundsätze
11.
Mit dem Ziele der Vernichtung des deutschen Kriegspotentials ist die Produktion von
Waffen, Kriegsausrüstung und Kriegsmitteln, ebenso die Herstellung aller Typen von
Flugzeugen und Seeschiffen zu verbieten und zu unterbinden. Die Herstellung von Metallen
und Chemikalien, der Maschinenbau und die Herstellung anderer Gegenstände, die
unmittelbar für die Kriegswirtschaft notwendig sind, ist streng zu überwachen und zu
beschränken, entsprechend dem genehmigten Stand der friedlichen Nachkriegsbedürfnisse
Deutschlands, um die in dem Punkt 15 angeführten Ziele zu befriedigen. Die
Produktionskapazität, entbehrlich für die Industrie, welche erlaubt sein wird, ist
entsprechend dem Reparationsplan, empfohlen durch die interalliierte Reparationskommission
und bestätigt durch die beteiligten Regierungen, entweder zu entfernen oder, falls sie
nicht entfernt werden kann, zu vernichten.
12.
In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit
dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der
Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere
Monopolvereinigungen.
13.
Bei der Organisation des deutschen Wirtschaftslebens ist das Hauptgewicht auf die
Entwicklung der Landwirtschaft und der Friedensindustrie für den inneren Bedarf
(Verbrauch) zu legen.
14.
Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu
betrachten. Mit diesem Ziel sind gemeinsame Richtlinien aufzustellen hinsichtlich:
a) der Erzeugung und der Verteilung der Produkte der Bergbau- und der verarbeitenden
Industrie;
b) der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und der Fischerei;
c) der Löhne, der Preise und der Rationierung;
d) des Import- und Exportprogramms für Deutschland als Ganzes;
e) der Währung und des Bankwesens; der zentralen Besteuerung und der Zölle;
f) der Reparationen und der Beseitigung des militärischen Industriepotentials;
g) des Transport- und Verkehrswesens. Bei der Durchführung dieser Richtlinien sind
gegebenenfalls die verschiedenen örtlichen Bedingungen zu berücksichtigen.
15.
Es ist eine alliierte Kontrolle über das deutsche Wirtschaftsleben zu errichten, jedoch
nur in den Grenzen, die notwendig sind:
a) Zur Erfüllung des Programms der industriellen Abrüstung und Entmilitarisierung, der
Reparationen und der erlaubten Aus- und Einfuhr;
b) zur Sicherung der Warenproduktion und der Dienstleistungen, die zur Befriedigung der
Bedürfnisse der Besatzungsstreitkräfte und der verpflanzten Personen in Deutschland
notwendig sind und die wesentlich sind für die Erhaltung eines mittleren Lebensstandards
in Deutschland, der den mittleren Lebensstandard der europäischen Länder nicht
übersteigt. (Europäische Länder in diesem Sinne sind alle europäischen Länder mit
Ausnahme des Vereinigten Königreiches und der Sowjetunion);
c) zur Sicherung in der Reihenfolge, die der Kontrollrat festsetzt einer
gleichmäßigen Verteilung der wesentlichsten Waren unter den verschiedenen Zonen, um ein
ausgeglichenes Wirtschaftsleben in ganz Deutschland zu schaffen und die
Einfuhrnotwendigkeit einzuschränken;
d) zur Überwachung der deutschen Industrie und aller wirtschaftlichen und finanziellen
internationalen Abkommen einschließlich der Aus- und Einfuhr mit dem Ziel der
Unterbindung einer Entwicklung des Kriegspotentials Deutschlands und der Erreichung der
anderen genannten Aufgaben;
e) zur Überwachung aller deutschen öffentlichen oder privaten wissenschaftlichen
Forschungs- oder Versuchsanstalten, Laboratorien usw., die mit einer Wirtschaftstätigkeit
verbunden sind.
16.
Zur Einführung und Unterstützung der wirtschaftlichen Kontrolle, die durch den
Kontrollrat errichtet worden ist, ist ein deutscher Verwaltungsapparat zu schaffen. Den
deutschen Behörden ist nahezulegen, in möglichst vollem Umfange die Verwaltung dieses
Apparates zu fördern und zu übernehmen. So ist dem deutschen Volk klarzumachen, daß die
Verantwortung für diese Verwaltung und deren Versagen auf ihm ruhen wird. Jede deutsche
Verwaltung, die dem Ziel der Besatzung nicht entsprechen wird, wird verboten werden.
17.
Es sind unverzüglich Maßnahmen zu treffen zur:
a) Durchführung der notwendigen Instandsetzungen des Verkehrswesens,
b) Hebung der Kohlenerzeugung,
c) weitestmöglichen Vergrößerung der landwirtschaftlichen Produktion und
d)Durchführung einer beschleunigten Instandsetzung der Wohnungen und der wichtigsten
öffentlichen Einrichtungen.
18.
Der Kontrollrat hat entsprechende Schritte zur Verwirklichung der Kontrolle und der
Verfügung über alle deutschen Guthaben im Auslande zu übernehmen, welche noch nicht
unter die Kontrolle der alliierten Nationen, die an dem Krieg gegen Deutschland
teilgenommen haben, geraten sind.
19.
Die Bezahlung der Reparationen soll dem deutschen Volke genügend Mittel belassen, um ohne
eine Hilfe von außen zu existieren. Bei der Aufstellung des Haushaltsplanes Deutschlands
sind die nötigen Mittel für die Einfuhr bereitzustellen, die durch den Kontrollrat in
Deutschland genehmigt worden ist. Die Einnahmen aus der Ausfuhr der Erzeugnisse der
laufenden Produktion und der Warenbestände dienen in erster Linie der Bezahlung dieser
Einfuhr: Die hier erwähnten Bedingungen werden nicht angewandt bei den Einrichtungen und
Produkten, die in den Punkten 4a und 4b der Übereinkunft über die deutschen Reparationen
erwähnt sind.
IV.
Reparationen aus Deutschland
In Übereinstimmung mit der Entscheidung der Krim-Konferenz, wonach Deutschland gezwungen
werden soll, in größtmöglichem Ausmaß für die Verluste und die Leiden, die es den
Vereinten Nationen verursacht hat, und wofür das deutsche Volk der Verantwortung nicht
entgehen kann, Ausgleich zu schaffen, wurde folgende Übereinkunft über Reparationen
erreicht:
1.
Die Reparationsansprüche der UdSSR sollen durch Entnahmen aus der von der UdSSR besetzten
Zone in Deutschland und durch angemessene deutsche Auslandsguthaben befriedigt werden.
2.
Die UdSSR wird die Reparationsansprüche Polens aus ihrem eigenen Anteil an den
Reparationen befriedigen.
3.
Die Reparationsansprüche der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreiches und der
anderen zu Reparationsforderungen berechtigten Länder werden aus den westlichen Zonen und
den entsprechenden deutschen Auslandsguthaben befriedigt werden.
4.
In Ergänzung der Reparationen, die die UdSSR aus ihrer eigenen Besatzungszone erhält,
wird die UdSSR zusätzlich aus den westlichen Zonen erhalten:
a) 15% derjenigen verwendungsfähigen und vollständigen industriellen Ausrüstung, vor
allem der metallurgischen, chemischen und Maschinen erzeugenden Industrien, soweit sie
für die deutsche Friedenswirtschaft unnötig und aus den westlichen Zonen Deutschland zu
entnehmen sind, im Austausch für einen entsprechenden Wert an Nahrungsmitteln, Kohle,
Kali, Zink, Holz, Tonprodukten, Petroleumprodukten und anderen Waren, nach Vereinbarung.
b) 10% derjenigen industriellen Ausrüstung, die für die deutsche Friedenswirtschaft
unnötig ist und aus den westlichen Zonen zu entnehmen und auf Reparationskonto an die
Sowjetregierung zu übertragen ist ohne Bezahlung oder Gegenleistung irgendwelcher Art.
Die Entnahmen der Ausrüstung, wie sie oben in a) und b) vorgesehen sind, sollen
gleichzeitig erfolgen.
5.
Der Umfang der aus den westlichen Zonen zu entnehmenden Ausrüstung, der auf
Reparationskonto geht, muß spätestens innerhalb sechs Monaten von jetzt ab bestimmt
sein.
6.
Die Entnahme der industriellen Ausrüstung soll so bald wie möglich beginnen und
innerhalb von zwei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der in § 5 spezifizierten Bestimmung,
abgeschlossen sein. Die Auslieferung der in § 4 a) genannten Produkte soll so schnell wie
möglich beginnen, und zwar in durch Vereinbarung bedingten Teillieferungen seitens der
Sowjetunion, und innerhalb von fünf Jahren von dem erwähnten Datum ab erfolgen. Die
Bestimmung des Umfanges und der Art der industriellen Ausrüstung, die für die deutsche
Friedenswirtschaft unnötig ist und der Reparation unterliegt, soll durch den Kontrollrat
gemäß den Richtlinien erfolgen, die von der alliierten Kontrollkommission für
Reparationen, unter Beteiligung Frankreichs, festgelegt sind, wobei die endgültige
Entscheidung durch den Kommandierenden der Zone getroffen wird, aus der die Ausrüstung
entnommen werden soll.
7.
Vor der Festlegung des Gesamtumfanges der der Entnahme unterworfenen Ausrüstung sollen
Vorschußlieferungen solcher Ausrüstung erfolgen, die als zur Auslieferung verfügbar
bestimmt werden in Übereinstimmung mit dem Verfahren, das im letzten Satz des § 6
vorgesehen ist.
8.
Die Sowjetregierung verzichtet auf alle Ansprüche bezüglich der Reparationen aus
Anteilen an deutschen Unternehmungen, die in den westlichen Besatzungszonen in Deutschland
gelegen sind. Das gleiche gilt für deutsche Auslandsguthaben in allen Ländern, mit
Ausnahme der weiter unten in § 9 gekennzeichneten Fälle.
9.
Die Regierungen der USA und des Vereinigten Königreichs verzichten auf ihre Ansprüche im
Hinblick auf Reparationen hinsichtlich der Anteile an deutschen Unternehmungen, die in der
östlichen Besatzungszone in Deutschland gelegen sind. Das gleiche gilt für deutsche
Auslandsguthaben in Bulgarien, Finnland, Ungarn, Rumänien und Ostösterreich.
10.
Die Sowjetregierung erhebt keine Ansprüche auf das von den alliierten Truppen in
Deutschland erbeutete Geld.
V.
Die deutsche Kriegs- und Handelsmarine
Die Konferenz erzielte im Prinzip eine Einigung hinsichtlich der Maßnahmen über die
Ausnutzung und die Verfügung über die ausgelieferte deutsche Flotte und die
Handelsflotte. Es wurde beschlossen, daß die drei Regierungen Sachverständige bestellen,
um gemeinsam detaillierte Pläne zur Verwirklichung der vereinbarten Grundsätze
auszuarbeiten. Eine weitere gemeinsame Erklärung wird von den drei Regierungen
gleichzeitig zu gegebener Zeit veröffentlicht werden.
VI.
Stadt Königsberg und das anliegende Gebiet
Die Konferenz prüfte einen Vorschlag der Sowjetregierung, daß vorbehaltlich der
endgültigen Bestimmung der territorialen Fragen bei der Friedensregelung derjenige
Abschnitt der Westgrenze der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, der an die Ostsee
grenzt, von einem Punkt an der östlichen Küste der Danziger Bucht in östlicher Richtung
nördlich von Braunsberg-Goldap und von da zu dem Schnittpunkt der Grenzen Litauens, der
Polnischen Republik und Ostpreußens verlaufen soll. Die Konferenz hat grundsätzlich dem
Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endgültigen Übergabe der Stadt
Königsberg und des anliegenden Gebietes an die Sowjetunion gemäß der obigen
Beschreibung zugestimmt, wobei der genaue Grenzverlauf einer sachverständigen Prüfung
vorbehalten bleibt. Der Präsident der USA und der britische Premierminister haben
erklärt, daß sie den Vorschlag der Konferenz bei der bevorstehenden Friedensregelung
unterstützen werden.
VII.
Kriegsverbrecher
Die drei Regierungen haben von dem Meinungsaustausch Kenntnis genommen, der in den letzten
Wochen in London zwischen britischen, USA-, sowjetischen und französischen Vertretern mit
dem Ziele stattgefunden hat, eine Vereinbarung über die Methoden des Verfahrens gegen
alle Hauptkriegsverbrecher zu erzielen, deren Verbrechen nach der Moskauer Erklärung vom
Oktober 1943 räumlich nicht besonders begrenzt sind. Die drei Regierungen bekräftigen
ihre Absicht, diese Verbrecher einer schnellen und sicheren Gerichtsbarkeit zuzuführen.
Sie hoffen, daß die Verhandlungen in London zu einer schnellen Vereinbarung führen, die
diesem Zwecke dient, und sie betrachten es als eine Angelegenheit von größter
Wichtigkeit, daß der Prozeß gegen diese Hauptverbrecher zum frühestmöglichen Zeitpunkt
beginnt. Die erste Liste der Angeklagten wird vor dem 1. September dieses Jahres
veröffentlicht werden.
VIII.
Österreich
Die Konferenz hat einen Vorschlag der Sowjetregierung über die Ausdehnung der Autorität
der österreichischen provisorischen Regierung auf ganz Österreich geprüft. Die drei
Regierungen stimmten darin überein, daß sie bereit seien, diese Frage nach dem Einzug
der britischen und amerikanischen Streitkräfte in die Stadt Wien zu prüfen.
IX.
Polen
Die Konferenz hat die Fragen, die sich auf die Polnische Provisorische Regierung der
Nationalen Einheit und auf die Westgrenze Polens beziehen, der Betrachtung unterzogen.
Hinsichtlich der Polnischen Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit definierten
sie ihre Haltung in der folgenden Feststellung:
a) Wir haben mit Genugtuung von dem Abkommen Kenntnis genommen, das die polnischen
Vertreter aus Polen selbst und diejenigen aus dem Auslande erzielt haben, durch das die in
Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Krim-Konferenz erfolgte Bildung einer Polnischen
Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit möglich geworden ist, die von den drei
Mächten anerkannt worden ist. Die Herstellung diplomatischer Beziehungen mit der
Polnischen Provisorischen Regierung durch die britische Regierung und die Regierung der
Vereinigten Staaten hatte die Zurückziehung ihrer Anerkennung der früheren polnischen
Regierung in London zur Folge, die nicht mehr besteht. Die Regierungen der Vereinigten
Staaten und Großbritanniens haben Maßnahmen zum Schutze der Interessen der Polnischen
Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit als der anerkannten Regierung des
polnischen Staates hinsichtlich des Eigentums getroffen, das dem polnischen Staate
gehört, in ihren Gebieten liegt und unter ihrer Kontrolle steht, unabhängig davon,
welcher Art dieses Eigentum auch sein mag. Sie haben weiterhin Maßnahmen zur Verhinderung
einer Übereignung derartigen Eigentums an Dritte getroffen. Der Polnischen Provisorischen
Regierung der Nationalen Einheit werden alle Möglichkeiten zur Anwendung der üblichen
gesetzlichen Maßnahmen geboten werden zur Wiederherstellung eines beliebigen
Eigentumsrechtes des Polnischen Staates, das ihm ungesetzlich entzogen worden sein sollte.
Die drei Mächte sind darum besorgt, der Polnischen Provisorischen Regierung der
Nationalen Einheit bei der Angelegenheit der Erleichterung der möglichst baldigen
Rückkehr aller Polen im Ausland nach Polen behilflich zu sein, und zwar für alle Polen
im Ausland, die nach Polen zurückzukehren wünschen, einschließlich der Mitglieder der
polnischen bewaffneten Streitkräfte und der polnischen Handelsmarine. Sie erwarten, daß
den in die Heimat zurückkehrenden Polen die gleichen persönlichen und eigentumsmäßigen
Rechte zugebilligt werden wie allen übrigen polnischen Bürgern. Die drei Mächte nehmen
zur Kenntnis, daß die Polnische Provisorische Regierung der Nationalen Einheit in
Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Krim-Konferenz der Abhaltung freier und
ungehinderter Wahlen, die so bald wie möglich auf der Grundlage des allgemeinen
Wahlrechts und der geheimen Abstimmung durchgeführt werden sollen, zugestimmt hat, wobei
alle demokratischen und antinazistischen Parteien das Recht zur Teilnahme und zur
Aufstellung von Kandidaten haben und die Vertreter der alliierten Presse volle Freiheit
genießen sollen, der Welt über die Entwicklung der Ereignisse in Polen vor und während
der Wahlen zu berichten.
b) Bezüglich der Westgrenze Polens wurde folgendes Abkommen erzielt: In Übereinstimmung
mit dem bei der Krim-Konferenz erzielten Abkommen haben die Häupter der drei Regierungen
die Meinung der Polnischen Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit hinsichtlich
des Territoriums im Norden und Westen geprüft, das Polen erhalten soll. Der Präsident
des Nationalrates Polens und die Mitglieder der Polnischen Provisorischen Regierung der
Nationalen Einheit sind auf der Konferenz empfangen worden und haben ihre Auffassungen in
vollem Umfange dargelegt. Die Häupter der drei Regierungen bekräftigen ihre Auffassung,
daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zu der Friedenskonferenz
zurückgestellt werden soll. Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein,
daß bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete
östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort
die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße und die westliche Neiße
entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teiles
Ostpreußens, der nicht unter der Verwaltung der Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken in Übereinstimmung mit den auf dieser Konferenz erzielten Vereinbarungen
gestellt wird und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig unter die
Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der
sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen.
X.
Der Abschluß der Friedensverträge und Zulassung zur Organisation der Vereinten Nationen
Die Konferenz einigte sich auf die folgende Erklärung über eine gemeinsame Politik zur
möglichst baldigen Schaffung der Bedingungen für einen dauerhaften Frieden nach der
siegreichen Beendigung des Krieges in Europa. Die drei Regierungen betrachten es als
wünschenswert, daß die gegenwärtige anormale Stellung Italiens, Bulgariens, Finnlands,
Ungarns und Rumäniens durch den Abschluß von Friedensverträgen beendigt werden soll.
Sie vertrauen darauf, daß auch die anderen interessierten alliierten Regierungen diese
Ansicht teilen. Für Ihren Teil haben die drei Regierungen die Vorbereitung eines
Friedensvertrages für Italien als erste unter den vordringlichen und wichtigen Aufgaben
vorgesehen, denen sich der Rat der Außenminister unterziehen soll. Italien war die erste
der Achsenmächte, die mit Deutschland gebrochen hat, zu dessen Niederlage es materiell
erheblich beigetragen hat, und es hat sich jetzt den Alliierten in ihrem Kampf gegen Japan
angeschlossen. Italien hat sich selbst vom faschistischen Regime befreit und macht gute
Fortschritte auf dem Wege zur Wiederherstellung einer demokratischen Regierung und
demokratischer Einrichtungen. Der Abschluß eines solchen Friedensvertrages mit einer
anerkannten und demokratischen italienischen Regierung würde es den drei Regierungen
ermöglichen, ihrem Wunsche entsprechend einen Antrag Italiens auf die Mitgliedschaft in
der Organisation der Vereinten Nationen zu unterstützen. Die drei Regierungen haben
ferner den Rat der Außenminister mit der Aufgabe einer Vorbereitung von
Friedensverträgen für Bulgarien, Finnland, Ungarn und Rumänien beauftragt. Der
Abschluß von Friedensverträgen mit anerkannten demokratischen Regierungen in diesen
Staaten würde ebenfalls die drei Regierungen befähigen, deren Anträge auf
Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zu unterstützen. Die drei Regierungen kommen
überein, jede für sich in naher Zukunft im Lichte der dann vorherrschenden Bedingungen
die Herstellung diplomatischer Beziehungen zu Finnland, Rumänien, Bulgarien und Ungarn zu
untersuchen, soweit dies vor Abschluß von Friedensverträgen mit diesen Ländern möglich
ist. Die drei Regierungen zweifeln nicht, daß im Hinblick auf die veränderten Umstände,
bedingt durch das Kriegsende in Europa, die Vertreter der alliierten Presse volle Freiheit
genießen, der Welt über die Ereignisse in Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland
berichten. Hinsichtlich der Zulassung anderer Staaten zur Organisation der Vereinten
Nationen erklärt Artikel 4 der Charta der Vereinten Nationen folgendes:
1. Die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen steht allen anderen friedliebenden Staaten offen, die die in der vorliegenden Charta enthaltenen Verpflichtungen akzeptieren und nach dem Urteil der Organisation willens und in der Lage sind, diese Verpflichtungen durchzuführen.
2. Die Zulassung jedes derartigen Staates zur Mitgliedschaft der Vereinten Nationen erfolgt durch Beschluß der Generalversammlung auf Empfehlung des Sicherheitsrates.
Die drei Regierungen werden ihrerseits Anträge auf Mitgliedschaft seitens solcher Staaten, die während des Krieges neutral geblieben sind und die oben aufgeführten Bedingungen erfüllen werden, unterstützen. Die drei Regierungen fühlen sich jedoch verpflichtet, klarzustellen, daß sie für ihren Teil einen Antrag auf Mitgliedschaft seitens der gegenwärtigen spanischen Regierung, die sich mit Unterstützung der Achsenmächte gebildet hat, nicht begünstigen werden, da diese angesichts ihres Ursprunges, ihres Charakters, ihrer Geschichte und ihrer engen Verbindung mit den Angreiferstaaten nicht die notwendigen Qualifikationen zur Rechtfertigung einer derartigen Mitgliedschaft besitzt.
XI.
Territoriale Treuhänderschaft
Die Konferenz prüfte einen Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich einer
Treuhänderschaft über Territorien, wie sie in dem Beschluß der Krim-Konferenz und in
der Charta der Vereinten Nationen definiert sind. Nach einem Meinungsaustausch über diese
Frage wurde beschlossen, daß die Verfügung über frühere italienische Kolonialgebiete
im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Friedensvertrages für Italien geklärt und im
September vom Rat der Außenminister beraten werden soll.
XII.
Verfahrensrevision bei der alliierten Kontrollkommission in Rumänien, Bulgarien und
Ungarn
Die drei Regierungen nahmen zur Kenntnis, daß die Sowjetvertreter bei den alliierten
Kontrollkommissionen in Rumänien, Bulgarien und Ungarn ihren britischen und
amerikanischen Kollegen Vorschläge zur Verbesserung der Arbeit der Kontrollkommissionen
übermittelt haben, nachdem die Feindseligkeiten in Europa aufgehört haben. Die drei
Regierungen kamen überein, daß die Revision des Verfahrens der alliierten
Kontrollkommission in diesen Ländern jetzt durchgeführt werden könne, wobei die
Interessen und Verantwortlichkeiten der drei Regierungen berücksichtigt sind, die
gemeinsam die Waffenstillstandsbedingungen den jeweiligen Ländern vorgelegt haben, und
wobei die vereinbarten Vorschläge als Grundlage dienen sollen.
XIII.
Ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile
Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Ausweisung Deutscher aus Polen, der
Tschechoslowakei und Ungarn: Die drei Regierungen haben die Frage unter allen
Gesichtspunkten beraten und erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung
oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben
sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie stimmen darin überein, daß jede
derartige Überführung, die stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise
erfolgen soll. Da der Zustrom einer großen Zahl Deutscher nach Deutschland die Lasten
vergrößern würde, die bereits auf den Besatzungsbehörden ruhen, halten sie es für
wünschenswert, daß der alliierte Kontrollrat in Deutschland zunächst das Problem unter
besonderer Berücksichtigung der Frage einer gerechten Verteilung dieser Deutschen auf die
einzelnen Besatzungszonen prüfen soll. Sie beauftragen demgemäß ihre jeweiligen
Vertreter beim Kontrollrat, ihren Regierungen so bald wie möglich über den Umfang zu
berichten, in dem derartige Personen schon aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn nach
Deutschland gekommen sind, und eine Schätzung über Zeitpunkt und Ausmaß vorzulegen, zu
dem die weiteren Überführungen durchgeführt werden könnten, wobei die gegenwärtige
Lage in Deutschland zu berücksichtigen ist. Die tschechoslowakische Regierung, die
Polnische Provisorische Regierung und der Alliierte Kontrollrat in Ungarn werden
gleichzeitig von obigem in Kenntnis gesetzt und ersucht werden, inzwischen weitere
Ausweisungen der deutschen Bevölkerung einzustellen, bis die betroffenen Regierungen die
Berichte ihrer Vertreter an den Kontrollausschuß geprüft haben.
XIV.
Militärische Besprechungen
Während der Konferenz fanden Sitzungen zwischen den Stabschefs der drei Regierungen über
militärische Themen gemeinsamen Interesses statt.
2. August 1945.
(Dieser Bericht ist von J. W. Stalin, Harry S. Truman und C. R. Attlee unterzeichnet.)
Quelle: Amtsblatt des Alliierten Kontrollrats in Deutschland, Supplement Nr. 1, Berlin 1946, S 13-20.