Aus dem „Forum Heimatkreis Reichenberg
von Rechtsanwalt Wolfgang Lazarek, 2001-10-15

Zum Thema „Zweisprachigkeit bei Ortsnamen“ muß ich widersprechen, denn eine Zweisprachigkeit gibt es nicht.
Im tschechischen Amtsverkehr werden nur die tschechischen Namen geduldet. Man wird auch keine zweisprachigen Ortsschilder finden im Gegensatz zu Schlesien und Südtirol. In Schlesien sind zweisprachige Ortsschilder durchaus gängig, obwohl es ein Sprachengesetz nicht gibt. Herr Walesa hat 1992 klar ausgedrückt, man könne zweisprachige Ortsschilder anbringen, nur der Staat würde diese Schilder nicht bezahlen.
Die Zweisprachigkeit wurde von national gesinnten Leuten schon in den 20er Jahren betrieben. Insbesondere hat man damals für rein deutsche Orte tschechische Namen erfunden. Es gab zwar für größere Städte tschechische Namen, wie z. B. für Eger „Cheb“, für die umliegenden Dörfer existierten jedoch keine solchen, diese wurden von einer besonderen Kommission in den den 20er Jahren erfunden – gerade so wie auch in Südtirol, wo ein Herr Tolomei in den 20er Jahren für rein deutsche Orte in Südtirol italienische Namen erfand, wie z. B. „Egna“ für Neumarkt .

Eine zweisprachige Bezeichnung von sudetendeutschen Ortsnamen gibt es nicht. Man kann jedoch in Gesprächen mit Tschechen deutsche Namen verwenden, sofern ein Tscheche diese Namen überhaupt versteht. So ist es durchaus üblich, z. B. in Ellbogen, in Gaststätten den deutschen Namen Ellbogen zu verwenden und nicht „Loket“. Wenn man jedoch nach dem „Weißen Roß“ fragt – dort verkehrte Goethe sehr häufig – dann wird niemand diesen Namen verstehen, sondern nur die Bezeichnung „Bily Kun“
Bei wirtschaftlichen Firmennamen hat man es natürlich aufgrund der internationalen Bedeutung bei den alten Namen belassen, vergl. Moser oder Thun oder Hutfabrik Hückel in Neutitschein.

Man muß das Problem der Ortsnamen sehr differenziert betrachten. Viele Sudetendeutsche werden ihre alten Dörfer suchen, aber aufgrund der tschechischen Ortsnamen nicht finden. Es gibt jedoch hervorragende Karten, in denen deutsche und tschechische Namen vermerkt sind, u. a. auch die Orte, und dies sind über 1000, die heute nicht mehr existieren.

In Prag habe ich noch nie einen Tschechen erlebt, der von Praha gesprochen hätte.
In Karlsbad gibt es keinen Tschechen, der den deutschen Namen verwendet, höchstend in der Verbindung „Karlsbader Oblaten“. Immerhin gibt es aber auch sehr positive Beispiele: in Karlsbad existiert ein Chebsky Dvur, dieser hat auch außen ein Schild mit „Egerländer Hof“ (am alten Markt, bergauf, hinter der Holzkolonnade) oder einen „Bayerischen Hof“. Deutsche Handelsketten benennen ihre Niederlassung in der Tschechischen Republik mit dem deutschen Namen, so z. B. die Kette „Kaufland“.
Die Speisekarten sind in touristisch frequentierten Lokalen in Deutsch und Tschechisch, wobei die deutsche Übersetzung häufig abenteuerlich klingt. Auf der letzten Seite befinden sich die Gerichte für die Einheimischen nur in Tschechisch. Wer also Tschechisch kann, der möge in einer Speisekarte diese von rückwärts lesen.

Die Erfindung der tschechischen bzw. italienischen Namen für deutsche Orte im Sudetenland bzw. in Südtirol dürfte noch einige Jahre weiter zurückliegen, denn sowohl die Tschechen als auch Italiener arbeiteten ja auf eine Verschiebung der Volksgrenzen hin, bevor sie bei dem Zusammenbruch Altösterreichs die Gunst der Stunde nutzten, mit Waffengewalt ihre imperialistischen Pläne durchsetzten und damit große Gebiete deutscher Besiedlung in fremde, feindlich gesinnte Staaten zwangen. ML 2001-10-16