Furchtbare Greuel, Mord, Mißhandlung
Berichter: Johann Peschka, Dechant Bericht vom 3. August 1946
Wohl selten hat ein Dorf unter den Tschechen so gelitten, wie Oberlipka. Der 23jährige
tschechische Kommissar, ein Kommunist, ließ sofort das Kriegerdenkmal in ein
tschechorussisches Siegesdenkmal umwandeln, geschmückt mit dem Bilde Stalins, Sichel und
Hammer. Es wurde Kolchosenwirtschaft eingeführt. Um 6 Uhr früh mußte das ganze Dorf zur
Arbeit antreten. Frauen, die zu spät kamen, da sie ihre kleinen Kinder versorgen mußten,
schlug er mit der Peitsche oder mit der geballten Faust ins Gesicht. Frau Hermine Fischer,
Maurersgattin, deren Mann noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt war, zeigte mir die
blutende Wunde und das zerschlagene Nasenbein. Frl. Hedwig Seifert, die angeblich eine die
Tschechen beleidigende Äußerung getan haben sollte die Anzeige des Spravce
beruhte nicht auf Wahrheit mußte sich in der Kanzlei des Kommissars nackt
ausziehen, wurde dann mit der Peitsche bearbeitet, dann ganz kahl geschoren und mußte
zwei Stunden lang ein Blatt Papier mit der Nase an die Wand gedrückt halten. Sobald
dieses herabfiel, setzte es Peitschenhiebe; auch ihre Notdurft ließ man sie nicht
verrichten, sodaß sie sich verunreinigte. Zum Schluß erhielt sie einen Monat strengsten
Hausarrest, wahrscheinlich, damit sie keine Anzeige erstatten konnte.
Acht unschuldige Menschen ließ dieser Kommissar erschießen, z. B. den Bauern Josef
Kretschmer, auf dessen Feld man in einem Steinhaufen eine Waffe fand, Konrad Neutzler, der
beim Bauern Kretschmer Hausmann war. Vor ihrer Hinrichtung wurden sie nach Aussagen der
Nachbarn nackt ausgezogen, angebunden und furchtbar geschlagen, sodaß ihre Schreie
weithin hörbar waren.
Der Schuhmacher Winkler und seine Frau waren schon über die Grenze gegangen und kamen in
der Nacht zurück, um noch einige Kleider zu holen. Sie wurden aufgegriffen und furchtbar
gepeinigt, sodaß ihre Schreie weithin hörbar waren. Dann wurden sie nach Grulich
getrieben, dort acht Tage im Keller der Druckerei Schiller eingesperrt und wieder
furchtbar mißhandelt. Grulicher, die ihnen begegneten, sahen ihre blutunterlaufenen
Augen, geschwollenen Gesichter und ihren fast irren Blick. Hernach wurden sie alle
außerhalb des Friedhofes zusammen mit Maurerpolier Berthold Seifert und dem Bauernführer
Richard Hentschel erschossen. Bei dieser Hinrichtung mußte das ganze Dorf, von den
achtjährigen Kindern angefangen, mit erhobenen Händen dabeistehen, mußten alle Uhren
und Schmuckwaren mitbringen, die Sekretärin verlangte noch das Absingen der
Deutschland-Hymne, die Soldaten, welche betrunken waren, zielten schlecht, die Frau
erhielt Schüsse in den Unterleib, noch lebend stürzten sie in die Grube, die sie sich
selbst graben mußten. Von oben hinein gab man ihnen im Grabe die letzten Gnadenschüsse.
Viele der Zuschauer wurden ohnmächtig, Maurerpolier und Kleinbauer Johann Müller
erhängte sich nach seiner Rückkehr nachhause ob des Grauens sofort. Vor der Hinrichtung
war Leibesvisitation der gezwungenen Zuschauer und man nahm ihnen alle Uhren und jeden
Schmuck ab.
Auch wurde in Oberlipka ein kriegsverletzter Heimkehrer ohne jedes Verhör kurzerhand
erschossen. Meine Kirchendienerin, die ledige Marie Neutzler, die das ewige Licht
abends in der Filialkirche Oberlipka erneuerte, wurde darob längere Zeit verhört und
gepeinigt, da man sie beschuldigte, Lichtsignale aus der Kirche den Feinden gegeben zu
haben. Sie starb an den Folgen dieser Mißhandlung im Spital zu Mährisch-Rothwasser.
In der Scheuer des Bauern Johann Rotter, genannt Flurhannes, mußten auf Befehl des
Kommissars fünf Frauen im Alter von 40-60 Jahren Korn dreschen, darunter Frau Prause,
Mutter der Frau des Berthold Winige. Da es sehr kalt war, gingen sie, um ihr trockenes
Vesperbrot zu essen und sich zu wärmen, in das Haus der Nachbarin. Als der Kommissar bei
der Scheuer vorüberging und die Frauen nicht sah, holte er sie wütend aus der Stube, sie
mußten sich auf die Tenne legen, den Körper und das Gesäß entblößen, worauf sie der
Wüterich mit seinen Reitstiefeln stieß und trat und mit dem Ochsenziemer furchtbar
bearbeitete. Noch nach Wochen konnte der Arzt die Striemen und Wunden konstatieren. Diese
Tat des Kommissars war selbst den noch anständigen Tschechen zu stark und da unsere
ständigen Berichte und Anzeigen nichts nützten, halfen diese mit, daß endlich von Prag
eine Kommission kam und dem kommunistischen Unhold das Handwerk gelegt wurde.
Es ist ja auch bekannt, mit welch barbarischer Art oft die Besitzer von ihren Höfen und
Häusern vertrieben wurden. So arbeitete z. B. Gastwirt und Bauer Ferdinand Jäckel am
Freudenberg auf dem Felde, als die neuen tschechischen Besitzer auf seinen Hof kamen. Nur
in der Arbeitskleidung mußte er fort von seinem Besitze. Er war schwerversehrt. Grulich
hatte 4200 deutsche Einwohner, die Bevölkerung war vorwiegend katholisch, gegen 500 waren
evangelisch A. B.
Die Bevölkerung war stets friedliebend und lebte während der Tschechoslowakei mit der
tschechischen Bevölkerung im besten Einvernehmen. Als beim Anschluß an Deutschland die
Tschechen abzogen, wurde ihnen kein Haar gekrümmt und nichts weggenommen. Die
zurückgebliebenen Tschechen wurden weiterhin gut behandelt, es wurden auch die
tschechischen Arbeiter während des Krieges gut behandelt und gut bezahlt, konnten sich
wie die Deutschen frei bewegen und auch Kinos und Gaststätten besuchen. Darum schaute die
Grulicher Bevölkerung nach dem Zusammenbruch mit Ruhe der Wiederkehr der Tschechen
entgegen und war besten Willens, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Am 22. Mai um 7 Uhr früh kamen Autobusse am Stadtplatz an, schwerbewaffnete Partisanen
stiegen aus, umzingelten die Stadt und durchsuchten jedes Haus. Für das Verbergen eines
Menschen war Todesstrafe angedroht. Alle Männer werden am Stadtplatz, Hände hoch,
aufgestellt, sodann in das Landratsamt, eine frühere tschechische Schule geführt. Eine
tschechische Kommission unter dem Vorsitz des Gärtners Fiala und des Fleischhauers Urban
setzte die Zahl der Schläge fest. 50-200 Schläge mit Stahlruten, Peitschen, Stöcken
etc. Sehr wenige gingen straffrei aus. Viele waren halb wahnsinnig vor Schmerzen und
brauchten Stunden, um sich blutend heimzuwälzen. Erschlagen wurden der Jugendführer
Adolf Pospischil und der junge Soldat Ernst Pabel aus Niederlipka, den man auf der Straße
aufgegriffen hatte. Bei der Einsegnung habe ich das Zeltblatt von den Leichen gehoben,
Kopf und Oberkörper waren zu einer blutenden Masse zerschlagen. Pospischil hatte man
zuletzt den Gnadenschuß gegeben. Herr Dr. med. Burek kann alles bezeugen. Ferner wurden
zu Tode geprügelt: der staatliche Bezirksförster Druckereibesitzer Schrutek, weil er
seinen tschechischen Namen hatte in einen deutschen umwandeln lassen, ferner
Schneidermeister Amber.
Politische Gefangene, Parteifunktionäre und Menschen, denen ein Tscheche feindlich
gesonnen war, wurden besonders mißhandelt. Nach Rückkehr von der täglichen Zwangsarbeit
wurden sie abends in den neben der Pfarrei gelegenen Schulhof geführt zur
"Abendgymnastik", beaufsichtigt von tschechischen Soldaten, die im KZ gewesen
sein sollen. Wir hörten die Schreie der Gepeinigten und konnten durch Astlöcher und
Spalten des Bretterverschlages den ganzen Schulhof übersehen. Zuerst Freiübungen unter
ständigen Ohrfeigen und Peitschenhieben, dann Spießrutenlaufen. Am Anfang und Ende der
Reihe standen tschechische Soldaten und versetzten den Laufenden mit Stiefeln und Kolben
Bauch- und Rückenhiebe. Ich sah den nervenkranken Rechtsanwalt Dr. Fanckel unter dem
Gelächter der Soldaten verzweifelt laufen, die ihm Stöße und Schläge versetzten, bis
er niedersank und mit gefalteten Händen um Gnade flehte. Als Antwort erhielt er soviele
Ohrfeigen, bis ihm das Blut aus Mund und Nase strömte. Er starb im Spital von
Mährisch-Rothwasser an den Folgen dieser Behandlung. Dasselbe geschah mit dem
Fleischhauer Hugo Grund.
Dann wurde wieder einer auf eine Kiste geworfen und von zwei Soldaten mit ihren Peitschen
und Stahlgerten geschlagen, bis er bewußtlos wurde. Hierauf wurde er mit kaltem Wasser
übergossen und wenn er wieder bei Bewußtsein war, neuerlich geschlagen.
Ein russischer Major, der vom Fenster der Schule alles mitansah, machte dann dieser
"Abendgymnastik" ein Ende, sodaß die Gefangenen nicht mehr so geschlagen
wurden. Heimkehrer in Uniform wurden von den Tschechen kurzerhand erschossen und am Feld
oder im Wald beerdigt. Zwei Soldaten aus Österreich waren gegen Mittag eines Tages im Mai
1945 bei mir. Ich riet ihnen, nur bei Nacht zu wandern. Bei Tage sollten sie sich
verborgen halten. Wahrscheinlich hatten sie meinen Rat nicht befolgt und als ich abends zu
einer Leicheneinsegnung auf den Friedhof kam, hatte man sie inzwischen an die
Friedhofsmauer gestellt und erschossen.
Die Deutschen durften keine Eisenbahn benutzen, nicht am Gehsteig gehen, durften einander
nicht in den Häusern besuchen. Frauen, die den Gehsteig benutzten, wurden geohrfeigt und
von Kindern mit Ruten geschlagen. Nemecká kurvau (deutsche Hure) war der Titel der
Tschechen für alle anständigen deutschen Frauen. In Hermsdorf kamen manche Männer an
einem Feiertage in einer Wohnung zum Kartenspiel zusammen, als unverhofft eine
tschechische Kontrolle eintrat. Diese Männer, darunter Hugo Koschinger, Hugo Fischer,
Schneidermeister Josef Vogel wurden darob furchtbar verprügelt und für längere Zeit
eingesperrt. Hugo Fischer war schwer Kriegsverletzter und mußte sich sofort ärztlicher
Behandlung unterziehen.
Frl. Gertrud Wagner ging an einem Sonntag zum Friedhof. Unterwegs wurde sie von
tschechischen Soldaten gestellt, ob sie nicht wisse, daß jeder Soldat von Deutschen zu
grüßen sei, und dann schwer geohrfeigt. Auch mußte sie eine ganze Weile vor den
tschechischen Soldaten auf und abgehen und ständig grüßen.
In Eichstädt wurden, wie mir ein Eichstädter erzählte, 10 oder 12 Menschen nach
furchtbaren Qualen an den Linden bei der Kirche aufgehängt. Darunter Oberlehrer Pischel,
der Bürgermeister Ortsleiter Hentschel, Tischlermeister Safar, weil er einen deutschen
Namen angenommen hatte. Dem Oberlehrer Pischel wurde der Schnurrbart abgebrannt, Ohren und
Nase abgeschnitten, die Zunge herausgerissen. Er mußte sich am Boden wälzen und wurde
dabei furchtbar geschlagen.
Auch in Böhmisch Petersdorf wurden gegen 15 Menschen zu Tode gepeinigt.
Für Berichte aus meinem Pfarrsprengel stehe ich in allem ein und kann es jederzeit
bezeugen.
Aus: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen, Überlebende
kommen zu Wort.
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher
Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald