KK 1195
20. Dezember 2004

Eberhard Günter Schulz: Immanuel Kant und die Aufklärung
Iselin Gundermann und Gerd Heinrich: Tagung des Vereins für Schlesische Kirchengeschichte in Breslau
Gregor Ploch: Schlesien-Forum der gdpv zum Filmbild von Deutschen und Polen
Dieter Göllner: Silber und Käthe-Kruse-Puppen im Haus Schlesien
Eberhard Günter Schulz: Hermannstadt als Mittelpunkt der Völkerverständigung
Gerhard Olter: Günter Grass' Roman „Unkenrufe“ wird in Danzig verfilmt

Bücher und Medien

Literatur und Kunst
Herbert Hupka: Alexander Camaro in Regensburg ausgestellt
Peter Mast: Vortrag über Eduard Graf von Keyserling
Ingmar Brantsch: Herbsttagung rußlanddeutscher Autoren

KK-Notizbuch

 

Mündigkeit als Ziel der Menschenbildung
Immanuel Kant und die Aufklärung
Zweifellos hat Kant mit seiner Definition der Aufklärung, daß sie „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ sei, den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn er hat damit das Ziel der Entwicklung des Menschen zu einem selbständig denkenden und frei handelnden Wesen gültig beschrieben und zugleich die Schwierigkeiten auf diesem Wege treffend angegeben. Damit bleibt sein Begriff der Aufklärung nicht in einer Epoche befangen, sondern wird zu einer allgemeingültigen Metapher. Daher wäre es auch ein Fehler, wenn man Kant gleichsam als den Repräsentanten des Zeitalters der Aufklärung abstempelte, wie wir es im Jahre seines 200. Todestages vielfach lesen und hören konnten. Das wäre sowohl historisch als auch im Hinblick auf die Lehrgehalte der Philosophie Kants falsch.
Beginnen wir mit der Geschichte. Die europäische Aufklärung hat ihren Lauf von England aus mit dem Wirken von John Locke angetreten. In England und auch in Frankreich war die Aufklärung empiristisch, in Deutschland auch rationalistisch geprägt. Die großen Gestalten der Aufklärung in Deutschland waren Gottfried Wilhelm Leibniz aus Leipzig und Christian Wolff aus Breslau.
Als Kant noch zur Schule ging und der das Zeitalter der Auf klärung in der europäischen Politik repräsentierende preußische König Friedrich der Große noch Kronprinz war, wurde 1736 in Berlin auf Betreiben des früheren sächsischen Ministers Reichsgraf von Manteuffel die Societas Alethophilorum, die Gesellschaft der Wahrheitsfreunde, gegründet. Die von dieser Gesellschaft geprägte Medaille zeigte die Köpfe von Leibniz und von Wolff. In den Rand aber waren eingeprägt die Worte des römischen Dichterphilosophen Horaz: „Sapere aude“. Diese Sentenz nennt Kant in dem klassischen ersten Absatz seines bekannten Aufsatzes vom 30. September 1784, „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, den Wahlspruch der Aufklärung und übersetzt ihn mit „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Daß die Vernunft das oberste Kriterium für die Erkenntnis der Wahrheit, der Sittlichkeit und des Rechtes ist, war die Lehre Wolffs gewesen, für die er 17 Jahre Verbannung aus Preußen, allerdings zu fruchtbarem Wirken in Marburg, in Kauf zu nehmen hatte. Als Repräsentant der Epoche der Aufklärung steht also Kant auf den Schultern seiner berühmten Vorgänger. Das drückt er selbst indirekt aus in der Anmerkung zu seiner Vorrede zur 1. Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“, mit der er seine kritische Untersuchung des menschlichen Erkenntnisvermögens in den besseren Teil des Geistes seiner Zeit einordnet :
„Unser Zeitalter ist das eigentliche Zeitalter der Kritik, der sich alles unterwerfen muß. Religion durch ihre Heiligkeit und Gesetzgebung durch ihre Majestät wollen sich gemeiniglich derselben entziehen. Aber alsdann erregten sie gerechten Verdacht wider sich, und können auf unverstellte Achtung nicht Anspruch machen, die die Vernunft nur demjenigen bewilligt, was ihre freie und öffentliche Prüfung hat aushalten können.“
In dieser Anmerkung nennt Kant zwei Felder der Philosophie, in bezug auf die er geradezu als der Vollender der Aufklärung bezeichnet werden kann. In der kritischen Prüfung der Offenbarungsreligionen und in der philosophischen Kritik des positiven Staats- und Völkerrechts muß sich vor allem die Mündigkeit des aufgeklärten Menschen und Bürgers bewähren. Bereits im genannten Aufklärungsaufsatz von 1784 werden diese beiden Punkte gründlich behandelt, was dann in dem Lob Friedrichs des Großen gipfelt als des einzigen Monarchen, der nicht nur die Glaubensfreiheit für geboten hält, sondern auch zur Kritik an der gültigen Rechtsordnung auffordert, um zu einer besseren Gesetzgebung zu gelangen.
Kant tut dies in schöner Übereinstimmung mit Moses Mendelssohn, dem letzten bedeutenden Wolffianer in Berlin, der Friedrich in seinem ein Jahr zuvor erschienenen Werk „Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum“ mit der ihm eigenen Beredsamkeit gewürdigt hatte. Schon hier hat also Kant das selbständige, über Autorität und Mode erhabene Denken in allen Religions- und Staatsangelegenheiten als eine unaufgebbare Forderung der Humanität dargestellt und damit die Entwicklung befreiten Denkens der Neuzeit zum Ziele gebracht.
Aber hinsichtlich zweier Gebiete der Philosophie, zu denen Kant originär seine einmaligen Entdeckungen vorgetragen hat, nämlich der Erkenntnistheorie und der Ethik, ist er geradezu ein Gegner und Überwinder der Aufklärung seiner Zeit. In der Erkenntnistheorie hat er dem unbegrenzten dogmatischen Vertrauen, sei es in die Möglichkeiten der reinen Vernunft, sei es in die der bloßen Sinnlichkeit, in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ unüberschreitbare Grenzen gesetzt, indem er einerseits die Abhängigkeit unserer objektiv gültigen Erfahrungserkenntnis von den Leistungen des Verstandes des erkennenden Subjekts und andererseits die Beschränkung des Gebrauchs der Grundbegriffe des reinen Verstandes als Bedingungen möglicher Erfahrung und damit die Unmöglichkeit einer von den mannigfaltigen Daten unserer Sinneswahrnehmungen unabhängigen Vernunfterkenntnis gezeigt hat. Dadurch ist seine Kritik der reinen spekulativen Vernunft ein faszinierender Versuch, einerseits Locke und Hume und andererseits Descartes, Leibniz und Wolff zu widerlegen.
Was nun seine Ethik des kategorischen Imperativs als Prinzips sowohl der Erkenntnis als auch der Erfüllung unserer Pflichten anbetrifft, so ist er der Glückseligkeitsmoral des Aufklärungszeitalters, die heute als Utilitarismus fortlebt und gleichsam zur Ersatzmoral der freien Welt geworden ist, radikal entgegengetreten, indem er sie als bloße Klugheitslehre entlarvte. Das ist ja gerade der Unterschied der hypothetischen Imperative zum kategorischen Imperativ. Die hypothetischen Imperative setzen als Bedingung ihrer Gültigkeit einen möglichen Zweck voraus, zum Beispiel sich ein Automobil anzuschaffen oder ein Haus zu bauen, oder einen Zweck, den jeder Mensch sich von Natur setzt, nämlich glücklich zu sein. Dieses Ziel, glücklich zu sein, bedeutet übrigens in den wichtigsten Punkten für den Menschen folgendes: 1. Suche dir eine Erwerbstätigkeit, die deinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht, so daß du dabei dich glücklich und die anderen davon Betroffenen zufrieden machen kannst. Und 2. Suche dir einen Lebenspartner (oder Lebensabschnittspartner), mit dem sowohl du froh sein kannst als auch er oder sie mit dir, oder, anders ausgedrückt, mit dem die Last des Zusammenlebens optimal erträglich ist. Das sind die wichtigsten hypothetischen Imperative für den Menschen unter der selbstverständlichen Voraussetzung (Hypothese), daß er die Absicht hat, glücklich zu sein. Wenn man sich nach ihnen richtet, kann man viel von dem Glück erreichen, das Menschen auf dieser Erde möglich ist. Mit Moral hat das, wenn man dabei keine krummen Wege geht, nichts zu tun. Das ist einfach Lebensklugheit.
Der kategorische Imperativ dagegen ist eine unbedingte Sollensvorschrift. Sie verlangt von uns nicht einfach zweckmäßiges Verhalten, sondern ein Tun und Lassen, das der Würde des Menschen als eines vernünftigen Wesens entspricht. Dazu ist nichts anderes erforderlich als bei der Verfolgung aller Absichten, die wir uns vorsetzen, zu beachten, daß wir nur nach solchen Grundsätzen handeln, deren gleichzeitige Gültigkeit als allgemeine Gesetze wir denken und wollen können. Anders ausgedrückt: Wenn wir der Tatsache eingedenk sind, daß der Mensch das einzige Lebewesen ist, das als Zweck an sich selbst existiert, so folgt, daß wir so handeln sollen, daß wir die Menschheit sowohl in der eigenen Person als auch in der Person jedes anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchen.
Diese beiden Formeln bedeuten anders als beim sinnvollen Trachten nach dem eigenen Glück, daß durch dieses Gesetz der allgemeinen Menschenvernunft unsere Handlungen lediglich in erlaubte und unerlaubte eingeteilt werden, so daß der große Bereich des moralisch Erlaubten, aber auch nur dieser, zur uneingeschränkten Beförderung unseres Glückes, so weit wir es denn beurteilen zu können glauben, zur Verfügung steht. So ist der Mensch nicht mehr Knecht seiner Glücksvorstellungen, sondern vielmehr befreit zum frohen Genuß seiner Erfolge ebenso wie zum tapferen Ertragen seiner Geschicke, die ihn unverschuldet treffen.
So zeigt sich, daß Kants Einsicht in die Begrenztheit der möglichen Erkenntnis des Menschen ebenso wie seine Lehre von der Vernunftnotwendigkeit bei unserem Tun und Lassen etwas ganz anderes ist als die unkritische Einstellung seiner Zeitgenossen zur menschlichen Erkenntnis und zur Moral.
Ganz zugetan war er dagegen sowohl den Reformideen des Aufklärungszeitalters in der Pädagogik als auch dessen Optimismus hinsichtlich des Verlaufs der Geschichte auf das Ziel einer besseren Welt hin.
So begeisterte sich Kant bereits Mitte der 70er Jahre für die pädagogischen Bemühungen der Philanthropen, die unter Leitung von Bernhard Basedow, unterstützt vom Fürsten von Anhalt, in Dessau eine Erziehungsanstalt errichtet hatten. Das Programm bestand in einem überkonfessionellen Unterricht in der natürlichen Religion, das ist der Lehre vom Glauben an Gott, die in Analogie zum Menschen als vernünftigem und starkem Urheber seiner Artefakte von der Ordnung, Zweckmäßigkeit und Schönheit der Welt auf einen an Intelligenz, Macht und gutem Willen nicht zu übertreffenden Urheber des Universums schließt, einer natürlichen Sprachlehrmethode und in der Aufnahme der Realien (Physik, Chemie, Biologie, Werkunterricht und Gartenarbeit) in den Fächerkanon. Kant warb in Königsberg für diese moderne Pädagogik durch Vermittlung von Abonnements für die Zeitschrift des Instituts („Pädagogische Unterhandlungen“) und von Schülern, die ins Internat nach Dessau gingen.
Dies bezeugt am besten ein Brief Kants vom 28. März 1776 an Christian Heinrich Wolke, einen der Direktoren des Instituts. Darin heißt es: „Herr Robert Motherby, ein hier etablierter englischer Kaufmann, mein sehr werter Freund, wünscht nämlich seinen einzigen Sohn George Motherby im Philanthropin Dero gütigen Vorsorge anvertraut zu sehen. Seine Grundsätze stimmen mit denen, auf welchen Ihre Anstalt errichtet ist, selbst in dem, worin sich diese am weitesten vom gemeinen Vorurtheile entfernet, auf das vollkommenste überein ... Er ist frey erzogen, doch ohne beschwerlich zu fallen ... In Ansehung der Religion ist der Geist des Philanthropins ganz eigentlich mit der Denkungsart des Vaters einstimmig, so sehr, daß er wünscht: daß selbst die natürliche Erkenntnis von Gott nicht gerade zu auf Andachtshandlungen gerichtet werden möge ...“, da sie nur Mittel sind „zur Belebung einer tätigen Gottesfurcht und Gewissenhaftigkeit in Befolgung seiner Pflichten als göttlicher Gebote“. Außerdem würde es der Vater sehr begrüßen, wenn es möglich wäre, „die englische Sprache nach der leichten und sicheren dasigen Methode zu erlernen“, da er später nach England gehen soll.
In seinen Vorlesungen über Pädagogik hat Kant die Disziplinierung des von Natur wilden Menschen als erste Aufgabe, die später nicht nachgeholt werden könne, dargestellt. Dann folgen Kultivierung unter Vorrang von Gedächtnis und Allgemeinbildung, Zivilisierung (Erziehung zur Achtung vor dem Recht) und schließlich Moralisierung als schwerste lebenslange Aufgabe der Selbsterziehung.
In seinen geschichtsphilosophischen Gedanken, die Kant von 1784 bis 1798 in verschiedenen Schriften veröffentlicht hat, wird der Optimismus der meisten Philosophen des Zeitalters auf die Ergebnisse der philosophischen Lehren Kants vom Staats- und Völkerrecht bezogen. Schon in der „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“ von 1784 zeigt er, daß „eine Gesellschaft, in welcher Freiheit unter äußeren Gesetzen im größtmöglichen Grade mit unwiderstehlicher Gewalt verbunden angetroffen wird, d. i. eine vollkommen gerechte bürgerliche Verfassung die höchste Aufgabe“ für die Menschengattung sei. Hinzu kommt die Lösung des Problems, ein gesetzmäßiges äußeres Staatenverhältnis herzustellen, wofür er 1795 im Entwurf „Zum ewigen Frieden“ als Notlösung eine Föderation von Republiken vorschlägt, die stark genug ist, Angriffe anderer Staaten abzuwehren oder ihnen zuvorzukommen. Diese Ziele sind nicht nur moralische Forderungen an die Menschheit, weil sie anders nicht ihrer Würde gemäß verfaßt sein kann. Kant sieht vielmehr auch in der Natur des Menschen und in der allgemeinen Gesetzmäßigkeit der Natur eine hinreichende Gewährleistung dafür, daß die Menschheit diese Ziele einmal erreichen wird.
Man sieht hieran – und das hätte sich durch die Darstellung der Kantischen Gedanken zum philosophischen öffentlichen Recht wie auch zur Religion ebenso zeigen lassen –, daß Kant, wo er die Ideen des Zeitalters der Aufklärung übernimmt und weiterentwickelt, eine prinzipielle Zuspitzung in der Begründung vornimmt, die ihn selbst da, wo er sich ins Glied seiner Zeitgenossen stellt, eine einmalige, alle andern überragende Figur machen läßt.
Eberhard Günter Schulz (KK)

 

Kants große Entdeckungen“ heißt eine Sammlung mit Aufsätzen von Eberhard Günter Schulz, die demnächst im Georg Olms Verlag erscheinen wird. Gleichzeitig gibt er unter dem Titel „Durch Selbstdenken zur Freiheit: Beiträge zur Geschichte der Philosophie im Zeitalter der Aufklärung“ eine Studiensammlung heraus.               (KK)

 

Hilfreich ist allein die Quellenkenntnis
Tagung und Mitgliederversammlung des Vereins für Schlesische Kirchengeschichte in Breslau
Die diesjährige Tagung des Vereins für Schlesische Kirchengeschichte fand – nunmehr mit einer gewissen Selbstverständlichkeit – in der Breslauer Altstadt im Gemeindesaal der Hofkirche statt. Zum ersten Mal nahmen mit Dr. Iselin Gundermann, Prof. Dr. Gerd Heinrich und Prof. Dr. Wolfgang Ribbe drei Vertreter der Arbeitsgemeinschaft für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte daran teil. Das Thema der Tagung lautete nicht nur dem Ort gemäß, sondern auch forschungsgemäß „Flucht und Vertreibung von Polen und Deutschen in theologisch-kirchlicher Sicht“.
Der Zusammenschluß der Evangelischen Kirche der Schlesischen Oberlausitz mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg bot und bietet die Grundlage für das gesteigerte Interesse der Brandenburger an der Arbeit und den geschichtlichen Forschungen des ungemein erfolgreichen schlesischen Vereins. Zugleich erwies sich die Tagung in Breslau als Möglichkeit der Fortsetzung von Gesprächen über gemeinsame Vorhaben (Kirchengeschichte der Altpreußischen Union), die in diesem Frühjahr in Jauernick mit Kirchenhistorikern aus der Schlesischen Oberlausitz eingesetzt hatten.
Die Tagung des Vereins begann nach der Eröffnung und Begrüßungen durch Bischof Ryszard Bogusz und Dr. Christian-Erdmann Schott mit einem umfassenden Vortrag von Dr. Schott zum Thema „Flucht und Vertreibung in deutsch-evangelischer Sicht“. Dabei zeigte der Referent die großen Schwierigkeiten namhafter Theologen, das unerhörte Geschehen von Krieg und Nachkrieg dem Kirchenvolk zu erklären und in Zeiten der Orientierungslosigkeit Verständnis für den Begriff des „Gottesgerichts“ zu finden, während Vertriebene und Flüchtlinge unter dem Kirchenvolk noch hofften, eines Tages in ihre Heimat zurückkehren zu können. Wahrscheinlich war in dieser Lage der Schlesier Joachim Konrad die stärkste theologische Kraft, als er dem Abgleiten in mutlose Passivität entgegenzuwirken suchte und in seiner letzten Breslauer Predigt rief: „Wir sind Pilgrime Gottes. Wenn es Gottes Wille ist, müssen wir die Heimat verlassen“ und „Ein feste Burg ist unser Gott“ als Trost auf den Weg gab.
Ob theologische Erörterungen den Flüchtlingen und Vertriebenen in der Trauer um den Verlust ihrer Heimat und bei allen Schwierigkeiten, in der neuen Umgebung als Fremde Fuß zu fassen, hilfreich waren, gab Anlaß zu einer lebhaften Diskussion, in deren Verlauf auch das deutsch-polnische und polnisch-deutsche Verhältnis zur Sprache kam. Zugleich boten sich wichtige und nötige Einblicke in menschliche Schicksale und mit ihnen in einen wenig aufgearbeiteten, überaus problematischen Stoff der kirchlichen Zeitgeschichte.
Prononciert, im historischen Bilde gesagt: Waren beispielsweise die schlesischen „Dragonaden“ und Vertreibungen des 17. Jahrhunderts gegen evangelische Pfarrer und Gläubige und konfessionelle Minderheiten „Gottesgerichte“? Natürlich nicht. Es handelte sich um Exzesse des religiösen Fanatismus und der geistigen Rückständigkeit, zumal sich der Toleranzgedanke, zumindest die verbriefte Duldung der Minderheiten andernorts bereits Bahn gebrochen hatte. Der Vortrag zeigte, wie sich die Diskussion langsam von der hohen Ebene einiger Theologen, von der gewissermaßen alttestamentlichen Deutung zur „geschichtlichen Katastrophe“, zum Schicksal und undeutbaren Verhängnis und schließlich – in heutigen ausgewogenen Publikationen – zur historischen „Tragödie“ hin entwickelt.
Der zweite Tag begann mit dem temperamentvolle Vortrag von Dozent Janusz Witt, Breslau, über „Flucht und Vertreibung in polnisch-evangelischer Sicht“, gut und klar in deutscher Sprache vorgetragen, vor allem aber geprägt von einem nach allen Seiten ausgerichteten kritisch-relativierenden Realismus. In seinem historischen Rückblick auf das Luthertum in Polen 1918-1939, veranschaulicht durch autobiographische Bilder aus der bis heute nachwirkenden Tragödie, unterschied er zwischen den vielfältigen Formen von Vertreibung, Deportation und „Repatriierung“ und dem Schicksal von Deutschen, Volksdeutschen und Polen. Auch hier zeigte es sich: In der keineswegs abgeschlossenen Diskussion helfen nur Quellenkenntnis und nicht – wo immer – tradierte Meinungen. Und die Detailberichte über die Akteure der „Germanisierungspolitik“ und der „Polonisierungspolitik“ und die mißbrauchten Menschen, die dazwischen zerrieben, geschunden und auch getötet wurden, sind dann überkonfessionell so objektiv wie möglich zusammenzufassen. Janusz Witt gab eine zuversichtliche Analyse der heutigen Kontakte zwischen deutschen und polnischen Lutheranern: Die Pfeiler, die diese Brücke tragen, seien stark und haltbar.
Professor Josef Swastek, Breslau, behandelte im wesentlichen Schicksal und historische Würdigung des letzten deutschen Breslauer Kardinalbischofs Adolf Bertram (1914-1945), dem der polnische Kollege verständnisvolle Worte widmete, während aus deutscher und Berliner Sicht, wie die Diskussion zeigte, Bertrams damalige tages- und kirchenpolitische Entscheidungen, insbesondere seine mangelnde Unterstützung für Bischof Graf Preysing in Berlin, auf Grund der längst edierten Quellen mit erheblichen Fragezeichen versehen wurden. Besonderer Dank gebührt auch hier Janusz Witt, der die anstrengende Aufgabe übernommen hatte, diesen Vortrag für die deutschen Zuhörer synchron zu dolmetschen.
Privatdozent Dr. Rainer Bendel aus Tübingen ging in seinem Vortrag auf „Flucht und Vertreibung in deutsch-katholischer Sicht“ ein, wobei er zwischen Flucht und Vertreibung nicht unterscheiden wollte, sondern nur von Vertreibung sprach. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand das Verhalten der Seelsorger zu den Vertriebenen, das verschlossene Türen ebenso aufwies wie Verständnis und Zuwendung. Während einerseits Widersprüche zwischen Predigt und Erfahrung der Vertriebenen zu beobachten waren, gab es insbesondere bei der Caritas ein neues Seelsorgeverständnis, das sich auf die staatliche Sozialpolitik auswirkte, die mit dem Lastenausgleichsgesetz und dem Finanzausgleichsgesetz der Not der Nachkriegszeit zu begegnen suchte. Ausführlich betrachtete Rainer Bendel die verschiedenen Seelsorge-Zentren für die katholischen Vertriebenen, wobei er München den ersten Platz zuwies. Besonderes Interesse fanden seine Hinweise auf das Problem von Heimat und Heimatlosigkeit in theologischer und psychologischer Sicht, das in der Diskussion aufgenommen und in verschiedenen Beiträgen vertieft wurde. („Heimatbewußtsein kann und darf nicht ausgelöscht werden; schwere Leiden und Krankheiten sind die Folge.“) Nachdrücklich umriß er die Situation der Vertriebenen und die Stellungnahmen der „Vertreiber“ und sah in Wahrheit und Gerechtigkeit eine Grundvoraussetzung der Versöhnung. Das Recht der Vertriebenen auf Bewahrung ihres Heimaterbes sei unbestritten. Hierzu zähle auch die Pflege schlesischen Liedguts im Kirchengesangbuch, die nicht vernachlässigt werden dürfe.
Die Exkursion unter sachkundiger Leitung führte die Teilnehmer über Neumarkt, Kloster Trebnitz und das alte Zisterzienser-Schloß Leubus nach Wohlau. Die Zustände in Leubus, nur wenig verändert, rufen nach einer großen europagestützten Initiative zur Rettung einer historische Stätte ersten Ranges, eines Museums der schlesischen Kirchenkultur, für künftige Generationen, damit sie ein Anziehungspunkt bleibt.
In der Mitgliederversammlung am Abend hob der Vorsitzende Dr. Schott hervor, daß sich der Zusammenschluß der Schlesischen Oberlausitz und Berlin-Brandenburgs gut anlasse. Auch sei sichergestellt, daß die schlesische Kirchengeschichte im Zweiten theologischen Examen geprüft werde und seine Eingabe, dieses Fach gebührend zu berücksichtigen, mithin Erfolg gehabt habe. Die seit Ende 2002 diskutierte Gründung der Stiftung Schlesien mit Sitz in Görlitz sei nunmehr auch vereinsrechtlich gesichert. Ihre Aufgabe sei die Bewahrung des schlesischen Archivguts, die Herausgabe von Publikationen, die Veranstaltung von Ausstellungen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen gleicher oder ähnlicher Zielsetzung.
Zustimmend nahmen die Mitglieder zur Kenntnis, daß die nächste Tagung 2005 zusammen mit den Berlinern in der Hauptstadt stattfinden solle. Gedacht sei an vier Vorträge über die brandenburgisch-schlesischen bzw. schlesisch-brandenburgischen Beziehungen. Gedacht sei auch an eine Exkursion innerhalb der Stadt oder in ihrem Umfeld. Jedenfalls werden die Berliner bemüht sein, ihren Gästen einen weiten Blick zu eröffnen, so etwa vom Berliner Dom auf die von Jahr zu Jahr mehr in ihrem alten Glanz erstrahlende Innenstadt oder, durch die Referate, in die Werkstätten der brandenburgischen und schlesischen Geschichte.
Iselin Gundermann und Gerd Heinrich (KK)

 

Das Herder-Institut in Marburg hat Dokumente aus polnischen Archiven zu den „Deutschen östlich von Oder und Neiße 1945-1950“ in vier Bänden unter dem Titel „Unsere Heimat ist uns fremd geworden ...“ herausgebracht.
(KK)

 

Das Bild vom andern wirft ein Licht auf einen selbst
gdpv-Schlesien-Forum beschäftigt sich mit dem Bild der Polen im deutschen und dem der Deutschen im polnischen Film
Bereits zum zwölften Mal trafen sich die Mitglieder und Freunde der Gemeinschaft für deutsch-polnische Verständigung (gdpv) bei der traditionellen Herbsttagung in Jauernick bei Görlitz. Diesmal wurde die Frage erörtert, ob der Film des 20. Jahrhunderts beiderseitig der Oder und Neiße bestimmte Bilder oder Vorurteile gegenüber dem Nachbar aufbaute und propagierte. So stellte Professor Eugeniusz-Cezary Król (Berlin) in seinem Vortrag über das Bild der Deutschen in der Geschichte des polnischen Films fest, daß in den über tausend Filmen mit deutscher Thematik mehr als die Hälfte vom Zweiten Weltkrieg handeln, wobei die Unmenschlichkeit der Faschisten auf das Martyrium des polnischen Volkes trifft und dieses glorifiziert wird. Anhand einiger ausgewählter Fragmente verdeutlichte Król das zur Zeit des Kommunismus dominierende Feindbild vom Deutschen, welches in vier Momenten dargestellt wurde: Deutscher Orden, Sachsen, Preußen und schließlich Nationalsozialisten.
Demgegenüber stellte Dr. Christiane Mückenberger (Potsdam) fest, daß die Polen-Thematik im deutschen Film, insbesondere in der DDR, eher zurückhaltend entfaltet wurde. Insbesondere in der Zeit der politischen Unruhen gab es diesbezüglich einen Stillstand. Doch wurden trotzdem Versuche unternommen, das Interesse der Ostdeutschen für ihr Nachbarland zu bekunden, was durch einige DEFA-Filme gezeigt wurde.
Professor Andrzej Gwózdz (Kattowitz) referierte über die Entwicklung des Kinos in Oberschlesien, welche in die 20er Jahre zurückreicht. Schon während der Schlesischen Aufstände und der Volksabstimmung wurden Kinos dazu genutzt, Propagandamaterialien zu verbreiten, um die jeweilige Bevölkerung zu beeinflussen. Bis zum Ausbruch des Krieges wurde oft das Leben im Industriegebiet als Motiv gewählt, um das Kohlerevier mit menschlichem Antlitz zu versehen.
Der schlesische Filmemacher Josef Cyrus (Leverkusen), der Ende der 80er Jahre nach Deutschland übergesiedelt ist, berichtete von seinen Erfahrungen, die er in den unruhigen Zeiten des Kriegsrechts 1981/82 und darüber hinaus gesammelt hat. Ein wirkliches Bild Schlesiens im polnischen Film zu vermitteln war damals so gut wie unmöglich, denn die Zensur ließ nur ideologisch „korrekte“ Streifen zu. So konnte Cyrus nur unterschwellig versteckte Botschaften anbringen, indem er beispielsweise eine in der Nähe von Leobschütz lebende deutschstämmige Schlesierin in unüberhörbar schlechtem Polnisch über die Probleme des ländlichen Lebens berichten ließ. Und auch in weiteren Dokumentarfilmen, die sich der dörflichen Realität widmeten, brachte er Andeutungen über die Existenz von Deutschen in Schlesien unter. Eine Dokumentation über den Wiederaufbau der Stadt Neiße durfte die deutsche Geschichte und die Aufbausünden der Kommunisten nicht offen zutage fördern, doch auch hier gelang es dem Autor, die Probleme und die positive Rolle der deutschstämmigen Geistlichkeit anzudeuten.
Ute Badura (Berlin) zeigte in ihrem vor zwei Jahren fertiggestellten Film „Schlesiens Wilder Westen“ den Weg der Vertreibung und Versöhnung in der Geschichte des Dorfes Seifershau bei Hirschberg im Riesengebirge. Darin berichten heimatvertriebene Deutsche sowie heimatvertriebene Ostpolen, die dort angesiedelt wurden, von ihrer Geschichte. Die Deutschen fahren seit Jahren dorthin, um ihre alte Heimat zu besuchen. Dabei sind herzliche Freundschaften mit jetzigen Bewohnern entstanden. Dieser Film, der schon mehrmals in beiden Ländern vorgeführt wurde, wird von Polen wie von Deutschen als sehr gelungen bezeichnet, da er frei von Vorurteilen ist und sich um echte Verständigung bemüht.
Eine ähnliche Thematik griff Henryk Skudlik (Landsberg/Lech) in seinem Film „Eine Reise nach damals“ auf, der von seinem Besuch mit mehreren Freunden, unter ihnen ein polnischstämmiger amerikanischer Jude, in Polen handelt. Die Gruppe besuchte nicht nur Schlesien, sondern auch geschichtsträchtige Städte wie Lodz, Krakau, Auschwitz und Radom.
Katarzyna Golab-Schafrik (Hamburg) nahm sich der Bildersymbolik des vor einigen Jahren erschienenen Films „Lichter“ an. Darin werden Einzelschicksale von Deutschen, Polen und Ukrainern erzählt, welche sich im Grenzgebiet bei Frankfurt/Oder und in Berlin verknüpfen. Das Motiv der Grenze und der Lichter verweist nicht nur auf die politische Lage, sondern verdeutlicht vielmehr die noch vorhandene menschliche Barriere, die erst langsam abgebaut werden kann. Der Film ermöglicht eine Identifikation mit den Akteuren, die trotz Schicksalsschlägen und Wunden stets nach einem leuchtenden Ziel streben. Für die deutsch-polnische Verständigung eine bedeutende Symbolik.
Abgerundet wurde die Tagung durch Filmvorführungen von namhaften Regisseuren sowie zahlreichen Diskussionen, zu denen die Präsentationen animierten. Als sehr produktiv im Sinne der beabsichtigten Verständigung erwies sich der Umstand, daß auch die polnische Sprache in den Filmen wie der Diskussion zum Tragen kam.
Gregor Ploch (KK)

 

Es weihnachtet in Haus Schlesien
Wertvoll und gemütvoll: Silber und Käthe-Kruse-Puppen
Die schlesische Metropole Breslau war seit dem 13. Jahrhundert für exklusive kunsthandwerkliche Gegenstände aus Silber bekannt.
Die 1818 vom Breslauer Silberschmied Johann Adam Lemor (1788-1840) gegründete Fabrik führte die Tradition weiter. In 127 Jahren erlebte das Familienunternehmen wirtschaftliche Höhen und Tiefen und machte die Entwicklung von der Einzelfertigung zur industriellen Produktion durch.
Bis Mitte Dezember war im Haus Schlesien in Königswinter die Jubiläumsausstellung „Schlesisches Silber. Schätze der Silberwarenfabrik Julius Lemor, Breslau 1818-1945“ zu besichtigen. Die nunmehr 200. Ausstellung im Haus Schlesien bot Einblicke in die Geschichte des bekannten schlesischen Traditionsunternehmens. Die Präsentation wurde in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Breslau/Wroclaw, namhaften Sammlern und der Familie Lemor erstellt.
Rund 600 Exponate und Schautafeln dokumentierten sowohl die Anfangsjahre als auch die Blütezeit und schließlich den Untergang der Breslauer Silberwarenfabrik.
Ein umfangreicher Begleitkatalog ist als Broschüre oder als gebundene Ausgabe beim Museum für schlesische Landeskunde (Telefon 02244/886-0) erhältlich.

Noch bis zum 3. April 2005 haben Besucher die Möglichkeit, im Haus Schlesien eine weitere publikumswirksame Ausstellung zu besichtigen. Originale Spielpuppen, Texte und Abbildungen aus der „Spielzeug- und Kinderkultur-Sammlung“ von Gudrun Scholtz-Knobloch sowie Bücher und viele Informationen über die erfolgreiche schlesische Unternehmerin Käthe Kruse dokumentieren „100 Jahre Käthe-Kruse-Puppen“. Die als Katharina Simon 1883 in Breslau geborene und 1968 in Murnau verstorbene Puppenkünstlerin war siebenfache Mutter und bastelte 1905 die erste Puppe für ihre Tochter. Die Begegnung mit dem bekannten Bildhauer Max Kruse bestärkte ihr künstlerisches Talent. Der große Durchbruch gelang 1910 bei einer Ausstellung „Spielzeug aus eigener Hand“ im Berliner Warenhaus Hermann Tietz, bei der sie über Nacht berühmt wurde. Bei der Internationalen Puppenausstellung in Florenz wurde sie im folgenden Jahr mit der Großen Goldmedaille ausgezeichnet.
Die Ausstellung zeigt die Entwicklung der als Schauspielerin ins Leben gestarteten gebürtigen Breslauerin zur tüchtigen in Deutschland, Europa und Übersee geschätzten Geschäftsfrau. Dank ihres künstlerischen Einfühlungsvermögens und ihres geschäftlichen Geschicks hatte Kruse ein florierendes Unternehmen aufgebaut, das bis 1990 in Familienbesitz verblieb.
 Dieter Göllner (KK)

 

Hermannstadt in Siebenbürgen als Mittelpunkt der Völkerverständigung
Überlegungen zur Modellfunktion einer künftigen Kulturhauptstadt Europas und Kandidatin für das UNESCO-Weltkulturerbe
Mit Unterstützung des Bundesministeriums des Innern veranstaltete die Stiftung Ostdeutscher Kulturrat am 10. Dezember im Bonner Haus der Geschichte eine Tagung zu Geschichte und Gegenwart der siebenbürgischen Stadt, die in Zukunft ihre historische Rolle eines Verständigungsmittelpunktes wiederaufnehmen wird – auch als Kulturhauptstadt Europas im Jahre 2007 gemeinsam mit Luxemburg. Wir berichten im nächsten Heft über die Tagung. Zur Einführung stellte der Präsident der Stiftung, Professor Dr. Eberhard G. Schulz, folgende grundsätzlichen Überlegungen an.

Daß die Verständigung besonders zwischen dem deutschen Volk und den Völkern im östlichen Teil Mitteleuropas und in Ost- und Südosteuropa eine Aufgabe für mehrere Generationen ist, liegt an der vielfältigen Hinterlassenschaft des 20. Jahrhunderts.
Da war der Erste Weltkrieg mit der Beschneidung des Deutschen Reiches und dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Da war der Faschismus in Italien, Spanien, aber auch Ungarn und Rumänien, und der Nationalsozialismus in Deutschland. Gleichzeitig bestand bereits seit der Oktoberrevolution in Rußland die Sowjetunion als kommunistischer Modellversuch.
Dann kam der Zweite Weltkrieg mit nie gekannten Verbrechen auf beiden Seiten und dem deutschen Kapitalverbrechen des Holocaust am europäischen Judentum. Dann gab es die erbarmungslose Revanche der Siegermächte in Gestalt von Massenvertreibungen aus abgetrennten Reichsgebieten und aus dem ganzen Osten von der Ostsee bis an die Adria, von Industriedemontage und Kunstraub. Schließlich erfolgte die Etablierung der kommunistischen Herrschaft über ganz Osteuropa und große Teile Mitteleuropas. Wie sollen derartige Wunden zur Heilung gebracht werden? Erst seit 1990 kann diese gewaltige Aufgabe richtig in Angriff genommen werden. Sie wird damit zu einer der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts.

Was ist zu tun?
Es bedarf einer tätigen Achtung der Grundsätze der Humanität, nämlich der Wahrung der Menschenwürde, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, der Sicherung der Freiheit durch das Recht und des Hinwirkens auf eine dauerhafte Friedensordnung. Dazu muß die Politik unabhängig sein von Ideologien, um der Freiheit zu dienen, die nur durch das Recht beschränkt und zur Achtung allgemeiner Grundsätze der Moral verpflichtet ist. Staatliches Handeln muß in Gesetzgebung und Regierung orientiert sein an der Idee des möglichen allgemeinen Willens der Staatsbürger. In einem Satz: Die Staaten dieser Welt müssen freiheitlich-demokratische Rechtsstaaten sein.
Auf dieser Grundlage können dann auch die Völker Europas mit allen Folgen von ideologischer Verbohrtheit, von Krieg und Willkür auf humane und gedeihliche Weise fertigwerden.
Um Charakter und Ausmaß dieser Aufgabe zu erkennen, muß man sich klarmachen, daß für das deutsche Volk und seine östlichen Nachbarn in der Bilanz des 20. Jahrhunderts Tatsachen festgeschrieben sind, die vor 100 Jahren niemand in Europa für möglich gehalten hätte. Alte Provinzen des Deutschen Reichers wie Schlesien und Ost- und Westpreußen, Teile solcher Provinzen wie der größte Teil Pommerns und der östlich der Oder gelegene Teil Brandenburgs sind durch die Vertreibung nach dem Krieg bis auf geringe Reste von ihrer deutschen Bevölkerung entblößt. Die Deutschen in ihren historischen Siedlungsgebieten außerhalb des Reiches, namentlich in Böhmen, Mähren, Österreichisch Schlesien und der Slowakei, im alten Polen, in Ungarn und Rumänien, in Slowenien, Kroatien und Serbien, in Rußland, der Ukraine, Moldavien und Bulgarien haben ebenfalls bis auf Reste ihre Heimat verlassen müssen oder wegen der kommunistischen Diktaturen aus eigenem schwerem Entschluß verlassen.
In dieser Lage, die nicht nur für das deutsche Volk, sondern auch für seine östlichen Nachbarn einen Trümmerhaufen jahrhundertelanger kultureller Blüte bedeutet, kann nun seit 1990 endlich in Freiheit an einer menschenwürdigen und gedeihlichen Zukunft gearbeitet werden.
Ein faszinierendes Musterbeispiel für mögliche Erfolge dieser mit gutem Willen von allen Seiten geleisteten Arbeit ist Hermannstadt in Siebenbürgen. Nun gehören die Siebenbürger Sachsen zu den ältesten Deutschen in Osteuropa. Sie waren sozusagen die Vorläufer der mittelalterlichen deutschen Ostsiedlung. Und sie waren durch ihre lange Vergangenheit im Lande und durch ihre moralische, kulturelle und wirtschaftliche Kraft ein integrierter Bestandteil der Staaten, zu denen sie im Laufe der Geschichte gehörten: Ungarn und Rumänien. Die Symbiose mit den benachbarten Völkerschaften in Transsylvanien hat hier also schon eine lange Tradition, und sie ist eine Symbiose unter Wahrung der Eigenart. So ist es zwar kein Wunder, aber dennoch bewundernswert, daß Hermannstadt heute ein Muster einer kraftvollen Gemeinsamkeit von Rumänen, Ungarn und Deutschen ist, die durch das Wirken einiger herausragender Persönlichkeiten ein Vorbild der Völkerverständigung darstellt, das zur Ehre und zum Segen aller Beteiligten gereicht.
Eberhard Günter Schulz (KK)

 

Es unkt in Danzig
Günter Grass' Roman wird dort verfilmt
Die Handlung des Romans spielt in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Danzig/Gdansk, und deshalb konnte auch nur in Danzig ein Film nach diesem Roman entstehen. Die Premiere ist für März 2005 in Danzig vorgesehen. Die Zuschauer werden auch Szenen sehen, die über Günter Grass' Roman hinausgehen, der Regisseur entschied nämlich, einzelne Szenen „hinzuzudrehen“, u. a. die Begrüßung Adolf Hitlers in Danzig im September 1939.
Da sich aber das heutige Danzig entscheidend von dem jener 80er Jahre unterscheidet, wird der Zuschauer mit einer Unmenge verschiedenster Flaggen und Banner konfrontiert, deren Hauptaufgabe darin besteht, die ein wenig zu modernen und keineswegs zur damaligen Zeit passenden Stadtfragmente zu verdecken. Dennoch kann nicht alles verdeckt werden, weshalb der aufmerksame Zuschauer ohne größere Schwierigkeiten jene Zeitverschiebung wahrnehmen wird.
Einer der Hauptschauplätze im Film spielt das Hotel Hevelius, doch erinnert das heutige Hevelius, besser gesagt Mercure Hevelius, eher an die 80er Jahre, weshalb das Hotel Gdynia im nahegelegenen Gdynia/Gdingen – nicht modernisiert und grau – gewählt wurde.
Die Hauptrollen im Film spielen Krystyna Janda sowie Matthias Habich und Udo Samel. Es treten auch Scharen von Statisten auf. Unter den Statisten fiel den Mitgliedern der Deutschen Minderheit in Danzig eine nicht alltägliche Rolle zu, die dem Regisseur entscheidend bei der Umsetzung seiner Aufgabe half, können diese doch auf Grund ihrer Sprachkenntnisse sowie ihres deutschsprachigen Liederrepertoires problemlos und frei Danzig besuchende Deutsche spielen.
Eine große Gruppe tritt in zahlreichen Freiluftaufnahmen in Danzig auf und spielt eine deutsche Reisegruppe, die im Hotel Hevelius untergebracht ist. Anna Kruszynska brachte Krystyna Janda sogar Plattdeutsch bei, das heute, selbst unter den Vorkriegsdanzigern, nur noch selten gesprochen wird und ihre Filmsprche sein wird.
Die Verfilmung des Romans hatte zur Folge, daß alle Exemplare der „Unkenrufe“ (auf polnisch „Wrozby Kumaka“) in den Buchhandlungen vergriffen sind, und obwohl zusätzliche Exemplare aus anderen Teilen Polens angefordert wurden, übersteigt die Nachfrage noch immer das Angebot. Der Danziger Verlag Polnord-Oskar – Grass' polnischer Verleger – beschloß umgehend einen Nachdruck des Romans, der allerdings bereits mit Aufnahmen vom Drehort erweitert werden soll. Grass versprach dem Regisseur, den Drehort persönlich zu besuchen.
Die Dreharbeiten unter der Regie von Robert Glinski laufen bereits seit September. Einer der Produzenten ist die Stadt Danzig, die als Gegenleistung für Autorenrechte und Gewinnanteile in die Produktion investiert hat.
Gerhard Olter (KK)

 

Bücher und Medien

Eine „Walhalla“ im Breslauer Rathaus
Maciej Lagiewski: Große Breslauer. Die Galerie der Büsten im Breslauer Rathaus. Muzeum Miejski Wroclawia. Wroclaw (Breslau) 2004, 75 S., 20 Zloty (5 Euro). Das Buch ist über die Galerie im Rathaus zu erwerben.
In der Einleitung zum Katalog greift Dr. Maciej Lagiewski, Direktor der städtischen Museen von Breslau, das Wort „Walhalla“ auf und verweist auf „die bekannteste deutsche Walhalla in Bayern am Ufer der Donau, östlich von Regensburg“: „In den skandinavischen und germanischen Ländern werden diese Erinnerungsstätten ,Walhalla‘ genannt.“ 1997 wurden sieben Büsten in der Bürgerhalle des Rathauses zum ersten Mal vorgestellt, nachdem bereits ein Jahr zuvor eine Büste von Gerhart Hauptmann aus Anlaß seines 50. Todestages (6. Juni) aufgestellt worden war. Eine kritische Anmerkung: Als für die Walhalla bei Regenstauf dem bayerischen Kulturministerium die Aufstellung einer Büste von Gerhart Hauptmann vorgeschlagen wurde, lehnte man den Vorschlag ab.
In Breslau hat man die Galerie der Berühmtheiten neben Gerhart Hauptmann mit den Büsten von Adolph von Menzel, Ferdinand Lassalle, Edith Stein, Karl von Holtei, Max Born und Johannes von Mikulicz-Radecki, dem berühmten Chirurgen der Breslauer Universität, eröffnet. Ein wenig spöttisch wurde in Breslau kolportiert: Wenigstens einer der Geehrten hat einen polnisch klingenden Namen! Heute sind es zwanzig Büsten, die in einem Katalog vorgestellt werden und im Rathaus zu sehen sind (Öffnungszeiten täglich außer montags und dienstags jeweils von 11 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr).
Unter den 20 Büsten, stets aus schlesischem Marmor, von Bildhauern, die zum Schluß des Kataloges kurz charakterisierend genannt werden, befinden sich, sucht man nach der Nationalität, sechs Polen und 14 Deutsche. Eröffnet wird die Galerie mit der bayerisch gebürtigen Herzogin Hedwig, der Heiligen Hedwig. Die Büste wurde 2002 aufgestellt, 800 Jahre nach der Klostergründung in Trebnitz 1202. Gleich nach ihr folgt ihr Gemahl Herzog Heinrich I. der Bärtige. Und dann gibt es chronologisch einen großen Sprung ins 18. Jahrhundert, es folgt die Büste von Carl Friedrich Langhans, 1732 in Landeshut geboren, 1808 in Breslau gestorben.
Von den Medizinern und Naturwissenschaftlern werden geehrt der Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber, der Dermatologe und Kunstmäzen Albert Neisser, der bedeutende Immunologe Ludwig Hirszfeld, in Warschau geboren, bereits 1945 in Breslau tätig, und Wiktor Bross, in der damaligen Provinz Posen geboren, seit den 50er Jahren als Herzchirurg in Breslau arbeitend, gestorben 1994 in Kattowitz. Von den berühmten in Breslau versammelten Deutschen seien noch August Borsig, Theodor von Gosen und Andreas Anderssen nachgetragen. Mit diesen Namen werden weder viele Deutsche noch Polen etwas Besonderes, der Erinnerung Würdiges verbinden. In den jeweils zu den Büsten veröffentlichten Texten, zwei bis vier Seiten, ist zu Andreas Anderssen zu erfahren, daß er in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts (1818 in Breslau geboren, 1879 in Breslau gestorben) der erste Schachweltmeister gewesen ist. In der Unterzeile heißt es: „Büste gestiftet von dem Niederschlesischen Schachverband im Jahre 1999“, offenbar einer polnischen Gemeinschaft.
Unter den fünf Polen gibt es eine Ausnahmepräsenz, die Alpinistin Wanda Rutkiewicz, 1943 in Litauen geboren, von einer Bergtour im Himalaja 1992 nicht mehr zurückgekehrt, dazu die Büsten des Malers Eugeniusz Geppert und von Henryk Tomaszewski, dem Gründer des weithin bekannten Pantomimentheaters in Breslau, 1919 in Posen geboren, 2001 in Breslau gestorben. Zum Maler Geppert ist verzeichnet, daß er 1890 in Lemberg geboren ist und sehr eng mit dieser Stadt verbunden war, bis er 1946 nach Breslau kam, um „das Kunstgeschehen in Breslau wieder zu organisieren“.
Es fällt nicht schwer, noch manchen Namen von Berühmtheiten zu nennen, die mit Breslau eng verbunden gewesen sind. Aber diese Galerie kann und wird fortgesetzt werden. Es kommt selbstverständlich darauf an, Stifter für die Marmorbüsten zu finden. Unter den genannten Stiftern fand ich nur als Mitstifter einen Deutschen und eine deutsche Institution. Gute Beispiele können vielleicht anstecken.
Dr. Maciej Lagiewski, dem wir bereits die Wiederherstellung des jüdischen Friedhofs in Breslau an der Lohestraße zu danken haben, ist Initiator, wissenschaftlicher Gutachter und Verfasser dieser mit vielen eingestreuten bildlichen Darstellungen zu den einzelnen Porträts verdienstvollen Schrift. Die „Walhalla“ im Breslauer Rathaus ist eine rühmenswerte Dokumentation des kulturellen Erbes.
Herbert Hupka (KK)

Plötzlich ist Schicksalszeit
Richard Wagner: Habseligkeiten. Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2004, 281 Seiten, 17,80 Euro
Früher, als Geschichte noch das gewesen sein soll, was sie einmal gewesen sein soll, meinte Friedrich Dürrenmatt, eine Geschichte sei dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen habe. Es war recht einfach damals, auch mit der Moral, Freund und Feind waren klar geschieden, und die Schuldigen der Vergangenheit und der Zukunft sowie die von ihnen verursachten Katastrophen standen fest, alles war nur eine Frage der Zeit.
Diese in ihrer Fatalität tröstlichen Gewißheiten hat Richard Wagner nicht, so einfach macht er es sich nicht mehr. Der deutsche Schriftsteller aus Rumänien rückt mit jeder Veröffentlichung, ob Lyrik oder Prosa, vor allem aber politischer Essayistik, weiter ab von aller Bescheidwissenschaft. Die so gewonnene Souveränität hat ihn in den Stand gesetzt, gerade das zu tun, was ein bescheidwissender Schriftsteller in dieser bescheidwissenden Zeit tunlichst vermeidet: eine Geschichte über Land und Leute seiner Herkunft zu schreiben, die bis zum heutigen Zeitpunkt, also bis zum Ende gedacht ist und doch ihre schlimmstmögliche Wendung nicht nimmt. Sie mündet vielmehr ins Offene, das, so fragwürdig es ist, zumindest nicht als Katastrophe feststeht.
Der Ich-Eerzähler, ein deutscher Bauingenieur aus dem Banat, lebt wie die meisten seiner deutschen Landsleute in Deutschland. Seine im Banat begründete Ehe ist in Deutschland kaputtgegangen, sein Arbeitsverhältnis in einem deutschen Baubetrieb ebenso. Die Rückfahrt von der Beerdigung seines Vaters im Heimatdorf führt deshalb aus dem Ungewissen der Banater und rumänischen Vergangenheit ins Ungewisse der deutschen und europäischen Zukunft. Die „Heimkehr“ aus dem Banatschwäbischen ins Deutschschwäbische, aus der eigenen Herkunftslandschaft Banat in die Herkunftslandschaft des eigenen Völkchens, die Ulmer Gegend, ist Anlaß für eine Rückschau auf dessen Geschichte, die Geschichte der eigenen Familie, aber auch für einen Einblick in die Halbwelt zwischen rumänischem Postkommunismus, Budapester Porno-Milieu und deutscher Bau(schatten)wirtschaft, in jene grenzüberschreitenden und Grenzen unterlaufenden Katakomben, wo das „neue Europa“ entbunden werden soll.
Unwägbarkeiten noch und noch, aber hier wird nicht gewogen, höchstens erwogen, und hier wird erzählt. Eine Masse an vergangenem und gegenwärtigem Leben wird ausgebreitet auf einer soliden Plattform unsentimentaler Anteilnahme. Richard Wagner ist ein Meister dieser subtilen und nüchternen, keineswegs aber kaltschnäuzigen oder überheblichen Erzählhaltung. Souverän wahrt sein Ich-Erzähler dieselbe Distanz zum Gegenstand wie zu sich selbst, sein Blick auf die Verhältnisse ist unbestechlich wie der in den Spiegel.
Das Buch beginnt mit dem Banater Tod: „Sie sind tot. Alle sind tot. Sie liegen in ihren Gräbern auf dem Dorffriedhof. Auch mein Vater liegt dort. Seit gestern. (...) Wohin man auch blickt, es ist aus, es ist vorbei. Eine Welt ist untergegangen, sage ich mir. Ich denke es mit Marlitt-Pathos.“ Da ist der Blick in den Spiegel, die Reflexion der eigenen Sentimentalität – und zugleich das Bekenntnis dazu.
Der Roman handelt von einer Handwerker- und Kleinbürgerfamilie und deren mählichem Niedergang im 20. Jahrhundert, als immer wieder gegolten hat, was der Erzähler so auf den Punkt bringt: „So vergeht das Jahrzehnt und plötzlich ist Schicksalszeit. So schnell kann sich das Leben in Schicksal verwandeln.“ Habsburgische Kaiserzeit, Emigration nach Amerika in Zeiten der Not, Rückkehr, Übergang des Banats von Österreich-Ungarn zu Rumänien, die unsichere und schließlich mörderisch sichere Zeit vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg, Krieg, Rußland-Deportation, Enteignung und Kommunismus in Rumänien, schließlich die Auswanderung der meisten Deutschen – das alles findet Platz in diesem Buch, findet Beachtung in manch sarkastischem, aber nie schulterzuckendem Kommentar. Der Rußlanddeportation des Vaters hat Wagner sogar einen gebrochenen O-Ton eingeräumt und im Verzicht auf stilistische Kunststücke unmittelbare Authentizität hergestellt. Sein Werner Zillich erzählt einem Budapester Porno-Model, das seine Frau werden wird, die Erinnerungen seines Vaters getreulich nach: „Ich rede weiter, nicht überzeugt, aber ohne Ende. Ich beherrsche die Geschichte so gut, als hätte ich sie selbst erfunden. Vielleicht will ich etwas wiedergutmachen. Weil ich ihm nicht genug zugehört habe, versuche ich seine Geschichte so gut wie möglich, so vollständig wie möglich weiterzugeben, zu verbreiten. Als wäre ich ihm das schuldig. (...) Was weiß ich schon über meinen Vater, denke ich mir. Nichts weiß ich. Gar nichts.“
Richard Wagner aber weiß viel. Hin und wieder driften seine Kommentare deshalb ab ins Essayistische, spitzt er seinen historischen Bericht zu und schreibt dem Zeitalter ins Stammbuch – allerdings nicht mit der großen Geste des Wissenden, sondern mit traurigem Zwinkern.
Politisch ist das Leben in diesem 20. Jahrhundert allemal gewesen, und das zeigt sich auch an den vermeintlich unpolitischen Lebensläufen, denen der Roman nachgeht. Gekonnt werden sie transparent gemacht auf das, was diese Welt im Innersten zusammenhält und zugleich auseinandertreibt, beispielsweise den Kommunismus und sein Verblendungspotential: „... das macht letztlich seine Attraktivität aus: Er behauptet nicht, Lösungen zu haben, er besteht vielmehr darauf, die Lösung zu sein. Egal, worum es geht, das rote Lämpchen der Utopie ist stets in Betrieb. Wie von Notstrom gespeist. Die kommunistische Lehre ist für Autodidakten ideal.“
Doch nicht die Weltgeschichte hat Wagner zum Thema. Er tut sich vielmehr um in Grauzonen menschlicher Hoffnungen und Enttäuschungen, und immer ist es das Selbstbewußtsein, das Schaden nimmt, während das Bewußtsein, politisch, sozial, national, weder zu Schaden kommt noch zu einer wesentlichen Veränderung. Ein scharfer Verstand aber gedeiht zu scharfen Formulierungen, die es mitsamt ihrer Schärfe nie an Verständnis mangeln lassen. Ein Bild der Banater „Diaspora“ in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Beispiel dafür: „Die sitzen alle irgendwo in ihren Häusern und telefonieren miteinander. Weil sie mal zusammen in der Schule waren. Vor einer Ewigkeit. Sie haben ein komplettes virtuelles Dorf aus Telefonnummern zusammengebastelt. Einen Dark Room des Heimatgefühls.“
In diesem Dark Room, in einer merkwürdig ausgeleuchteten Ecke, nimmt auch der Erzähler seinen Aufenthalt. Er heiratet schließlich jene Clara und damit ein in das schillernde ungarische Milieu, das sich mittlerweile in die deutsche Bauwirtschaft eingekauft hat, er nimmt den Kontakt zu seiner Tochter wieder auf, die seit der Scheidung von seiner Frau nichts von ihm wissen wollte, diese freundet sich mit seiner neuen Frau an, gemeinsam fahren sie ins Banat, und an der Flußbiegung, an der er seinerzeit mit seinem Vater manches angesprochen hat, worüber hätte gesprochen werden müssen, spricht er nun, da es vielleicht noch nicht zu spät ist: „Mein Vater, siehst du mich? Ich stehe hier mit meinen Töchtern, meinen Frauen. Bist du zufrieden?“
Von Zufriedenheit kann bei soviel Zweideutigkeit keine Rede sein, von Unglück aber auch nicht – so einfach ist es nicht mehr in dieser Zeit, in der die Zeit es nicht mehr bringt. Vielmehr ist ihm, „als könnte ich mein Glück nicht fassen. Als sei zuviel Vergangenheit in mir, die es mir nicht erlaubt, mein Glück zu fassen. Die Toten kommen zu Besuch. (...) Gegenwart ist angesagt, ewige Gegenwart, sage ich mir. Wir können es uns erlauben.“
Georg Aescht (KK)

 

Literatur und Kunst

Alexander Camaro in Breslau und in Berlin
Eine Ausstellung des Regensburger Kunstforums Ostdeutsche Galerie feiert eine späte Größe aus der großen Breslauer Schule
In Regensburg wird das Werk von Alexander Camaro nicht zum ersten Mal gezeigt. Bereits zur Eröffnung der Ostdeutschen Galerie am 11. Juni 1970 fand eine Sonderausstellung mit Gemälden und Aquarellen 1959-1970 statt. Das geradezu sensationell Neue der gegenwärtigen Ausstellung (bis zum 30. Januar 2005) sind die Bilder des frühen Camaro aus der Zeit von 1920 bis 1925, da er Schüler von Otto Mueller, dem inzwischen zu Ruhm gelangten Expressionisten, gewesen ist. Die Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe, 1932 aufgrund der Notverordnungen des Reichskanzlers Heinrich Brüning geschlossen, kann auf viele große Namen der deutschen Kunst verweisen. Im sehr gut konzipierten Katalog erinnert Gerhard Leistner, der diese Ausstellung vorbereitet hat, gleich in den ersten Sätzen an Oskar Moll, Otto Mueller, Hans Scharoun, Johannes Molzahn, Hans Poelzig, Oskar Schremmer. Oskar Schremmer wird später besonders zitiert, weil beide Künstler, Camaro und Schremmer, das Theater als Thema gewählt haben.
Fast 50 Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen aus der Breslauer Zeit – hier ist Camaro 1901 als Alphons Bernhard Kamarofski geboren – sind gerettet worden, wurden aber bisher nicht gezeigt. Mit seinem Namen verbinden sich eher die Bilder nach 1946, die unter dem Rubrum abstrakt einzuordnen sind, wobei des Malers Handschrift nie „absolut abstrakt“ war. Die mehr als vier Jahrzehnte der abstrakten Kunst zeichnen sich stets durch eigenwillige Zutaten aus, sie sind durch subjektive Chiffren vieldeutig lesbar. Einige großflächige Tafeln aus den 80er Jahren – Camaro ist 1992 in Berlin gestorben – sind Bestätigungen sowohl für die Abstraktion als auch für die Zeichensetzung.
Die Bilder aus der frühen Breslauer Zeit überraschen den Betrachter auf zweifache Weise. Er muß sich freimachen von der gängigen abstrakten Moderne oder Postmoderne und zum andern bewundern und staunen, mit welchem jugendlichen Können Camaro gemalt hat. Es sind darunter Aquarelle des 17- und 18jährigen. Man versteht, warum er 1920 gleich in die Klasse von Professor Otto Mueller aufgenommen wurde.
Mit 16 Jahren war er zu einer Zirkustruppe gegangen, und dem Zirkus mit Tänzerin und Harlekin und Zirkusdirektor sind seine Bilder zugetan. Ein zeitgenössisches Urteil lautete: „Der Geruch von Puder und Schminke liegt über diesen Bildern – also anders als Otto Mueller liebt Camaro weniger die jungen Mädchen in der freien Natur, als die zerbrechlichen Schönen im Scheinwerferlicht.“
Es sind vordergründige Bilder, jede Tiefe und ausgeprägter Hintergrund sind ausgespart. Da schauen einen der im Mittelpunkt stehende bärtige Zirkusdirektor, ein Mädchen und ein Clown an, ein wenig unpersönlich, fast plakativ. Eine „Zirkusreiterin mit Schimmel“, ein Pastell, trägt als Datum das Jahr 1918/19, im Detail bestimmt noch nicht vollendet, aber die Zirkusatmosphäre drängt sich einem auf. Viele der frühen Bilder zeigen eine „Gerti“. Auch hier wieder die Direktheit des Blicks und der vordergründigen Darstellung. Ein zarter Duft liegt über den Gerti-Bildern. Die Farben sind weich, jeweils auch licht, angemessen. Freude bereitet es dem Maler, mit den Farben dekorative Effekte zu erzielen.
„Kurz vor seinem Tode“, erfahren wir im Katalog, „resümierte er die Wichtigkeit mancher Künstler für sein persönliches Schaffen: ,Chagall, Munch und Matisse sind für mich große Maler wie auch Rousseau oder Cézanne bis hin zu Cranach‘.“ Man darf unverbindlich Verwandtes mit Chagall und Matisse entdecken.
„Zwischen Mueller und Camaro“, so schreibt Gerhard Leistner im Katalog, „schien eine Art Seelenverwandtschaft bestanden zu haben. Es verband sie ein gemeinsamer Idealismus ihrer Lebenshaltung, die innere Feinfühligkeit für ihre beseelten Figuren in den Randgruppen der Gesellschaft. Im formalstilistischen Ausdruck fand indes Camaro eigene Wege.“
Von den abstrakten Bildern (die neu entdeckten Bilder werden im ersten Stock des auf Wunsch der Bundesregierung so benannten Kunstforums Ostdeutsche Galerie gezeigt) in der Eingangshalle sei die Tafel „Leuchtender Nebel – Spuren 1989“ herausgegriffen. Eine weite, weiße Fläche mit Fußspuren ist der Mittelpunkt, umrahmt von Baummasten, die wie ein Staketenzaun wirken. Darüber durch das Bild schwebend ein Nebelstreif. Großartig!
Bis der 45jährige nach Kriegsende endlich in Berlin seßhaft wurde und zur Ruhe kam, durchlief er viele Stationen als Student der Musik, Lehrer in einer Malschule, Tänzer, Ballettmeister, Mitspieler einer Frontbühne. Sie werden gewissenhaft nachgezeichnet, woran die Witwe Renata Camaro (im 66. Lebensjahr hat er seine Berliner Meisterschülerin geheiratet, wie ausdrücklich erwähnt wird) maßgeblichen Anteil hatte.
Die Ausstellung, die unter dem Titel „Die Welt als Bühne. Alexander Camaro 1901-1992“ steht, ist schon deswegen ein einmaliges Erlebnis, weil Frühwerk in Breslau und Haupt-, zugleich Spätwerk einander gegenüberstehen, aber zueinander gefügt werden können. Man wünscht der Ausstellung viele Besucher, die erfolgreiche Vernissage in Regensburg war ein glanzvoller Auftakt.
Herbert Hupka (KK)

 

Kein Dichter für die große Leserschaft
Im Münchner Haus des Deutschen Ostens sprach Burkhard Bittrich bei den Deutschbalten über Eduard Graf von Keyserling
Kraftzentrum des Aufbruchs der deutschen Literatur aus dem Traditionalismus zu neuen Ufern um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war nicht nur Berlin, sondern auch München. Und wie in der stürmisch aufstrebenden Reichshauptstadt hatten auch hier ostdeutsche Schriftsteller und Poeten einen bemerkenswerten Anteil daran. Zu erinnern wäre an den Westpreußen Max Halbe, an Korfiz Holm aus Riga – und dessen deutschbaltischen Landsmann Eduard Graf von Keyserling, der 1855 auf einem Schloß in Kurland geboren worden war und 1918, unmittelbar vor dem Zusammenbruch der in vielem längst gefährdeten deutschbaltischen Lebenswelt, in seiner Wahlheimat an der Isar starb.
Er sei „ein hochbedeutender Dichter“ gewesen und „zu Unrecht ins Abseits“ geraten, stellte jüngst der Literarhistoriker Burkhard Bittrich von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn in einem Vortrag im Münchner Haus des Deutschen Ostens fest, zu dem die Deutschbaltische Landsmannschaft in Bayern eingeladen hatte. Keyserling gewinne bei genauer Betrachung – und das sei „ein Zeichen hoher Qualität“.
Keyserling war nach Kindheit und Jugend sowie Studien der Rechte, der Philosophie und der Kunstgeschichte in Dorpat aus Gründen, die wir nicht kennen, aus der Heimat fortgezogen und 1895 in München seßhaft geworden, belastet mit einer vermutlich venerischen Krankheit, die 1908 zur Erblindung führte.
Wohl auf ein traumatisches Erleben daheim in Kurland geht, wie Bittrich vermutet, die Tatsache zurück, daß sein erzählerisches Werk zwar die baltische Adelswelt zum Vorwurf hat, diese bei ihm aber in ostpreußischer, gelegentlich auch brandenburgischer Kostümierung und auf entsprechenden Schauplätzen erscheint, womit er sich immerhin in verwandten Welten bewegt. Gegenstand der Erzählungen, um derentwillen Keyserling nach der Ansicht Bittrichs es „verdient, weiterzuleben“, sind nicht die politischen und sozialen Verhältnisse, in denen die von ihm abgebildete Gesellschaft lebt. Es geht dem Dichter um „menschliche Grundprobleme ohne betonte Aktualität“, wie Bittrich es nannte. Dabei begegnet man aber – vor allem in den Gestalten, die für die Unterschichten stehen – dem spezifisch Baltischen, dem baltenländischen Volkstum.
Die Art der Erzählkunst Keyserlings demonstrierte Bittrich an der erstmals 1908 gedruckten und 1909 in Buchform erschienenen Erzählung „Bunte Herzen“, aus der er zur Vergegenwärtigung des Textes einige Passagen vorlas. „Bunt“ meint die Gemischtheit der vom Dichter vorgestellten Figurenwelt. Es wird dabei in einer von Sympathie getragenen Zeichnung der Adelswelt eine Nähe zu Theodor Fontane spürbar.
Im Unterschied zu diesem freilich stellt Keyserling die Landhauswelt des Adels als „Exklaven der Ordnung“, so Bittrich, dar, im Gegensatz zum Draußen, das namentlich für die jungen behüteten und verwöhnten Adligen etwas Fremdartiges und Bedrohliches hat.
Die Welt der Geborgenheit endet am Gartenzaun, wodurch hinsichtlich des dargestellten Personals der Eindruck der Lebensuntüchtigkeit entsteht. Das Alter hat etwas Lebloses, während Jugend und Schönheit mit Gefährdung in Verbindung gebracht werden. Dementsprechend liegt über der Erzählwelt eine Dekadenzstimmung, ja eine Todesverfallenheit. Die Mittel, mit denen das wirksam wird, sind die des Impressionismus. Bittrich wies auf die bedeutende Rolle optischer und akustischer Phänomene hin, die gleich Farbtupfern (also nicht miteinander verbunden) Bildkraft gewönnen; vor allem auf die Mitwirkung des Lichtes bei der Zeichnung menschlicher Befindlichkeiten habe Keyserling Wert gelegt.
Damit traten zu dem literarischen Impressionismus, der zur Handschrift der deutschen Literatur um die Jahrhundertwende zählte, bei Graf Keyserling Elemente der sogenannten Neoromantik, die in der Literatur jener bewegten Jahre ebenfalls im Schwange war, ein gewisser Monismus, ein Einsgefühl alles Lebendigen. Töne, Bilder und Beleuchtung gewannen jenseits aller Oberflächenwirkung eine ungeahnte Suggestionskraft.
Neben einigen, wie man gemeint hat, „bühnenfernen“ Dramen entstand so mit „Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte“ (1903), mit den Novellensammlungen „Schwüle Tage“ ( 1906) und „Bunte Herzen“ (1909), der Erzählung „Am Südhang“ (1916) und den Romanen „Dumala“ (1908), „Wellen“ (1911), „Abendliche Häuser“ (1914) und „Fürstinnen“ (1917) ein durchaus zeitgemäßes Werk, das bei S. Fischer in Berlin erschien. 1922 brachte dieser Verlag in vier Bänden Keyserlings „Gesammelte Erzählungen“, dargeboten von Ernst Heilborn, heraus, in erneuerter Gestalt 1933 in zwei Bänden, womit eine nahezu komplette Zusammenstellung seiner seit 1900 erschienenen Romane und Novellen vorlag.
Doch verbrauchte sich mit dem Wechsel der Zeit die Zugkraft des Keyserlingschen Werks, während sich dessen literarische Qualität als dauerhaft erwies. Keyserling ist, wie Bittrich feststellte, kein Dichter für die breite Leserschaft, sondern einer, der aus seiner sprachlichen Nuancierungskunst lebt.
Peter Mast (KK)

 

Rußlanddeutsch und russischsprachig
Herbsttagung rußlanddeutscher Autoren
Die diesjährige Herbsttagung der rußlanddeutschen Autoren widmete sich   verstärkt der Zusammenarbeit mit bundesdeutschen Autoren.
Neben ihrem bisherigen Verleger, ihrem Landsmann Robert Burau, nahm nun schon zum zweiten Mal ihr neuer Verleger, der von Haus aus Bundesdeutsche Alfred Bungen, teil. Er konnte auch gleich zwei neue Veröffentlichungen von rußlanddeutschen Autoren präsentieren: die Humoranthologie „Worüber man sich lustig macht“ und den Lyrikband „Zwischen Liebe und Wort“ von Agnes Giesbrecht, beide erschienen im Geest-Verlag Vechta-Langförden.
Der neue Verleger ist auch als literarischer Mentor bemüht, seine neuen Autoren in den Literaturbetrieb der Bundesrepublik einzuführen. So hielt er einen anschaulichen, aus vielen Erfahrungen gespeisten Vortrag über die Technik literarischer Lesungen bei unterschiedlichem Publikum. Das Erlernte sollte darauf sofort am folgenden Tag beim Literaturabend von den Vortragenden in die Praxis  umgesetzt werden. Alfred Bungen leitete auch die Literaturwerkstatt der deutschschreibenden rußlanddeutschen Autoren und war von dem literarischen Niveau, besonders desTextes „Schostek“ des erst 27jährigen Autors Erich Hermann angetan, sparte aber auch nicht mit kritischen Hinweisen und Ratschlägen bei den Texten von Georg Gaab, Waldemar Hermann und Maria Luise König. Auch die Diskussionsbeiträge vor allem von Victor Heinz, Wendelin Mangold, Agnes Giesbrecht, Waldemar Hermann und Heinz Breuer gingen sachlich, kritisch differenziert mit dem Vorgelesenen um, wobei auch Humor und feine Ironie ihren Platz fanden.
Die Problematik dieser Tagung bestand trotz des gelungenen Treffens der deutschschreibenden rußlanddeutschen Autoren darin, daß einfach zu wenige der Anwesenden deutsch schreiben. Ihre Zahl hat im Vergleich zur letzten Tagung ab- und die Zahl der russisch Schreibenden erheblich zugenommen, so daß das bisherige Gleichgewicht nicht eingehalten werden konnte. Die Folge war dann auch ein organisatorischer Engpaß im russischsprachigen „Workshop“.
Dafür überraschten die beiden jungen deutschsprachigen Autoren, der schon erwähnte Erich Hermann mit seiner psychologisch feinnervigen Studie „Schostek“ und der erst 18jährige Juri Bender mit einem schauspielerisch vorgetragenen, futuristisch anmutenden Lyriktext über seinen Jugendalltag in Hamburg. Von den jungen russisch schreibenden Autoren beeindruckte der 22jährige Wladimir Eisner-Slaikowski, der seine selbstvertonte Lyrik mit Gitarrenbegleitung vortrug.
Den Höhepunkt auch dieser Tagung bildete der Literaturabend. Hier wurden die angesprochenen Neuerscheinungen sowie das „Lexikon der rußlanddeutschen Literatur“, der Prosaband „Die Sonderlinge“ von Johannes Keib und der zweisprachig (Übersetzung von Katharina Kucharenko) erschienene Band „Schlaflosigkeit“ mit Lyrik und Prosa von Kornelius Petkau vorgestellt.
Ingmar Brantsch (KK)

 

KK-Notizbuch

Das Schlesische Priesterwerk fördert in Verbindung mit dem Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte die Erforschung der schlesischen Kirchengeschichte durch jährlich zwei Kardinal-Bertram-Stipendien in Höhe von je 2000 Euro. Zur Bearbeitung werden 2005 folgende Theman ausgeschrieben: Volksmissionen in Schlesien zwischen den Weltkriegen; Paul Majunke, erster Chefredakteur der Germania in Berlin; Prälat Johannes Zinke. Um ein Stipendium können sich Studierende und Absolventen von Hochschulen in Deutschland bewerben. Bevorzugt werden jüngere katholische Antragsteller. Bewerbungen mit genauer Angabe der Personalien und des Studienganges sind bis spätestens 28. Februar 2005 zu richten an das Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte, St. Petersweg 11-13, 93047 Regensburg.

Der Rußlanddeutsche Kulturpreis des Landes Baden-Württemberg für den Bereich Musik wurde von der Jury folgenden Musikern zugesprochen: Der mit 5000 Euro dotierte Hauptpreis wurde an den Pianisten Rudolf Kehrer vergeben, den mit 2500 Euro dotierten Förderpreis erhielt die Musikstudentin Olga Gollej, und mit einer Ehrengabe ebenfalls in Höhe von 2500 Euro wurde der Komponist Wladimir Wecker bedacht.

Eine schlesische Weihnachtsmesse richtet das Münchner Haus des Deutschen Ostens am Sonntag, dem 26. Dezember, in der Sankt-Jakobs-Kirche am Unteren Anger in München aus. Sie beginnt um 18.30 Uhr.

Sein reichhaltiges Angebot mit Literatur aus Rumänien in zumeist deutscher, aber auch rumänischer Sprache hat der Münchner Versandantiquar Mario Brändel um zahlreiche Titel, in der Hauptsache Literatur, aber auch Geschichte und Landeskunde, ergänzt, die in seinem Katalog 27 aufgeführt sind. Bestellungen sind zu richten an Versandantiquariat Mario Brändel, Kurfürstenplatz 4, 80796 München, Tel./Fax 0 89 / 34 14 26.                        

(KK)