Adolf Hampel

STATEMENT BEIM DEUTSCH-TSCHECHISCHEN FORUM
„HOFFNUNG FÜR DIE MITTE EUROPAS“
am Katholikentag in Mainz,
12. Juni 1998

1. Während wir uns hier Gedanken über Zeichen der Hoffnung für die Mitte Europas machen, versinken Tausende Bewohner des Kosovo, der Heimat Mutter Teresas, in Hoffnungslosigkeit, weil sie von der Mitte Europas kein wirksames Zeichen der Hoffnung vernehmen können.

2. Deutsche und tschechische Christen, die in ihrer gemeinsamen Heimat Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verhindert haben, sollten wenigstens heute die Zeichen der Zeit verstehen und gemeinsam – am besten in Pristina – erklären, daß ethnische Säuberungen weder in Vergangenheit noch in der Gegenwart und auch nicht in der Zukunft ein legitimes Mittel der Politik sein können.
Anderslautende Dekrete gehören ebenso wie die Apartheitsgesetze Südafrikas oder die Nürnberger Rassegesetze auf den Müllhaufen der Geschichte. Eine Rechtsordnung, die diesen Befreiungsschlag nicht wagt, fügt dem eigenen Volk den größten Schaden zu. Bischof Lehmann hat von der notwendigen moralischen Hygiene gesprochen.

3. Verlassen wir uns nicht auf unsere Politiker! Außenminister Kinkel sagte im Hinblick auf den Kosovo-Konflikt: „Hauptsache, die Flüchtlinge bleiben in der Region.“ Die europäischen Politiker haben in der Bosnientragödie bewiesen, daß sie unfähig sind, Aggressoren rechtzeitig in die Schranken zu weisen. Senile Ressentiments haben Mitterand und die Tory-Regierung allzulange daran gehindert, der serbischen Aggression Einhalt zu gebieten und Deutschland hat sich wieder einmal hinter seinem Schuldkomplex versteckt.

4. Deutsche und tschechische Christen sollten sich von der Nabelschau auf die eigenen Probleme lösen. Es werden heute keine Deutschen und keine Tschechen vertrieben – wohl aber Albaner. Vertreibungen, die Hitler und Stalin in die Politik eingeführt haben und die Eduard Beneš fortgesetzt hat, müssen aus der Politik Europas verschwinden.
5. Europa hat die militärischen und politischen Mittel dazu. Wenn es nicht den Mut und die moralische Kraft findet, erstickt es alle Zeichen der Hoffnung für die Mitte Europas.
6. Deutsche und tschechische Christen dürfen die Hoffnung für die Mitte Europas, die sie in den dunkelsten Tagen der Diktatur nicht haben untergehen lassen, nicht verraten. Als wir Deutsche und Tschechen uns z. Zt. der kommunistischen Diktatur in Prager Wohnungen trafen – mit Dana Nemcova, Jan Sokol, Pater Bouse, Pater Zverina, Pater Vaclav Maly, Pavel Bergmann, Rudolf Battek und anderen tschechischen Demokraten, dann hatten wir ein gemeinsames Ziel: die Verteidigung der Menschenrechte und Menschenwürde aller Menschen, ganz gleich welcher Nation. Unser gemeinsamer Kampf galt aller menschenfeindlichen Politik, allen menschenfeindlichen Dekreten, ganz gleich, ob sie in München oder Prag, in Jalta oder Potsdam unterzeichnet wurden.
7. Seitdem ist viel geschehen. Ein Zeugnis der Hoffnung für die Mitte Europas legen unter anderen auch all jene ab, die Renovabis befähigen, den Kirchen
Ost-Mitteleuropas Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren.
Die Hoffnung für die Mitte Europas liegt in unserer wachen Solidarität, die den „Kairos“ zu erkennen und wahrzunehmen weiß.

Am deutsch-tschechischen Forum „Hoffnung für die Mitte Europas“ nahmen am Podium teil:
    Kardinal Vlk, Prag
    Bischof Lehmann, Mainz
    Botschafter Jiri Gruša, Wien
    Botschafter a. D. Anton Roßbach, München>
    Prof. Dr. A. Hampel, Gießen
    Prof. Dr. Tomaš Halik, Prag
    Pater Petr Kolar Sj, Prag
    Dr. Walter Rzepka, München

Quelle: ISBN 3-87336-015-2 Gerhard Hess Verlag Ulm, 2000