Sammlung von Stimmen zur Auseinandersetzung mit dem „Frowein“-Gutachten
zum Fortgelten der Tschecho-Slowakischen Präsidialdekrete aus den Jahren 1945 und 1946.

Der englische Originaltext des Frowein-Gutachtens ist hier zu lesen.
Die amtliche *Deutsche Übersetzung steht bei der EU bereit.

 

Auszug aus
Rudolf Grulich - Adolf Hampel
„Mit den Beneš-Dekreten in die EU?“
Gerhard Heß Verlag Ulm 2000 ISBN Nr. 3-87336-015-2:
Vorwort von Dr. Stanislav Janovic:
Bei der Vorbereitung meines Vorworts zu dieser Sammlung von Beiträgen zum Verhältnis von Sudetendeutschen und Tschechen überraschte mich am 17. April [2000] die Meldung in der FAZ über einen Beitrag des Politikwissenschaftlers Bohumil Dolezal beim Symposion der Ackermanngemeinde und der Bolzano-Stiftung in Iglau und am 19. April der Abdruck dieses Vortrags in der gleichen Zeitung. Endlich eine laute Stimme von tschechischer Seite, nicht still bei der Begegnung zwischen Deutschen und Tschechen, nicht theologisch verklausuliert, sondern offen und ehrlich, durch die Publikation in einer der besten Zeitungen Deutschlands weltweit verbreitet. Dolezal findet harte Worte: Er nennt die Art und Weise, wie vor drei Jahren [1997] die deutsch-tschechische Erklärung zustande kam, unwürdig. Er spricht von Heuchelei, von einem unsittlichen Konsens, dessen Opfer nicht nur Sudetendeutsche, sondern auch – und für ihn in erster Reihe – die Tschechen sind. „Es ist als nicht gelungen, das größte Problem der deutsch-tschechischen Beziehungen zu lösen.“ Als Grund gibt er „die Furcht [an], mit eigenem Versagen konfrontiert zu werden“ und nennt drei Thesen für die ideologische Rechtfertigung der Tschechen:
Erstens: Man müsse eine unangemessene Selbstquälung ablehnen.
Zweitens: Der „Abschub“ sei  in seiner Zeit die einzig mögliche und auch die einzig richtige Lösung gewesen.
Drittens: Die Geschichtswissenschaft sei dazu berufen, der tschechischen Politik Argumente zu liefern für den Schutz der nationalen Interessen.
Wie er diese Thesen widerlegt und was er als Bürgerinitiative seinen Landsleuten vorschlägt, verdient Beachtung.
Als Kroate, als Parlamentarier und Vorsitzender des Kroatischen Weltkongresses habe ich die publizistische, aber auch humanitäre Arbeit von Rudolf Grulich und Adolf Hampel fast ein Jahrzehnt verfolgt. Sie hatten sich bereits im Sommer 1991 für das angegriffene Slowenien engagiert, und dann noch mehr, als Kroatien in seinem Überlebenskampf stand. Weil sie beide 1946 das Schicksal ethnischer Säuberung im Sudetenland erfahren hatten, waren sie zutiefst betroffen, ja empört, daß Europa am Ende des Jahrhunderts Vertreiber jahrelang in Kroatien und Bosnien, aber auch im Kosovo und Sandschak agieren ließ. Ihr Buch „Maastricht starb in Sarajewo. Gegen die Totengräber Europas“ ist Zeuge dieses Engagements. Grulich und Hampel nannten auch im Kosovo-Konflikt das Unrecht, aber auch die Heuchelei bei Namen, wenn ein neuer Nato-Partner wie die Tschechische Republik den unsinnigen Krieg der Nato mittrug, der für das Heimatrecht einer Volksgruppe, der Kosovaren, geführt wurde, aber sich weiterhin weigert, die Beneš-Dekrete aufzuheben, die der Volksgruppe der Sudetendeutschen ihr Heimatrecht nahmen. Ein Skandal war es auch 1999, daß tschechische Behörden die Mörder und Schuldigen des Massakers von Totzau nicht vor Gericht stellten, weil es sich damals um „gerechte Vergeltung“ gehandelt habe, während sich alle Welt über Einzelfälle von Rache im Kosovo empörte. Die EU wird im Falle Tschechiens und seiner Aufnahme in diese Gemeinschaft Flagge zeigen müssen. 
Dr. Stanislav Janovic

Wiener Zeitung vom 20020-10-01
EU-Expertise: Beneš-Dekrete sind erloschen
Brüssel
– Tschechien muß vor seinem EU-Beitritt sowohl die Beneš-Dekrete, als auch das umstrittene Amnestiegesetz, das die nach dem Zweiten Weltkrieg begangenen Vertreibungen der Sudetendeutschen straffrei stellte, nicht widerrufen. Das ist die Kernaussage eines Gutachtens des Völkerrechtlers Jochen Frowein, das gestern präsentiert wurde. Weiters erteilt Frowein den Versuchen einer Revision der Enteignungen von 1945/46 eine Absage. Diese seien in der Vergangenheit geschehen und deshalb nicht beitrittswirksam. In Österreich rief das Gutachten die unterschiedlichsten Reaktionen hervor.

 

Sudetendeutscher Pressedienst: Wien, 2. Oktober 2002/GE
Es gibt bereits mehr als nur Frowein
Die SLÖ verweist auf die Rechtsgutachten der Völkerrechtsexperten Felix Ermacora, Dieter Blumenwitz und Gilbert Gornig, die in ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Schluß kommen, daß die Vertreibung der Sudetendeutschen den Tatbestand eines Völkermordes erfüllt, der nicht verjährt.

Die Beneš-Dekrete, die zur entschädigungslosen Enteignung (vornehmlich die Dekrete Nr. 12 und 108) und zur politischen Rechtlosigkeit der sudetendeutschen Volksgruppe (Dekret Nr. 33)  geführt hatten, waren in der Phase der sogenannten wilden Vertreibungen erlassen worden, d.h. zu einem  Zeitpunkt, als die tschechischen Gewaltexzesse ihren Höhepunkt erreicht hatten. Die Beneš-Dekrete bildeten damit den rechtlichen Rahmen des Völkermordes an den Sudetendeutschen, der bewußt und in voller Absicht durchgeführt wurde. Es gibt zahlreiche Aussagen von Beneš und seinen Mitstreitern, die als „öffentliche Aufreizung zur Begehung des Verbrechens“ (Art.3) verstanden werden müssen.

Das Beneš-Gutachten von Frowein hat als EU-Gefällig-keitsgutachten und als Persilschein für Prag keine Relevanz für das künftige Vorgehen der SLÖ, die sich weiterhin für die Aufhebung der Beneš-Dekrete, für die Beseitigung des Straffreistellungs-geseztes Nr. 115 und für eine materielle Wiedergutmachung einsetzt.

Anderseits wird sich die SLÖ darum bemühen, gemeinsam mit anderen Völkerrechtsexperten in einer sachlichen Diskussion die Fehlinterpretationen und historischen Unzulänglichkeiten im Frowein-Gutachten aufzuzeigen, um der Öffentlichkeit zu verdeutlichen, daß dieses Gutachten einen Rückschritt in der europäischen Rechtssprechung bedeutet. Christian Tomuschat hat in einem Exposé die Aufhebung des Straffreiheitsgesetzes Nr. 115 verlangt, weil es nach in einer demokratischen Rechtssprechung  jederzeit möglich sein muß, Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Es ist für die SLÖ nicht nachvollziehbar, warum dieser Rechtsgrundsatz, der von allen internationalen Rechtsinstanzen anerkannt und eingefordert wird,  für tschechische Verbrecher keine Gültigkeit haben soll.

Einladung zu einer Pressekonferenz
der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich (SLÖ)
zum Beneš-Gutachten von Jochen Frowein

Donnerstag, 3. Oktober 2002 um 11 Uhr im Haus der Heimat
Steingasse 25, 2. Stock, Hoftrakt
A-1030 Wien
Tel. 01-718 59 19

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich (SLÖ) wird eine Reihe von Gegengutachten internationaler Völkerrechtsexperten präsentieren, die zeigen, daß Frowein in seinem Gutachten weniger rechtliche als vielmehr politische Akzente zu setzen versucht hatte.
Die SLÖ wird auch ihre weiteren Rechtsschritte in der Thematik der Beneš-Dekrete bekanntgeben und eine Medienoffensive vorstellen.

 

Kronen Zeitung 2002-10-05  politik@kronenzeitung.at
von Kurt Seinitz

Tschechiens Finanznot ist nur eine Ausrede gegen eine Sudeten-Entschädigung.
Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg: mit der politischen Sturheit in Prag gibt sich zwar der seltsame Frowein-Bericht zufrieden, der alles nur noch verschlimmert hat. Andere, seriösere Gutachten über die Europatauglichkeit des Tschechen-Staates argumentieren sorgfältiger.
Stichwort „Entschädigung“ für die Enteignungen der Sudetendeutschen und den Ungarn durch die Beneš-Dekrete: So etwas könne man den Tschechen wegen Finanznot nicht zumuten, heißt es in der EU. Die Tatsachen sehen anders aus: 80 Prozent des enteigneten landwirtschaftlichen und Immobilienvermögens befinden sich noch immer im staatlichen Besitz. Die früheren Eigentümer stehen in zahlreichen Fällen noch im Grundbuch. Die Kolchosen liegen oftmals brach.
Die Rückübertragung des überwiegend noch immer im Staatsbesitz befindlichen enteigneten Gutes wäre deshalb fast ohne finanzielle Belastung der Bevölkerung möglich (im Gegensatz zu den Restitutionszahlungen Öterreichs an die Holocaustopfer und Fremdarbeiter). Ungarn hatte einen solchen Entschädigungsfonds aus öffentlichem, enteignetem Vermögen geschaffen. In Prag ist aber geplant, enteignetes „öffentliches“ Gut noch rasch zu „privatisieren“ um Rückerstattungen und Entschädigungen ein für alle Mal unmöglich zu machen. Sudetendeutsche Verbände rufen die Bundesregierung und die EU eindringlich auf, diese geplanten „vollendeten Tatsachen“ zu verhindern. Man kann sich auf die USA berufen, die sogar so weit gehen, ausländische Wirtschaftstreibende zu bestrafen, die nachweislich mit Betrieben auf Kuba Handel betreiben, die von Fidel Castro aus US-amerikanischem Besitz beschlagnahmt worden waren.

Das Frowein-Gutachten ist in seiner Einseitigkeit daher kaum geeignet, zum notwendigen Rechtsfrieden beizutragen und die Beziehungen mit Prag zu entkrampfen.

Soweit der Leitartikel der „Kronen Zeitung“, die mehr als 50 % Leseranteil in Österreich hat.

Ich frag mich ob dieser Kommentar auch in einer BRD-Zeitung möglich wär.
In einer brandneuen „profil“-market-Umfrage sprechen sich 59% der Österreicher dafür aus, daß Tschechien nur nach einer Aufhebung der Dekrete in die EU aufgenommen werden soll.
Nur 31% meinen, selbst mit den Dekreten soll dieser Staat beitreten können.
Gruß Franz Zappe, Wien.

Vielen Dank für die Übermittlung! ML 2002-10-09

 

Welt am Sonntag 2002-10-06:
Entschuldigung im Streit um Beneš-Dekrete? 
Tschechisches Bedauern über deutsche Opfer könnte Prag den Weg in die Europäische Union ebnen
Von Günther Lachmann
Berlin • Erstmals scheint eine offizielle Entschuldigung der amtierenden tschechischen Regierung gegenüber der Europäischen Union für die Vertreibung und Enteignung der Sudetendeutschen möglich. Sie soll den Streit um die so genannten Beneš-Dekrete schlichten und Vorbehalte für einen Beitritt Tschechiens in die EU ausräumen. „Ich halte es nicht für unmöglich, daß vor dem EU-Gipfel am 24. Oktober eine Entschuldigung der Regierung von Ministerpräsident Vladimir Spidla für das an den Sudetendeutschen verübte Unrecht erfolgen wird“, meint der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (EVP).
Grundlage könnte die am 21. Januar 1997 von den damaligen deutschen und tschechischen Regierungschefs, Helmut Kohl und Vaclav Klaus, unterzeichnete „Deutsch-tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Fortentwicklung“ sein. Darin heißt es unter anderem: „Die tschechische Seite bedauert, daß durch die nach dem Kriegsende erfolgte Vertreibung sowie zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der damaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unschuldiger Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt wurde ... Sie bedauert insbesondere die Exzesse ...“
In Gutachten für das EU-Parlament hatten der deutsche Völkerrechtler Jochen Frowein, der Schwede Ulf Bernitz und der Brite Lord Kingsland übereinstimmend angeregt, die tschechische Regierung solle im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen förmlich anerkennen, daß in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg Menschrechtsverstöße begangen wurden. Zudem müßten strafrechtliche Maßnahmen auf Grund der Beneš-Dekrete rechtsverbindlich ausgeschlossen werden. Generell stünden die Dekrete einem EU-Beitritt allerdings nicht im Wege.
Letzterem stimmt die Bundesregierung zu. „Grundsätzlich sehen wir uns durch den bislang bekannt gewordenen Tenor der Gutachten in unserer Haltung bestätigt, nämlich dem entschiedenen Eintreten für den EU-Beitritt Tschechiens“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Zu einem anderen Schluß kommt hingegen ein Gutachten des Völkerrechtlers Dieter Blumenwitz im Auftrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft, das Anfang kommender Woche vorgestellt wird. „Laut Blumenwitz entfalten die Dekrete nach wie vor eine diskriminierende Wirkung sowohl für die deutsche Minderheit in Tschechien als auch für die Vertriebenen“, sagte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Bernd Posselt. Im Gegensatz zu Blumenwitz mache sich Frowein die Argumentation der Tschechen zueigen, kritisierte Posselt. „Frowein relativiert das Straffreiheitsgesetz Nr. 115 aus dem Jahr 1946, wenn er sagt, die Täter hätten seit 50 Jahren nicht damit gerechnet, daß sie verfolgt werden, also müßten sie auch heute Rechtsschutz genießen.“ Die tschechische Regierung solle die Zeit bis zur Aufnahme in die EU nutzen, um sich ihrer historischen Altlasten zu entledigen, empfiehlt der Vorsitzende der Landsmannschaft.
Eine Aufhebung der Dekrete verlangt auch die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach. Sonst dürfe es keinen EU-Beitritt Tschechiens geben. Wer Verständnis für die Straffreistellung der Täter von damals aufbringe, denke in „Blutrache-Kategorien“, warf Steinbach dem deutschen Gutachter Frowein vor.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wird voraussichtlich noch in dieser Woche in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zu den Gutachten Stellung nehmen. Zurzeit wird in München eine eigene, von der bayerischen Staatsregierung in Auftrag gegebene Expertise über die Vertreibung und Enteignung der Sudetendeutschen ausgewertet.

 

Sudetendeutscher Presssedienst Wien, 2002-10-08 / GE
SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament begrüßt Frowein-Gutachten
Hannes Swoboda will Zusammenhänge nicht sehen!

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich (SLÖ) weist entschieden die Beurteilungen von Hannes Swoboda, Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, zum Rechtsgutachten von Jochen A. Frowein zurück. Swoboda erklärte in einer  jüngsten Presseaussendung der APA, daß das Gutachten „eine detaillierte juristische Einschätzung der Verträglichkeit der Beneš-Dekrete“ im Zusammenhang mit dem tschechischen EU-Beitritt darstellt, wobei es Swoboda begrüßt, daß es „nicht um die Aufhebung der Beneš-Dekrete, sondern um eine ausgewogenen Beurteilung“ geht.

Es dürfte Swoboda wohl entgangen sein, so der SLÖ-Bundesobmann Gerhard Zeihsel, daß die deutsche Übersetzung „gröbste Fehler und Mängel“ aufweist. So wurde etwa in der gemeinsamen Schlußerklärung des Gutachtens das englische Eigenschaftswort „repugnant“ mit „abstoßend“ übersetzt, was nicht nur falsch ist, sondern zu einer völlig falschen Beurteilung führt. Das englische „repugnant“ ist nämlich mit „im Widerspruch stehend“ zu übersetzen.

Die im Gutachten stehende Formulierung „we find this law repugnant to human Rights and all fundamental legal principles“ ist mit „steht im Widerspruch zu den Menschenrechten und zu allen fundamentalen Rechtsprinzipien“ zu übersetzen. Damit anerkennen Frowein und seine beiden Co-Autoren, daß das  Straffreistellungsgesetz Nr. 115 vom 8. Mai 1946, das jene Verbrechen, die unter Berufung auf  die Beneš-Dekrete an den Sudetendeutschen verübt wurden, den Menschenrechten widerspricht.

„Swoboda kennt entweder das Gutachten nicht oder weigert sich, die Zusammenhänge zwischen den Beneš-Dekreten, dem Straffreistellungsgesetz, den Kopenhagener Aufnahmekriterien der EU von 1993 und dem Rechtsstandard der EU zu akzeptieren. Frowein hält ein Gesetz für menschenrechtswidrig und beide sehen in ihrer Schlußfolgerung keine Gründe für eine Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht,“ erklärte Zeihsel in einer ersten Stellungnahme zu den Aussagen Swobodas.

 

Sudetendeutscher Pressedienst: Wien, 2002-10-08 / GE
SL legt Blumenwitz-Gutachten zu Beneš-Dekreten vor
Posselt kritisiert Frowein-Gutachten
München/Brüssel. •
Der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft und außenpolitische Sprecher der CSU im Europaparlament, Bernd Posselt MdEP, hat heute dem Europaparlament ein Gutachten des international renommierten Würzburger Völker- und Europarechtlers Prof. Dieter Blumenwitz zu den Beneš-Dekreten übermittelt, das in wesentlichen Punkten die Expertise des Heidelberger Professors Frowein zum selben Thema widerlegt.

Posselt verwies darauf, daß laut Blumenwitz viele der rassistischen Beneš-Dekrete nach wie vor Bestandteil des tschechischen Rechts seien und sowohl Angehörige der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik als auch EU-Bürger diskriminierten. Sie seien also daher mit dem EU-Recht unvereinbar und müßten vor einem Beitritt der Tschechischen Republik beseitigt werden (*Wortlaut des Blumenwitz-Gutachtens auf der Internet-Seite der Sudetendeutschen Landsmannschaft www.sudeten.de).

Posselt kritisierte, daß Frowein für Vertreibungsverbrecher, die Morde an Deutschen begangen hätten, einen durch die Jahrzehnte erworbenen Vertrauensschutz konstruiere, wonach sie nicht mehr belangt werden könnten: „Täterschutz ohne Opferschutz widerspricht allen europäischen und internationalen Menschenrechtsnormen.“ Fatal sei auch, daß Frowein gegenüber den Sudetendeutschen die sog. Illoyalitätsthese wieder aufwärme: „Wenn ganze Volksgruppen von einem Staat für illoyal erklärt werden können, weil sie missliebig sind oder aufgrund des Selbstbestimmungsrechts diesem Staat nicht angehören wollen, so öffnet dies auch künftigen Kollektiv-Entrechtungen und Vertreibungen Tür und Tor“.

Blumenwitz weise darauf hin, daß das tschechische Straffreiheitsgesetz und die nach wie vor geltenden diskriminierenden Beneš-Dekrete den Kopenhagener Kriterien, dem Gemeinschaftsrecht, aber auch vom Europäischen Gerichtshof in der Rechtssprechung bereits angewandten Menschenrechtsstandards – der Europäischen Menschenrechtskonvention und der UN-Menschenrechtspakte – eklatant widersprächen. Außerdem belasteten die offenen Probleme zwischen der Tschechischen Republik, Deutschland und Österreich den europäischen Integrationsprozess, was den Zielsetzungen der europäischen Verträge entgegenstehe. Blumenwitz weise zudem nach, daß die vom Europaparlament in mehreren Entschließungen kritisierten Beneš-Dekrete nach wie vor in Kraft seien: So würden sie heute noch bei Verwaltungsakten und in der Rechtsprechung angewandt und in zahlreichen konkreten Einzelfällen nachbefolgt. In den offiziellen tschechischen Gesetzessammlungen seien sie nach wie vor aufgeführt, während andere Beneš-Dekrete schon in den fünfziger und sechziger Jahren formell durch ein Gesetz aufgehoben worden seien. Posselt: „Dies weist den Weg, wie man diese nationalistische Hinterlassenschaft wirklich auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen könnte. Aufgrund der Dekrete wird heute noch im Einzelfall Enteignung oder Staatsbürgerschaftsentzug vollzogen, also ethnisch nachgesäubert.“ Dieser Ungeist dürfe nicht in die Europäische Union eingeschleppt werden.

Pressestelle Bernd Posselt MdEP
Dachauer Str. 17, 80335 München
Tel. 089/554683, Fax 089/594768

 

Berliner Morgenpost 2002-10-09
Neue Expertise zu Beneš-Dekreten
CSU-Europaabgeordneter Posselt will damit im EU-Parlament argumentieren
Von Gernot Facius
Bonn – Der Gutachten-Streit über die so genannten Beneš-Dekrete, die 1945 die Grundlage für die Entrechtung und Vertreibung der Deutschen und Ungarn aus der Tschechoslowakei bildeten, geht in eine neue Runde. Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft, hat dem Straßburger Parlament gestern eine Expertise des Würzburger Völkerrechtlers Dieter Blumenwitz zugeleitet, die in wesentlichen Punkten den Thesen des Heidelberger Juristen Jochen Frowein widerspricht. Im Gegensatz zu Frowein vertritt Blumenwitz dezidiert die Auffassung, daß viele der »rassistischen« Verordnungen und Gesetze nach wie vor Bestandteil des tschechischen Rechts seien und sowohl Angehörige der deutschen Minderheit als auch EU-Bürger diskriminierten; dies zeige sich insbesondere bei Verwaltungsakten und in der Rechtsprechung. Sie seien deshalb mit dem EU-Recht unvereinbar.
Frowein war zusammen mit einem schwedischen und einem britischen Juristen zu dem Urteil gekommen, daß die Beneš-Dekrete kein Hindernis für einen EU-Beitritt Prags darstellten. Die drei Gutachter bezeichneten allerdings das Gesetz vom 8. Mai 1946, mit dem »gerechte Vergeltung« an Deutschen und Ungarn für straffrei erklärt worden war, aus der Sicht der Menschenrechte als »abstoßend«. [Hier liegt die falsche Übersetzung des Wortes „repugnant“ vor: „Repugnant“ heißt im Englischen „unverträglich, unvereinbar, im Widerspruch stehend“! Diese Fälschung des Wortlautes in einer lausigen Übersetzung wirft ein erbärmliches Licht auf die deutschen Politiker und Gutachter! ML 2002-10-09]

In seinem Gutachten nennt Blumenwitz vor allem die »uneingeschränkte Fortgeltung« dieses Straffreistellungsgesetzes »rechtspolitisch bedeutsam«. Den zuständigen tschechischen Behörden bleibe es auf der Grundlage dieses Gesetzes verwehrt, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Dies widerspreche eklatant den europäischen Menschenrechtsstandards.
CSU-Politiker Posselt kündigte mit dem Blumenwitz-Gutachten im Rücken für die Sondersitzung des Außenpolitischen Ausschusses des EU-Parlaments am 21. Oktober eine harte Auseinandersetzung an.

 

Wiener Zeitung vom 09.10.2002
FP-Chef Reichhold für Entschädigungsfonds für Vertriebene  . .
Wahlthema Beneš-Dekrete
Vor einer Ratifizierung des EU-Beitrittsvertrages mit Tschechien müsse die Frage der Beneš-Dekrete gelöst werden, diese Forderung erhebt der VP-Seniorenbund in einem Grundsatzpapier, das gestern in Salzburg präsentiert wurde. Von einer Aufhebung der umstrittenen Dekrete ist explizit allerdings keine Rede in dem Papier. Auch die FPÖ macht vor den Wahlen in dieser Frage weiter Druck auf Tschechien. Ihr Obmann Mathias Reichhold fordert die Gründung eines Entschädigungsfonds für die damals Vertriebenen.
Wörtlich heißt es in dem 14-seitigen Grundsatzpapier der VP-Senioren: „Der Österreichische Seniorenbund vertritt die Auffassung, daß offene Fragen unaufgearbeiteter Geschichte mit unseren Nachbarn gemeinsam in wechselseitigen Geist von Verständnis und Achtung aufgearbeitet werden soll. Die Beneš-Dekrete widersprechen, ebenso wie die Avnoj-Bestimmungen, den europäischen Grundwerten, weil sie die Grundlage für Massenvertreibungen waren und einen gravierenden Eingriff in Menschenrechte darstellen. Dieses Problem muß daher vor der Ratifikation der Beitrittsverträge gelöst sein.“
Im Zwist mit Prag um die Beneš-Dekrete erhöhen auch die Freiheitlichen ihren Druck auf die Tschechische Republik. Gegenüber der APA verlangt der neue FP-Obmann Mathias Reichhold neben der Abschaffung der Beneš-Dekrete und der Amnestiegesetze nun auch die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für Vertriebene. Die Betroffenen hätten das „Recht, entschädigt zu werden“. Auch Österreich soll, so Reichholds Forderung, in diesen Fonds einzahlen. Auf die Höhe des Fonds wollte sich der FP-Chef nicht einlassen. Er begründete seinen Forderung mit dem Wunsch, endlich einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen zu können.
Für den Leiter der SPÖ-Delegation im Europaparlament, Hannes Swoboda, ist dieses Ansinnen des FP-Chefs ein „Hohn“. Nach Ansicht Swobodas habe die FPÖ insgesamt kein Interesse an Schlussstrichen, sondern wolle die Wunden der Geschichte offen halten, um politischen Profit daraus ziehen zu können. Und die „permanente anti-tschechische Stimmungsmache der FPÖ“ helfe keineswegs, das durch die Ereignisse nach 1945 verursachte Leid zu lindern oder gar gut zu machen.
Unterdessen kritisierte die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich (SLÖ) Swoboda im Zusammenhang mit dessen Beurteilung des Frowein-Gutachten zu den Beneš-Dekreten. „Swoboda kennt entweder das Gutachten nicht oder weigert sich, die Zusammenhänge zwischen den Beneš-Dekreten, dem Straffreistellungsgesetz, den Kopenhagener Aufnahmekriterien der EU von 1993 und dem Rechtsstandard der EU zu akzeptieren“, so der SLÖ-Obmann und frühere FP-Landtagsabgeordnete Gerhard Zeihsel.

 

Die Presse vom 09.10.2002
Sudetendeutsche beklagen anhaltende Diskriminierung
Beneš-Dekrete. Die Landsmannschaft legt dem Europaparlament ein eigenes Gutachten vor.
Von unserem Korrespondenten HANS-JÖRG SCHMIDT
PRAG. Der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft und außenpolitische Sprecher der CSU im Europaparlament, Bernd Posselt, hat am Dienstag in Brüssel der EU ein eigenes Gutachten zu den Beneš-Dekreten vorgelegt. Das vom Würzburger Völkerrechtler Dieter Blumenwitz ausgearbeitete Dokument widerspricht in wesentlichen Punkten einer vor einigen Tagen veröffentlichten Expertise den Heidelberger Professors Jochen Frowein.
In dem Blumenwitz-Gutachten wird darauf verwiesen, daß viele der Beneš-Dekrete nach wie vor Bestandteil des tschechischen Rechts seien. Sie diskriminierten sowohl Angehörige der deutschen Minderheit in Tschechien als auch EU-Bürger. Somit müßten diese Dekrete noch vor dem von Tschechien angestrebten EU-Beitritt beseitigt werden. Zudem würden die Dekrete und das Straffreiheitsgesetz, mit dem 1946 Racheakte gegen die Deutschen in der damaligen Tschechoslowakei rückwirkend amnestiert wurden, den Kopenhagener Kriterien der EU, dem Gemeinschaftsrecht der Union, aber auch der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem UN-Menschenrechtspakt eklatant widerspechen.
Laut Blumenwitz belasteten die offenen Probleme zwischen Tschechien, Deutschland und Österreich außerdem den europäischen Integrationsprozeß. Das laufe der Zielsetzung der europäischen Verträge zuwider. Blumenwitz weist in seinem Gutachten nach, daß die vom Europaparlament in mehreren Entschließungen kritisierten Beneš-Dekrete in Tschechien nach wie vor in Kraft seien. Sie würden heute noch bei Verwaltungsakten und in der Rechtsprechung angewandt. Sie seien auch in den offiziellen tschechischen Gesetzessammlungen nach wie vor aufgeführt, während andere Dekrete schon in den fünfziger und sechziger Jahren aufgehoben worden seien.
Posselt kritisierte bei der Übergabe der Expertise an das Europaparlament, daß noch heute auf der Grundlage der Dekrete im Einzelfall enteignet oder die Staatsbürgerschaft entzogen werde. „Hier wird ethnisch nachgesäubert“, sagte der EU-Parlamentarier und warnte davor, „diesen Ungeist in die Europäische Union einzuschleppen“.
Posselt, der für eine Sondersitzung des Außenpolitischen Ausschusses des Europaparlaments am 21. Oktober in Straßburg eine „harte und kritische Auseinandersetzung mit dem Frowein-Gutachten“ ankündigte, monierte schon vorab mehrere Thesen des Heidelberger Völkerrechtlers. Frowein habe in seiner Expertise unter anderem für Vertreibungsverbrecher einen „Vertrauensschutz“ konstruiert. Danach dürften diese Tschechen heute nicht mehr belangt werden. „Täterschutz ohne Opferschutz widerspricht allen europäischen und internationalen Menschenrechtsnormen“, sagte Posselt dazu. Fatal sei auch, daß Frowein gegenüber den Sudetendeutschen die These von deren Illoyalität gegenüber dem tschechoslowakischen Staat wieder aufgewärmt habe.

 

IM WORTLAUT
“Die Beneš-Dekrete, auf deren Grundlage 1945/46 3,2 Millionen Deutsche ausgebürgert und entrechtet wurden, sind nicht obsolet. Aufgehoben wurden nur jene Dekrete, die unmittelbar der Durchführung der Vertreibung dienten oder die Ansiedlung der neuen Bevölkerung regelten . . .
Das Gemeinschaftsrecht regelt weder die europäischen Nachkriegsprobleme noch die nationale Eigentumsordnung. Durch die Gestaltung der nationalen Eigentumsordnung darf allerdings die Gemeinschaftsrechtsordnung nicht gefährdet werden. Das EU-Recht verbietet die Diskriminierung von EU-Angehörigen aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit. Die tschechische Restitutionsgesetzgebung ermöglicht bestimmten tschechischen Staatsbürgern den Erwerb von EU-rechtlich relevanten Immobilien (landwirtschaftlichem Besitz, Dekret Nr. 12) auf eine Weise, wie sie für andere Unionsbürger, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, nicht gegeben ist . . .
Durch die tschechische Behauptung, die Restitution sei seit 1996 abgeschlossen, läßt sich die Diskriminierung nicht dem zeitlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts entziehen. Zahlreiche Restitutionsfälle sind zur Zeit noch anhängig. Der UN-Menschenrechtsausschuß hat immer wieder die Restitutionsgesetzgebung kritisiert, die Tschechische Republik aufgefordert, gesetzliche Regelungen zu ergänzen und neue Antragsfristen einzuräumen . . .“
Das Gutachten im Netz: http://www.diepresse.com/or/bilder/special/Gutachten.pdf

 

Neues Volksblatt (Österreich) 2002-10-09
Neues Gutachten erklärt die Beneš-Dekrete für EU-widrig  
STRASSBURG
• Dem Europaparlament liegt nun ein weiteres Gutachten zu den Beneš-Dekreten vor.
Darin kommt der Würzburger Völkerrechtler Dieter Blumenwitz zu dem eindeutigen Schluß, daß die Beneš-Dekrete und das Straffreiheitsgesetz nicht mit EU-Recht vereinbar sind.
Während die drei Juristen Jochen Frowein, Christopher Prout und Ulf Bernitz in ihrem vor einer Woche präsentierten Gutachten für das EU-Parlament die tschechoslowakische Nachkriegsgesetzgebung als mit dem EU-Rechtsbestand durchaus vereinbar bewerten, sieht Blumenwitz das in seiner dem VOLKSBLATT vorliegenden Expertise anders. Wörtlich heißt es: „Das in der Tschechischen Republik fortgeltende Straffreiheitsgesetz (verhindert Verfolgung von an Sudetendeutschen verübten Verbrechen, Anm.) verstößt gleichermaßen gegen europäische wie weltweit geltende Menschenrechte. Der Respekt vor den Opfern gebietet die uneingeschränkte Verpflichtung des tschechischen Staates, Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch nach längerer Zeit noch aufzuklären und zu ahnden.“ Das vom EU-Parlament in Auftrag gegebene Gutachten stuft dieses Gesetz zwar ähnlich ein, Frowein hält aber nichts von einer Strafverfolgung, weil sich die Täter 50 Jahre darauf verlassen konnten, nicht belangt zu werden. – Blumenwitz sieht auch eine Diskriminierung der deutschen Minderheit in Tschechien: „Die Nachbefolgung der Beneš-Dekrete wirkt sich negativ auf die dort siedelnde Minderheit aus, die gemäß dem fortgeltenden Dekret Nr. 5 als eine ‚unzuverlässige‘ und damit auch tatsächlich in ihrer Identität gefährdete Volksgruppe angesehen werden muß.“ Auch werde die deutsche Minderheit durch die Restitutionsgesetzgebung diskriminiert. – Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat das Blumenwitz-Gutachten dem Europaparlament bereits zugeleitet.
mm

===============Radio Prag 2002-10-10====================================================
Bayrischer Ministerpräsident verlangt erneut die Aufhebung der sogenannten Beneš-Dekrete
Der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber verlangt erneut die Aufhebung der sogenannten Beneš-Dekrete vor dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik. Er hat am Donnerstag einen Brief an Spitzenrepräsentanten der EU und an Bundeskanzler Gerhard Schröder geschickt, in dem er die Reife Tschechiens in Bezug auf die EU-Mitgliedschaft in Zweifel stellt.

Aus der „Welt“ 2002-10-10 Seite 5:
Beneš-Dekrete: Experten sehen Tschechien am Zug
Geste des Bedauerns oder gar Gesetzesänderung vor EU-Beitritt gefordert
VON GERNOT FACIUS
Bonn • Durch die Gutachten der Völkerrechtler Jochen Frowein (Heidelberg) und Dieter Blumenwitz (Würzburg) zu den umstrittenen Beneš-Dekreten rückt das tschechoslowackische Straffreistellungsgesetz vom 8. Mai 1946 immer mehr in den Fokus der Diskussion über einen Prager EU-Beitritt. Es schließt bisher eine strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen an Sudetendeutschen und Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Für Blumenwitz, der seine Expertise im Auftrag der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) vorlegte, ist dieses Gesetz schlechthin unvereinbar mit den europäischen Menschenrechtsstandards und muß vor einem Beitritt zur EU aufgehoben werden. Auch Frowein – er war vom außenpolitischen Ausschuß der Europäischen Parlaments beauftragt worden – nennt das Straffreistellungsgesetz „abstoßend“ [Falsche Übersetzung, siehe oben! ML]. Er rät der tschechischen Seite zu einem „Bedauern“, verlangt aber im Gegensatz zu seinem Würzburger Kollegen nicht die Aufhebung.
Frowein argumentiert, die an Deutschen verübten Untaten seien „Reaktion“ auf das gewesen, was der tschechoslowakischen Bevölkerung „zwischen 1938 und 1945 passiert ist“, und konstruiert einen von den Tätern in Jahrzehnten erworbenen Vertrauensschutz. Damit bringt sich der prominente Jurist in einen scharfen Gegensatz zu Europaabgeordneten vor allem der Union.
Täterschutz ohne Opferschutz widerspreche allen europäischen und internationalen Menschenrechtsnormen, sagt Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der SL, der für die CSU im Straßburger Parlament sitzt. Posselt nennt es auch „fatal“, daß Frowein die sogenannte Illoyalitätsthese wieder ins Spiel bringe. „Das öffnet auch künftigen Kollektiventrechtungen und Vertreibungen Tür und Tor“, erklärte der CSU-Politiker.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, die auch Präsidentin des Bundes der Vertriebenen ist, teilt diese Auffassung. Es führe kein Weg daran vorbei, daß die Tschechische Republik selbst unter Beweis stelle, „daß sie in Europa angekommen ist“, sagte Steinbach. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Hartmut Nassauer, bezeichnete das Verhalten Tschechiens in diesem Zusammenhang als „integrationsfeindlich“. Im Gespräch mit der WELT forderte Nassauer die Regierung in Prag gestern auf, vor einem EU-Beitritt „die notwendigen Korrekturen vorzunehmen“. Zu einem klaren Junktim zwischen vorheriger Aufhebung der umstrittenen Dekrete und Gesetze und einem Beitritt der Tschechischen Republik zur EU kann sich allerdings auch das Unionslager nicht entschließen. So setzt man auf die Wirkung von Gutachten im Sinne der Blumenwitz-Expertise. Der Würzburger Völkerrechtler kommt unter anderem zu dem Schluß, die Beneš-Dekrete, auf deren Grundlage mehr als drei Millionen Deutsche entrechtet und vertrieben wurden, seien keinesfalls „obsolet“ oder „erloschen“.

*Frowein-Gutachten
Die in den Jahren 1945/46 erfolgte Beschlagnahme von Eigentum ist kein Problem für einen EU-Beitritt, da dessen Bedingungen nicht auf die Vergangenheit Bezug nehmen. Die Regelungen die nationale Staatsbürgerschaft in den Jahren 1945/46 betreffend stellen ebenfalls kein Problem dar, da solche Fragen nicht von EU-Recht geregelt werden. Dekret Nr. 115 von 1946 ist weiterhin in Kraft und verhindert die strafrechtliche Verfolgung von Menschen, die „gerechte Vergeltung“ für Taten während der Besatzung geübt haben. Obwohl dies auch Verbrechen gegen Unschuldige eingeschlossen hat, scheint eine Aufhebung des Gesetzes nicht zwingend notwendig. Eine Aufhebung würde nämlich die Erwartungen verletzen, die Menschen seit mehr als 50 Jahren haben konnten. Es ist von rechtlicher Bedeutung, daß Deutschland nicht auf einer Aufhebung bestand, als 1997 die deutsch-tschechische Erklärung verhandelt wurde.

*Blumenwitz-Gutachten
Die Tragfähigkeit der EU als einer Gemeinschaft, die auf der Aussöhnung der Völker, dem Respekt vor den Menschenrechten und dem Schutz von Minderheiten gründet, wäre gefährdet, versuchte ein neuer Mitgliedsstaat, die kollektive Ausbürgerung und Ausweisung von Millionen Menschen als gerechte Strafe zu rechtfertigen. Europa liefe Gefahr, im weltweiten Kampf gegen ethnische Säuberungen seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die pauschale Weigerung der Tschechischen Republik, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis 28. Oktober 1945 verübten Delikte zu ahnden, stellt einen eklatanten Bruch der rechtstaatlichen Ordnung dar. Schon um ihren Respekt vor den Rechten aller Menschen zu zeigen, muß die Tschechische Republik das Gesetz Nr. 115 aufheben. Das Straffreiheitsgesetz [* siehe unten!] entfaltet – entgegen der in der Tschechischen Republik verbreiteten Meinung – noch heute konkrete Wirkungen.

* Genaugenommen ist dies eine falsche Bezeichnung. Und sie ist so falsch, weil der in dem Gesetz beschriebene Vorgang in unserem Denken keinen Platz hat: Im Gesetz 115 werden nämlich – unter scheinheiligen Begründungen – Verbrechen als rechtmäßig erklärt, die unter normalen Bedingungen unter Strafe stehen.
Wenn es noch verständlich wäre, das für die Zeit von 1941 bis zum 9. Mai 1945, allenfalls für die Zeit vom 30. September 1938 bis zum 11. Mai 1945 (Kapitulation und Entwaffnung von Schörners Heeresgruppe Süd) gelten zu lassen, so deckt die Ausdehnung bis zum völlig willkürlich gewählten Datum 28. Oktober 1945 (Jahrestag der Ausrufung der ersten Republik im Jahre 1918) sämtliche Morde und Schändungen, sämtlichen Raub und alle Quälereien, die die Sudetendeutschen und die unterlegenen deutschen Soldaten NACH DEM SCHWEIGEN DER WAFFEN zu erleiden hatten. Das ist schändlich und unerträglich. ML 2002-10-12


Frankenpost 2002-10-12
„Beneš-Dekrete sind Integrationshindernis“
VON JÜRGEN UMLAUFT
Zwei von der Staatsregierung in Auftrag gegebene Gutachten kommen zu dem Ergebnis, daß die „Beitrittsreife der Tschechischen Republik zur EU in Frage steht“.
MÜNCHEN
• Grund sind die umstrittenen Beneš-Dekrete, auf deren Grundlage nach 1945 unter anderem die Vertreibung der Sudetendeutschen gerechtfertigt wurde. Ministerpräsident Edmund Stoiber sieht im Festhalten der tschechischen Regierung an den Dekreten ein „Integrationshindernis in die EU“. Die beiden Expertisen stehen im Widerspruch zu einer völkerrechtlichen Studie des Europa-Parlaments, die in den Beneš-Dekreten kein Aufnahmehindernis sah, da sie in der heutigen Rechtspraxis nicht mehr Anwendung fänden. Stoiber machte die Gutachten am Tag nach dem Votum der EU- Kommission publik, die zehn Länder, darunter Tschechien, für EU-reif hält. Er übersandte sie unter anderem an Kommissionspräsident Romano Prodi und EU-Parlamentspräsident Pat Cox. Stoiber forderte ihre Behandlung in den zuständigen EU-Gremien. In der Auftragsarbeit für die Staatsregierung kommen die Europa- und Völkerrechtler Rudolf Dolzer (Universität Bonn) und Martin Nettesheim (Universität Tübingen) zu dem Ergebnis, daß die Beitrittsreife Tschechiens unter der Fortdauer der Beneš-Dekrete „leidet“. Unter Bezug auf die Dekrete heißt es, daß sich in der tschechischen Rechtsordnung Bestimmungen befänden, „die Ausdruck einer integrationsfeindlichen politischen Wertentscheidung sind“. Sie seien Ausdruck einer politischen Grundhaltung, die sich „in schärfster Weise“ gegen das Miteinander verschiedener Nationalitäten richte. In seinem Begleitschreiben zu den Gutachten betonte Stoiber, daß ein neu beitretender Staat Europa als Wertegemeinschaft zu verstehen müsse, nicht nur als Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft. Vertreibung und deren Billigung hätten in dieser Werteordnung keinen Platz. Daß Tschechien als geschichtliches und kulturelles Kernland Europas zurecht Anwärter auf einen EU-Beitritt sei, dürfe darüber nicht hinwegtäuschen. Es sei Aufgabe der europäischen Organe und der Bundesregierung, Tschechien zur Beseitigung der bestehenden Beitrittshindernisse aufzufordern, erklärte Stoiber.


Süddeutsche Zeitung 2002-10-12
Sudetendeutsche fordern Recht auf Rückkehr
jr. München
• Der Präsident des Bayerischen Landtags und Sprecher der Sudetendeutschen, Johann Böhm, hat versichert, seine Landsmannschaft wolle Tschechien nicht aus der EU fern halten, Prag müsse aber die europäische Hausordnung beachten. In einer Diskussionsveranstaltung der Gesellschaft für Auslandskunde richtete Böhm an die tschechische Seite die Frage, was sie davon abhalte zu sagen, die Sudetendeutschen könnten wiederkommen, wenn sie dies wünschten. Im Mittelpunkt der Diskussion stand auch die zum Beispiel von CSU-Chef Edmund Stoiber erhobene Forderung nach Aufhebung der sogenannten Beneš-Dekrete, die die Ausweisung und Enteignung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zur Folge hatten. Jiri Gruscha, vormals tschechischer Botschafter in Deutschland und jetzt in Österreich, sagte, man solle sich davor hüten, alte Narben in frische Wunden zu verwandeln. Er schlug vor, die gesamte Problematik der Beneš-Dekrete und des Straffreiheitsgesetzes an einem „Runden Tisch“ der EU zu behandeln, „ohne deutsche und tschechische nationale Rhetorik“. Die sich verschärfende Debatte über die Wirkung der Beneš-Dekrete in einer erweiterten EU komme aus einer „Entweder-oder-Welt“. Es komme jetzt darauf an, das Richtige zu tun und einer „kultivierten Erinnerung“ Platz zu schaffen. Karl Fürst von Schwarzenberg, einflußreicher politischer Berater in Prag und Wien, glaubte zu wissen, „daß im tschechischen Parlament darüber nachgedacht werde, ob es eine Erklärung zu der gesamten Problematik abgeben könne“. Der frühere polnische Regierungschef Jozef Oleksy warnte davor, Probleme der Vergangenheit zu Kriterien des EU-Beitritts zu machen.

===============Radio Prag 2002-10-16======================================
EU-Kommissionspapier zu Beneš-Dekreten: Keine Einwände vonseiten Prags
Außenminister Cyril Svoboda hat am Mittwoch vor Journalisten bekannt gegeben, daß die Tschechische Republik keine Einwände gegen ein von der Europäischen Kommission ausgearbeitetes Dokument über Vereinbarkeit der sogenannten Beneš-Dekrete mit der EU-Gesetzgebung habe. Dem Text war ein Gutachten des Völkerrechtsexperten Jochen Frowein vorausgegangen, demzufolge die Beneš-Dekrete kein Hindernis für einen EU-Beitritt Tschechiens darstellen. Das Kommissionspapier muß nun noch an das Europäische Parlament und an Österreich weitergeleitet werden, unmittelbar darauf rechnet man mit seiner Veröffentlichung.
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Salzburger Nachrichten 2002-10-16
Tschechien plant Erklärung
Aussage zu Beneš-Dekreten im EU-Parlament
LUXEMBURG (SN-per).
Die tschechische Regierung arbeitet fieberhaft an einer öffentlichen Erklärung zu den Beneš-Dekreten und anderen umstrittenen Nachkriegsgesetzen. Sie soll am kommenden Montag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg abgegeben werden. Dies erklärte die österreichische EU-Abgeordnete Maria Berger (SPÖ) im SN-Gespräch. Ziel sei es offenbar, das Thema auf europäischer Ebene damit rechtzeitig vor dem EU-Beitritt Tschechiens zu behandeln und abzuarbeiten.

Anlaß dafür ist die Diskussion des „Frohwein-Berichts“ im außenpolitischen Ausschuß des Parlaments.
Der deutsche Völkerrechtler Jochen Frohwein hatte im Auftrag der EU-Abgeordneten ein Gutachten über die Beneš-Dekrete erstellt. Sein Ergebnis: Die damals im Zuge der Vertreibung der Sudentendeutschen durch den tschechischen Präsidenten erlassenen Dekrete seien heute ohne rechtliche Wirkung und stellten deshalb kein Hindernis für einen Beitritt Tschechiens zur EU dar. Frohwein regte aber eine Erklärung Tschechiens an. Darin sollte vor allem die Tatsache bedauert werden, daß durch ein Amnestiegesetz bei der Vertreibung der Sudetendeutschen begangene Verbrechen bis heute ungesühnt geblieben seien.
Durch die geplante Erklärung vor dem EU-Parlament könnte eine eigene Stellungnahme Tschechiens gegenüber Österreich hinfällig werden. Wien drängt auf eine solche noch vor dem kommenden EU-Gipfel am 24. und 25. Oktober in Brüssel. Dort sollen die Staats- und Regierungschefs alle noch offenen Fragen zum Thema Erweiterung klären, so daß beim großen Finale im Dezember in Kopenhagen dann der Vollzug gemeldet werden kann.

Als Basis für die tschechische Stellungnahme könnte ein 1998 verfaßtes Übereinkommen mit Deutschland dienen. Darin bedauern beide Seiten damals begangenes Unrecht.


Neues Volksblatt (Österreich) 2002-10-16
Unrecht nicht vergessen
• WIEN
• Der Bundesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Gerhard Zeihsel, fordert die Wirtschaft auf, nicht über das Unrecht hinwegzusehen, das in der Tschechoslowakei 1945/46 vielen vertriebenen Altösterreichern angetan wurde. Zeihsel bezog sich gestern auf Äußerungen von Erste-Chef Andreas Treichl, der geklagt hatte, daß in seinen Filialen in Tschechien „Verärgerung über die Österreicher“ festgestellt werde, u. a. wegen der Beneš-Dekrete-Diskussion. Zeihsel betonte das Interesse der Sudetendeutschen an der EU-Aufnahme Tschechiens. Es dürfe aber keinen Beitritt ohne Wenn und Aber geben. •

====================Radio Prag 2002-10-17==================
EU-Kommission: Beneš-Dekrete stehen dem EU-Beitritt Tschechiens nicht im Wege
Die EU-Kommission ist zum Schluß gekommen, dass die sogenannten „Beneš-Dekrete“ dem EU-Beitritt Tschechiens nicht im Wege stehen. So lautet das wichtigste Erkenntnis im Bericht der EU-Kommission zu diesem Thema, in dem sie dem tschechischen Kabinett keine weiteren Schritte empfahl. Der Bericht mit dem Titel „Tschechoslowakische Präsidentendekrete aus der Sicht von ‚acquis communauitaire‘– eine Zusammenfassung der Feststellungen der EU-Behörden“ wurde von Experten der EU-Kommission in Zusammenarbeit mit der tschechischen Seite ausgearbeitet.
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Kleine Zeitung (Österreich) 2002-10-18
EU-KOMMISSION: Beneš-Dekrete kein Hindernis 
Brüssel
• Kein Hindernis für einen EU-Beitritt Tschechiens sind die berüchtigten Beneš-Dekrete, die zur Vertreibung und Enteignung der Sudetendeutschen führten. Die EU-Kommission bestätigte gestern erwarungsgemäß diese juristische Einschätzung, die eine politisch-moralische Bewertung außer Acht läßt. Für die Kommission wurden das „Vergeltungsdekret“ von 1945, das „Amnestiegesetz“ von 1946, drei Eigentumsdekrete von 1945 und die Wiedergutmachungsgesetze der 90er Jahre geprüft. Für Österreich sagte in einer ersten Reaktion der Sprecher von Außenministerin Ferrero-Waldner, der Stand der Dinge sei gleich geblieben. Die Ministerin werde heute dazu ausführlich Stellung beziehen. Im laufenden Wahlkampf werden die Beneš-Dekrete mit Sicherheit ein Thema im Kampf um die Stimmen bleiben. 

 

Vertane Chancen
BdV-Pressemitteilung Nr.32, 2002-10-08
Bericht der EU-Kommission betrachtet Beneš-Dekrete nicht als Beitrittshindernis

Zu dem Bericht der EU-Kommission, die in den fortbestehenden Beneš-Dekreten kein Hindernis für den Beitritt der Tschechischen Republik sieht, erklärt BdV-Präsidentin Erika Steinbach:
Die EU-Kommission hat mit der Feststellung, daß die Beneš-Dekrete kein Hindernis für den Beitritt der Tschechischen Republik sind, eine wichtige Chance vertan, den Beitrittskandidaten Tschechien zu einem menschenrechtskonformen Verhalten zu bewegen. Sie hat damit schwerwiegende Argumente namhafter Europa- und Völkerrechtler, die in den menschen- und völkerrechtswidrigen Beneš-Dekreten ein Beitrittshindernis sehen, beiseite gewischt, um ein politisch erwünschtes Ergebnis zu erzielen.
Die europäische Politik wird damit nicht glaubwürdiger. Der Zündstoff in den deutsch-tschechischen und österreich-tschechischen Beziehungen bleibt. Das Thema Beneš-Dekrete ist nicht abgehakt.
Wie tragfähig ist die Europäische Union, wenn sie ihre eigenen Prinzipien, wie die Vorherrschaft des Rechts, die Achtung der individuellen Menschenrechte und die Aussöhnung ihrer Völker und Volksgruppen so achtlos an den Rand drängt?

 

Frowein-Gutachten zu Beneš-Dekreten argumentiert abseits der Menschenrechte
BdV-Pressemitteilung Nr.32, 2002-10-08
Zum Frowein-Gutachten über die Beneš-Dekrete erklärt BdV-Präsidentin Steinbach:
Das Präsidium des BdV hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit dem sogenannten Frowein-Gutachten zu den Beneš-Dekreten auseinandergesetzt und einhellig festgestellt:
Das von Prof. Frowein vorgelegte Gutachten zu den sog. Beneš-Dekreten erweist der Europäischen Union als einer von der Vorherrschaft des Rechts, der Achtung der individuellen Menschenrechte und der Aussöhnung ihrer Völker und Volksgruppen geprägten Gemeinschaft einen Bärendienst.
Es zementiert in seiner Argumentation mit der Überbetonung von Verständnis für die Motivation der tschechischen Seite bei Kriegsende die unheilvolle Vergangenheit und weist keine Wege in die Zukunft. Unter dem Gesichtspunkt der Menschenrechte ist es nicht akzeptabel.
Das Gutachten beachtet nicht, daß die Beneš-Dekrete und ihre Anwendung gegen elementare Menschenrechte verstoßen, wie sie schon in der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 festgelegt sind. Auch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 bindet die Mitgliedstaaten der EU ebenso wie die Tschechische Republik. Wenn Prof. Frowein die Loyalität bzw. Illoyalität eines Bürgers zu seinem Staat als Kriterium für Enteignung und Wiedergutmachung von Unrecht zuläßt, hebelt er die Universalität der Menschenrechte aus.
Grundfalsch und verletzend sind seine Feststellungen im Bezug auf das Straffreistellungsgesetz, wenn er der Rechtssicherheit von Mördern Vorrang vor den Menschenrechten der Opfer einräumt. Gerade weil dieses Gesetz schon bei seinem Inkrafttreten gegen fundamentale Rechtsgrundsätze verstieß, kann und darf es keine Rechtssicherheit für die Täter geben.
Das Gutachten ist gefährlich für Europa, weil es im Ergebnis Kollektiventrechtungen für zulässig erklärt. Der Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen ist es nicht dienlich.
Es führt kein Weg daran vorbei, daß die Tschechische Republik selbst unter Beweis stellen muß, daß sie in Europa angekommen ist.