Zur Auseinandersetzung um die Nationalitäten in der ersten Republik (1930)

Beamter der Stadt? Chatbeitrag Lidove Noviny 2003-11-14

Vor einigen Tagen habe ich hier einen Auszug aus der Interpellation der Senatoren Feierfeil und Teschner vom 17. Februar 1930 im Abgeordnetenhaus der Tschechoslowakei veröffentlicht. Es handelt sich um eine Anfrage zur Regelung der Lage der deutschsprachigen Beamten, die sich über Diskriminierungen in der regelmäßigen Bewertung ihrer Qualifikation beschweren. Dem Bewertungskriterium „Kenntnis der tschechischen Sprache“ wird eine überproportionale Bedeutung zugeordnet. Dies widerspricht nicht nur den Rahmenvorgaben, sondern führt auch zum Ausschluß aus den regelmäßigen Gehaltsanpassungen, und das auf unbestimmte Zeit. Obwohl festgelegt ist, daß ein „Einfrieren“ der Gehaltsentwicklung höchstens für drei Jahre zulässig ist, und das auch nur bei Disziplinarverstößen.

Die interessierten Leser finden die Übertragung des Stenoprotokolls dieser Interpelation in deutscher und tschechischer Sprache in der virtuellen Bibliothek des Parlaments der Tschechischen Republik. Auch andere interessante Aufzeichnungen aus der Zeit des Zusammenlebens von Deutschen und Tschechischen als Bürgern der Tschechoslowakischen Republik.

Interessant, nicht wahr? Nirgendwo habe ich gelesen, daß die Beamtenschaft der tschechischen Nationalität in gleicher Art und Weise klassifiziert wurde. Oder überhaupt, daß Kenntnisse der deutschen Sprache bei tschechischen Beamten überprüft wurden. In einem Staat, dessen immerhin ein Drittel der Bevölkerung diese Sprache spricht. Die ganze Wahrheit, die sich in der Interpellation verbirgt, würde in der heutigen Zeit als schwere Diskriminierung betrachtet werden. In den USA hätte eine solche Regelung millionenschwere Entschädigungsklagen zur Folge.

Die Diskussion kann beginnen. Aber wie war das wirklich mit der tschechischen Sprache und den Beamten?

Einen dieser Beamten habe ich noch gekannt. Mein Großvater. Nur zufällig gleicher Jahrgang wie Edvard Beneš.

1884 geboren, getauft auf den Namen Theodor. 1914, gerade vier Jahre verheiratet, Vater eines kleinen Töchterchens, rückt ein zur Armee seiner Hoheit, des Kaisers der k.u.k. Monarchie. Der erste Weltkrieg beginnt. Nach vier Jahren zurück, in eine neue Welt: eine Republik, die Tschechoslowakei. Nur durch Zufall, fast ein Lotteriegewinn, eine Arbeitsstelle. Angestellt bei der Stadt, Kommunalverwaltung der Stadt Brünn.

Ein Beamter? Ach wo. Der sportliche junge Mann ist beschäftigt im Schwimmbad der Stadt, Altbrünner Stadtbad. Er gibt Schwimmunterricht, paßt auf und regelt den Badebetrieb. Fähiger junger Mann, nach einiger Zeit rückt er etwas auf. Angestellt im Stadttheater. Organisiert den Zuschauerbetrieb, Kasse, führt die vornehmen Besucher auf ihre Plätze. Kennt alle Stars der ersten Hälfte des Jahrhunderts persönlich. Den Slezak, die Jeritza, die Lokalen und die, die später weltberühmt wurden. Auch den Skandal, längst vergessen, damals in allen Brünner Zeitungen, hat er persönlich miterlebt. Josephine Baker. Unvergeßlicher Auftritt in Brünn. Die Kinder mußten aus dem Raum, als Vater seiner Mutter und der eigenen Ehefrau erzählt. Stellen Sie sich vor, Mutter, die Baker, also wissen Sie, getanzt hat die, man kann das gar nicht weitersagen, nur ein Bananenröckchen, sonst nichts, ein Skandal ...

Ich blättere in alten Dokumenten, den Namen Theodor finde ich selten. Dafür einen anderen, er hört sich befremdlich an. Bohdan. Was ist das, Bohdan? Flüchtige Erinnerung an Mutters Erzählen, Bohdan sei die tschechische Übersetzung von Theodor. Bohdan mußte sich der Großvater schreiben, damit er seinen Arbeitsplatz behält, sagte Mutter einst, nicht Theodor, das ist ja deutsch.

Deutsch? Theodor? Eher Byzanz, aber doch nicht Teutonien.

Tante erzählt: Stunden um Stunden, ja ganze Abende büffelte Großvater die tschechische Sprache. Damit er seinen Arbeitsplatz nicht verliert. Nach der Lektüre der Abgeordneten Feierfeil und Teschner, vielleicht auch, damit er in die nächste Gehaltskategorie aufrücken kann ...

Was schreiben Teschner und Feierfeil?

Von den Folgen der besprochenen Disqualifikation trifft aber keine den Beamten so schwer, als jene der Nichtvorrückung in die höheren Gehaltsstufen, besonders zu einer Zeit, da die Besoldungsverhältnisse der Staatsangestellten im allgemeinen als unzureichend erkannt werden..

Bohdan/Theodor ernährt Frau und zwei Töchter von seinem Gehalt. Und seine alte Mutter, die keinen Anspruch auf Pensionszahlungen hat. Sie zog drei Kinder, ganz alleine, auf, da war kein Kreuzer übrig für Einzahlungen in die Pensionsanstalt. Auch die Geschwister müssen manchmal unterstützt werden. Es ist nicht leicht in der Tschechoslowakei in den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise.

Noch einmal rückt Bohdan/Theodor auf, diesmal kann schon von Beamtentum gesprochen werden. Das Büro für Pässe und Personalausweise, Rathaus der Stadt Brünn.

Hakengleiche Drachenzähne reichen bis Brünn. Eines Tages besucht den kleinen Beamten in seinem Büro sein großer Chef, der Bürgermeister der Stadt, Oskar Judex persönlich. Hören Sie, Sie sind ein fähiger Beamter. Ich würde Sie nicht gerne verlieren. Aber ich werde Sie entlassen müssen, beim besten Willen kann ich Sie hier nicht halten. Sie sind nicht in der Partei. Überlegen Sie sich das. Aber zögern Sie nicht lange. Auch ich habe keine Wahl.

– Ich habe lange Erfahrung in der Personalarbeit. Oft sehe ich, wie Menschen reagieren, wenn sie erfahren, daß ihnen die Entlassung droht. Manche weinen, manche werden zornig. Manche werden kreideweiß, eine existentielle Angst, wie eine kalte Hand umfaßt ihr Herz. Und das heute, in Zeiten langer Kündigungsfristen, Abfindungen, helfender Arbeitsämter und sozialer Fürsorge...

Wenig davon existierte damals. Der nicht mehr junge Beamte tritt in die Partei ein. Sofort. Damit wir uns auch richtig verstehen, nicht in irgendeine, nein, in die braune, in die NSDAP. Die Angst ist so groß, daß er auch gleich die Anmeldung für seine Frau und seine zwei Töchter ausfüllt, da wird nicht lange gefragt in Zeiten, in denen man die eigene Mutter noch siezt und die Frauen daheim das tun, was das Familienoberhaupt entscheidet.

Im Frühjahr des Jahres 1945 fliegt der Beamte fristlos. Die Familie wird im Internierungslager untergebracht, der – ehemalige – Beamte bei schweren und unsinnigen Straßenausgrabungen beschäftigt. Eines Tages finden die beaufsichtigenden Schergen einen keinen Geldbetrag in seinen Socken eingesteckt. Der ehemalige Beamte, Stadtangestellter, muß sich ausziehen, hinknien. Er wird zusammengeschlagen. Zum Unglück auch vor den Augen seiner jüngsten Tochter, die zufällig vorbeikommt. Kurz vor der Vertreibung, auch Abschub oder literaturgerecht „Transfer“ genannt.

Nach zehn Jahren und vielen Anträgen gelingt es der älteren Tochter, eine Ausreisegenehmigung zu ihren Eltern zu bekommen, den Eisernen Vorhang zu überwinden. Sie trifft mit ihrer kleinen Tochter, der einzigen Enkelin, für ein paar Ferientage in einer kleinen Stadt in der Oberpfalz bei ihren Eltern ein.

Zwei alte Leute heißen uns willkommen, mit einem Lächeln – und meine Angst ist gleich ganz weg. Sie sprechen tschechisch wie ich. Fließend, ohne Fehler, ohne Akzent, einwandfrei. Genauso wie deutsch, untereinander. Wie ihr ganzes Leben lang. Und übrigens, wie alle anderen Tanten und Onkel auch.

Ja also – wo ist das Problem der Herren Feierfeil und Teschner?

Die Beamten der ersten Republik, geboren in Österreich-Ungarn, haben zumeist österreichische Schulen besucht. Unterrichtet wurde in deutscher Sprache. Das Phänomen kennt jeder, der seit seiner Kindheit bi- oder multilingual aufwuchs. Mann kann jede Sprache ein wenig anders. Man spricht die eine Sprache mit dem Akzent der anderen. Man verwendet Grammatik oder Idiomatik der einen in der anderen Sprache. Im Falle der Bürger der Tschechoslowakei handelte es sich um eine gleichmäßig perfekte Kenntnis der gesprochenen Sprachen. Nur – schreiben konnten sie sie nicht. Die tschechische Grammatik und Orthographie haben sie nicht gelernt.

Perfekte Kenntnis von Grammatik und Orthographie für die Arbeit in der Städtischen Badeanstalt?

Hana

-----------------------------------------

Hier ein Versuch, die gleichen Gedanken auch in tschechischer Sprache darzustellen. Bitte um Entschuldigung, falls die diakritischen Zeichen nicht ordentlich kommen. Ich bin noch am Experimentieren in dieser Sache! Ich bitte um sachdienliche Hinweise, falls erforderlich. ML 2003-11-17

Úredník

Pred nekolika dny jsem zde uverejnila výtah z interpelace senátoru Teschnera a Feierfeila 17. února 1930 v poslanecké snemovne Ceskoslovenska. Jednalo se o shrnutí situace, ve které si úredníci nemecké národnosti stežují na diskriminaci v pravidelném  posudku celkové kvalifikace. Znalost ceštiny. Kvalifikacní bod stupne znalosti ceštiny ovlivnil celkové hodnocení neúmerným zpusobem, který nejen neodpovídal predpisum, nýbrž vedl prímo k vyloucení pravidelných zvýšení platu. A to na dobu neurcitou, tedy oproti ustanovení, že vyloucení ze služebního postupu nesmí trvat déle než tri roky.

Kdo má zájem, najde stenografický záznam interpelace na stránkách elektronické knihovny Parlamentu Ceské Republiky, v nemcine i ceštine a i jiné velmi zajímavé záznamy z doby soužití ceských Nemcu a ceských Cechu.

Zajímavé, že? Nikde jsem necetla, že by ceští úredníci byli kvalifikování stejným zpusobem. Nebo vubec kvalifikováni na znalost nemciny.  Ve státe, ktarý pozustává z celé tretiny z nemecký hovorícího obcanstva. Celá skutecnost, která se skrývá za interpelací, by v dnešních dobách, treba v USA, byla považována za težkou diskriminaci. Vláda by mohla být žalována, odškodné by šlo do miliard US dolaru.

Dá se diskutovat. Ale jak to opravdu bylo, s tou ceštinou?

Jednoho takového úredníka jsem znala. Byl to muj dedecek. Jen náhodou stejný rocník jako pozdejší prezident Edvard Beneš.

Narozen v roce 1884, pokrten na jméno Theodor. V roce 1914, práve ctyri roky ženatý, otec malé holcicky, odvolán do první svetové války, vrátí se práve do nového sveta, do nové Ceskoslovenské Republiky. Jen náhodou najde neco, co se v tehdejší dobe rovná výhre v loterii. Pracovní místo u mesta. U mesta Brna.

Úredník? Kdepak. Sportovní mladý clovek je zamestnán jako dozorce v místní plovárne. Ucí deti i dospelé plavat, dává pozor aby se nic nestalo. O neco pozdeji, je zrejme schopný, o neco postoupí. Stane se zamestnancem mestského divadla v Brne, nic moc, uvádí návštevníky na místa, organizuje porádek v hledišti, zná všechny brnenské hvezdy, i ty, které se pozdeji staly svetovými, osobne. I skandál, brnenský, dávno zapomentý, zažil sám. Josefine Bakerová. Skandál , kterého bylo možno docíst ve všech brnenských novinách . Deti musely z místnosti, když otec vypráví své matce a paní manželce. Maminko víte, ona ta Josefine tancila, celý vecer, predstavte si, jen v malé banánové sukýnce, jinak nic, predstavte si, nic ....

Listuji ve starých dokladech. Jmého dedecka nacházím v podivné podobe. Ne Theodor, je napsáno v rade dokumentu, Theodor nenacházím. Jméno, které s v dokladech nachází, pusobí divne. Bohdan. Co je to „Bohdan“ jsem se kdysi, jako malá dívka ptala matky. Je to ceský preklad jména Theodor, vysvetluje matka a dodává, že toto jméno musel používat dedecek - aby si udržel práci. V Ceskoslovenské Republice, jako zamestnanec mesta Brna, celkove nemeckého, ovšem rozšírením z dubna 1919 s ceskou obcanskou vetšinou.

Zmena jména, napul vynucená okolnostmi? Nejen to. Teta vypráví, jak dedecek celé noci bifloval ceštinu. Kursy. Nejaká školení ceštiny. Aby se udržel v práci. Možná i dost, po cetbe interpelace, aby se dostal o platovou skupinu dále. Co to ríkají pánové Feierfeil a Teschner??

Z následku zmínené diskvalifikace nepostihuje však úredníka ten, že nepostoupí do vyšších platových stupnic, zvlášte v dobe, kdy platové pomery státních zamestnancu všeobecne jsou uznávány nedostatecnými ....

Bohdan/Theodor živí z platu zamestnance divadla manželku a dve dcery. Svoji starou matku, která nemá nárok na penzijní pojištení. Vychovávala tri deti sama, nemela ani krejcar nazbyt, jakpak platit penzijní pojištení. I sourozence je nutno nekdy podporovat, není dobre v Ceskoslovensku v dobe následující svetové hospodárské krizi.

Konecne postoupí již nemladý clovek ješte kousek dále, tentokrát opravdu na místo, které se dá nazývat úrednickým. Oddelení pasu a obcanských prukazu na brnenské radnici.

Hákové drací zuby zasáhnou až do Brna. Jednoho dne navštíví v kancelári již padesátníka sám brnenský primátor Judex. Poslyšte, jste schopný úredník. Nerad bych Vás tu ztratil. Ale budu Vás muset propustit, neudržím Vás tu, pri nejlepší vuli. Nejste v partaji. Rozmyslete si to. Ale rychle. Casu není nazbyt.

Jsem personalistka. Vidím, bohužel casteji a casteji jak lidé reagují, když se jim musí vysvetlit, že ztratí pracovní místo. Výpoved. Nekterí se dají do pláce. Nekterí do zlosti. Jiní zase zblednou, zsinají. Uchvátí je existencní strach, starost jim sevre srdce. A to dnes, v dobe kdy existují výpovední lhuty, odškodné, pracovní úrady,sociální podpory...

Nic takového neexistovalo tenkrát, nebo když tak jen rudimentárne. Samozrejme že úredník do partaje vstoupil. NSDAP, abychom si rozumeli. Nejen to, prihlásil tam i manželku a obe dcery. Ani se doma nezeptal.  Byly to casy, kde se matkám vykalo a ženské neodmlouvaly, když hlava rodiny rozhodla.

Na jare roku 1945 byl úredník z práce vyhozen na hodinu. Rodina musela opustit byt a bylo prozatím pridelena do lágru v Malomericích. Bývalý úredník k nesmyslným pracím na kopání brnenských ulic. Jednoho dne našli gardisté, kterí dohlíželi, u bývalého úredníka v ponožce malý penežní obnos. Musel se vysléci, kleknout a byl na miste zbit. Cirou náhodou prímo pred ocima své nejmladší dcery. Krátce pred vyhnáním, kterému se ríká odsun a spisovne transfer.

Až po deseti letech se podarilo starší dceri získat, po nekonecné rade žádostí, výjezdní povolení do malého mestecka v Horní Falci a privést prarodicum na pár dní jedinou vnucku. Která tenkrát hovorila cesky lépe než nemecky a mela trochu strach.

Privítali mne starí lidé s úsmevem a ceštinou. Plynnou ceštinou, hovorili ji od narození práve tak jak nemcinu, bez prízvuku, jiste a správne. Jako ostatne celá rodina.

Takže – kde je problém?

Úredníci první republiky byli obcané narozeni ješte za Rakouska Uherska. Tudíž vetšinou navstevovali rakouské školy, tedy školy, ve kterých se vyucovalo nemecky. Fenomén zná každý, kdo od malicka vyrustal bilinguálne, nebo dokonce multilinguálne. Znáte dve nebo tri reci, ale ruzne. Hovoríte recí jednou ale prízvukem reci druhé. Nebo používáte gramatiku, idiomatiku  jedné když hovoríte druhou. V prípade rady ceských Nemcu, obcanu Ceskoslovenska se jednalo o perfektní aktivní znalost obou jazyku. Vetšinou ale neumeli cesky psát.   Gramatiku a ortografii je nikdo nenaucil.

Potreba perfektní gramatiky na míste zamestnance mestské plovárny?

Hana