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Sie stehen vor einer Gedenktafel, die an Vertriebenentransporte erinnern will, und Sie wollen mehr dazu wissen?

Diese Tafel soll unsere Gedanken mehr als 70 Jahre zurückführen zu den schecklichen Ereignissen nach dem unheilvollen Zweiten Weltkrieg. Sie wurde angebracht von einigen Leuten, die als kleine Kinder das Geschehen erlitten hatten, zusammen mit heutigen Trägern der politischen Verantwortung.

In Anlehnung an den Pressebericht der Landesregierung wird ergänzend zur Enthüllung der Tafel am Nachmittag des 9. Dezember 2016 mitgeteilt: 

Gedenktafel zur Erinnerung an Vertriebenentransporte im Jahr 1946
9. Dezember 2016:
Enthüllung der Gedenktafel in Fulda zur Erinnerung an die Vertriebenentransporte im Jahr 1946.
von links:
Zeitzeuge Eduard Hannig (BdV), BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann, Leiter des Bahnhofsmanagements Leif Niklas Wulf, Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf, Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, SL-Obmann Markus Harzer und Rudolf Bauer vom Heimatkreis Leitmeritz und der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Kreisgruppe Fulda.
© LBHS

Die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Frau Margarete Ziegler-Raschdorf, hielt bei der Enthüllung der Bronzetafel zum Gedenken an die Ankunft der Heimatvertriebenen im Jahre 1946 am Bahnhof in Fulda am 9. Dezember 2016 eine Gedenk-Ansprache.

49 Güterzüge mit je 1.200 Heimatvertriebenen, vornehmlich aus dem Sudetenland, trafen nach jeweils mehrtägiger Reise im Jahr 1946 am Bahnhof in Fulda ein. Zur Erinnerung an die Ankunft der Vertriebenentransporte vor 70 Jahren wurde im Beisein von rund 60 Besuchern, zum Teil Personen, die als Kleinkinder dabei gewesen waren, an Gleis 1 diese Gedenktafel enthüllt. Initiatoren für die Tafel waren der Heimatkreisverband Leitmeritz und die Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf. 

In der alten Heimat angefertigt
Frau Margarete Ziegler-Raschdorf drückte ihre Freude aus über die eindrucksvoll gelungene Bronzetafel und dankte dem Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Herrn Dr. Heiko Wingenfeld für seine Unterstützung und ebenso der Deutschen Bahn für die Bereitschaft, die Gedenktafel am Bahnhofsgebäude anbringen zu lassen. Sie erläuterte, daß die Gedenktafel von  Horst W. Gömpel aus Treysa und Markwart Lindenthal aus Kirchberg entworfen, der Text in gemeinsamer Arbeit in Fulda  formuliert, der Entwurf von Bildhauer Lutz Lesch aus Treysa umgesetzt und die Tafel schließlich in Reichenberg (tschechisch: Liberec) am wiederbelebten Stammsitz der Gießerei Pfeiffer, Stadtallendorf, gegossen wurde. Es hat eine besondere Symbolik, daß die Tafel in der alten sudetendeutschen Heimat im heutigen Tschechien angefertigt werden konnte.

Im Januar 1946 hatte aufgrund der Beneš-Dekrete die planmäßige Vertreibung aller Deutschen aus dem sudetendeutschen Heimatland begonnen, sie dauerte bis in den Herbst des Jahres. Mit lediglich 30 kg Handgepäck mußten binnen kurzer Frist die Häuser und Höfe verlassen werden. Für 13 Vertriebenentransporte mit 15 000 Menschen war Fulda Zielort, für 36 weitere Transporte nur  Durchlaufstation. Viele Menschen waren schon ein Jahr früher vor der Walze des Krieges westwärts geflohen, hatten sich zu Fuß und mit ungeregelten Transportmitteln durchgeschlagen, wurden nach dem Schweigen der Waffen an der Rückkehr in ihre ostdeutschen Heimatorte gehindert, suchten ein neues Dach überm Kopf und neue Grundlage für ihr armseliges Leben. Sie stammten aus Schlesien, Ostpreußen, Pommern und weiteren Ostgebieten. Nun kamen mit der sogenannten „geordneten Überführung“ organisierte Massentransporte in den Westen. Insgesamt waren nach dem Zweiten Weltkrieg in Fulda und Umgebung 34 000 Heimatvertriebene aufzunehmen. Ihre Zahl entsprach mit rund 37 % deutlich mehr als einem Drittel der ansässigen Bevölkerung. Und landesweit hat mit ca 30 % knapp ein Drittel der Hessischen Bürgerinnen und Bürger Vertreibung oder Aussiedlung erlitten und den Neuanfang bewältigen müssen.

Anlass zum Nachdenken für viele
In ihrer Gedenkrede führte die Landesbeauftragte, Frau Margarete Ziegler-Raschdorf, bei der Enthüllung der Gedenktafel aus: „Es ist gut und richtig, hier am Bahnhof der Stadt Fulda, am Ankunftsort der Vertriebenen, auf die historischen Ereignisse hinzuweisen. Für die Tafel kann es keinen besseren Platz geben als das Bahnhofsgebäude, den Ort, an dem die Vertriebenen eintrafen. Alle Menschen, die hier im Bahnhof an Gleis 1 unterwegs sind, auch täglich Hunderte von Schülern, kommen an der Tafel vorbei und werden sie sehen. So kann die Darstellung Anlass zum Nachdenken für viele werden“.

Die insgesamt mehr als 13 Millionen heimatvertriebenen Deutschen hätten nach dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam mit den Einheimischen maßgeblich am Wiederaufbau Deutschlands  mitgewirkt und unser Land zu einem erfolgreichen, wirtschaftsstarken Land aufgebaut. Auch wenn dies rückblickend eine Erfolgsgeschichte war, so wissen doch viele Leute herzlich wenig über das Thema Flucht und Vertreibung, manchmal sogar, obwohl selbst ihre eigene Familie davon betroffen war. Es ist nicht viel über diese schlimme Zeit gesprochen worden, die Menschen hatten vorrangig damit zu tun gehabt zu überleben, ihre Seelen notdürftig zu heilen und wieder Fuß zu fassen. Notwendig aber ist die Erinnerung für alle Deutschen. Menschenrechtlerin Freya Klier spricht von einem 11. Gebot: „Du sollst Dich erinnern!“

Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Bundespräsident Joachim Gauck hatte beim zentralen Tag der Heimat 2016 in Berlin dazu aufgefordert, „das Thema Flucht und Vertreibung aus dem Erinnerungsschatten zu holen“ und herausgestellt, „daß an Flucht und Vertreibung zu erinnern, nicht nur Aufgabe der Landsmannschaften sei, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgabe“.

„Ich freue mich, dass in Fulda die Erinnerung mit dieser Gedenktafel sichtbar wird. Es ist wohl keine zweite Heimat, die die damals Angekommenen hier in Fulda gefunden haben, denn Heimat, die gibt es nur einmal. Und die Erinnerung an die Heimat und an das bittere Vertreibungsschicksal wird immer schmerzlich bleiben. Aber nach 70 Jahren können wir sagen: sie haben hier ein neues Zuhause gefunden und ihr Leben ging weiter. Dafür wollen wir auch unserem Herrgott danken“, führte Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf am Ende ihrer Ansprache aus und sprach gemeinsam mit den Anwesenden ein Vaterunser.“

Abbild der Gedenktafel, aufgenommen vor der Anbringung:

Die Entwurfsskizze für die Gedenktafel „Vertrieben aus dem Sudetenland“ wurde entwickelt von
Dipl.-Volksw. Horst W. Gömpel, Schwalmstadt, und Architekt Markwart Lindenthal, Kirchberg,
in Anlehnung an eine ähnliche Tafel am Bahnhof in Furth im Wald.
Der Treysaer Bildhauer Lutz Lesch hat die Bronzetafel in einer Größe von 91 cm Breite und
ca. 52 cm Höhe hergestellt.

Die Finanzierung der Gedenktafel trugen die Stadt Fulda und
das Hessische Ministerium für Soziales gemeinsam.

Die Idee für diese Gedenktafeln geht zurück auf das von Marlene und Horst W. Gömpel im Jahre 2014 herausgegebene Buch „ angekommen!
Wenn Sie hier klicken, können Sie mehr über das und aus dem Buch lesen.
Das Buch ist direkt von den Autoren mit Signierung für 24,50 € zuzüglich 1,70 € Porto zu bestellen.
Bitte schreiben Sie an HorstGoempel@gmx.de.
 

Der erste für Fulda bestimmte Transportzug, aus Niklasdorf in Sudetenschlesien am 6. Februar 1946 beladen, hatte am Morgen des 9. Februar 1946 die bayerisch-böhmische Grenze passiert. Die Insassen erreichten am 10. Februar 1946 nachmittags Fulda, wurden abgewiesen und kamen am frühen Abend in Treysa an. Von dort wurden sie in Notquartieren untergebracht bzw. gleich auf mehrere Dörfer im Altkreis Ziegenhain verteilt.

Hier ein Abbild der am 20. November 2014 am Bahnhof Treysa angebrachten Tafel:

Weiteres siehe auch:
www.Mitteleuropa.de/angekommen

fdR.: Markwart Lindenthal            Markwart@Lindenthal.com
2017-04-21